Der Partner
gesagt, Sie wären in zwei Tagen transportfähig.«
»So? Von mir aus kann es losgehen.«
»In Biloxi freuen sich schon eine Menge Leute, Sie wiederzusehen.«
»Alles bekannt«, sagte Patrick, in Richtung Fernseher nickend.
»Ich nehme an, Sie haben nicht vor, ein paar Fragen zu beantworten.«
Patrick reagierte mit einem verächtlichen Schnauben auf dieses in seinen Augen lächerliche Ansinnen.
»Das dachte ich mir«, sagte Myers und tat einen Schritt in Richtung Tür. »Auf jeden Fall werde ich Sie nach Hause begleiten.« Er warf seine Karte auf das Laken. »Hier ist meine Nummer im Hotel, für den Fall, dass Sie reden möchten.«
»Sitzen Sie nicht neben dem Telefon.«
ZEHN
Sandy McDermott hatte mit großem Interesse die Berichte über das erstaunliche Auftauchen seines alten Studienkollegen gehört und gelesen. Er und Patrick hatten in Tulane drei Jahre lang zusammen studiert und Parties besucht. Nach bestandenem Anwaltsexamen hatten sie für denselben Richter gearbeitet und viele gemeinsame Stunden in ihrem Lieblingslokal in der St. Charles Street verbracht und Pläne für ihren Anschlag auf die juristische Welt geschmiedet. Sie würden zusammen eine Kanzlei aufbauen - eine kleine, aber mächtige Kanzlei aus aggressiven Prozessanwälten mit makelloser Ethik. Dabei würden sie reich werden. Und sie würden zehn Stunden im Monat Mandanten widmen, die es sich nicht leisten konnten, sie zu bezahlen. Alles war sorgfältig bis ins letzte Detail geplant.
Das Leben kam dazwischen. Sandy nahm einen Job als Assistent eines Bundesstaatsanwalts an, weil die Bezahlung gut und er jung verheiratet war. Patrick landete in einer Kanzlei mit zweihundert Anwälten in der Innenstadt von New Orleans. Er kam nicht zum Heiraten, weil er achtzig Stunden die Woche arbeiten musste. bIhre Pläne für eine gemeinsame Kanzlei behielten sie bei, bis sie ungefähr dreißig waren. Sie versuchten, sich zum Lunch oder auf einen Drink zu treffen, wann immer sie es einrichten konnten; doch als die Jahre vergingen, wurden die Zusammenkünfte und die Anrufe immer seltener. Dann floh Patrick in ein ruhigeres Leben in Biloxi, und sie telefonierten kaum noch mehr als einmal im Jahr miteinander.
Sandy schaffte den großen Durchbruch im Prozessspiel als der Freund eines Cousins von ihm auf einer Offshore-Plattform im Golf schwer verletzt wurde. Er lieh sich zehntausend Dollar, machte seine eigene Kanzlei auf, verklagte Exxon und holte knapp drei Millionen Dollar heraus, von denen er ein Drittel für sich behielt. Ohne Patrick baute er eine hübsche kleine Kanzlei mit drei Anwälten auf, deren Spezialität Verletzungen und Todesfälle auf Off-shore-Anlagen waren.
Als Patrick starb, setzte sich Sandy hin, schaute in seinen Terminkalender und stellte fest, dass es neun Monate her war, seit er das letzte Mal mit seinem Freund gesprochen hatte. Natürlich hatte er deswegen Gewissensbisse, aber er war auch realistisch. Wie die meisten Studienkollegen waren sie einfach getrennte Wege gegangen. Er stand Trudy in den schweren Tagen bei, und er half ihr, Patrick zu Grabe zu tragen.
Als sechs Wochen später das Geld verschwand und die Gerüchte aufkamen, hatte Sandy insgeheim gelacht und seinem Freund alles Gute gewünscht. Lauf, Patrick, lauf, hatte er während der letzten vier Jahre viele Male gedacht, und das immer mit einem Lächeln.
Sandys Kanzlei lag in der Nähe der Poydras Street, neun Blocks vom Superdome entfernt und nahe der Kreuzung Poydras Ecke Magazine, in einem hübschen Haus aus dem neunzehnten Jahrhundert, das er mit dem Erlös aus einem Off-shore-Vergleich gekauft hatte. Er hatte das erste und das zweite Stockwerk vermietet und das Erdgeschoss für sich, seine beiden Partner, drei Anwaltsgehilfen und ein halbes Dutzend Sekretärinnen behalten. Er war sehr beschäftigt, als seine Sekretärin mit ärgerlichem Gesicht in sein Büro kam und sagte: »Da ist eine Dame, die Sie sprechen möchte.«
»Ist sie angemeldet?« fragte er mit einem raschen Blick auf einen seiner drei Tages-, Wochen- und Monatsterminkalender an der Frontseite seines Schreibtischs.
»Nein. Sie sagt, es wäre dringend. Sie lässt sich nicht abwimmeln. Sie sagt, sie käme wegen Patrick Lanigan.«
Er schaute sie verblüfft an.
»Sie sagt, sie wäre Anwältin«, sagte die Sekretärin.
»Wo kommt sie her?«
»Aus Brasilien.«
»Aus Brasilien?«
»Ja.«
»Sieht sie - Sie wissen schon, brasilianisch aus?«
»Ich denke schon.«
»Schicken Sie sie herein.«
Sandy
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