Der Partner
ein.
Sie wählte die Nummer des Apartments in Curitiba, der Hauptstadt des Staates Parana, einer Stadt mit anderthalb Millionen Einwohnern. Ihres Wissens wusste niemand etwas von diesem Apartment. Es war unter einem anderen Namen angemietet worden und diente als Aufbewahrungsort für wichtige Unterlagen und gelegentlich auch als Treffpunkt. Manchmal verbrachten Danilo und sie dort ein gemeinsames Wochenende; für Eva leider nicht oft genug.
Sie rechnete nicht wirklich damit, dass jemand den Hörer abnahm. Keine Antwort. Danilo würde nicht dorthin fahren, ohne sie vorher zu verständigen.
Als sie mit den Anrufen fertig war, schloss sie die Tür ihres Büros ab und blieb eine Weile mit geschlossenen Augen gegen sie gelehnt. Aus der Eingangshalle drangen die Geräusche des üblichen geschäftigen Treibens der Anwälte und Sekretärinnen zu ihr. Zur Zeit arbeiteten dreiunddreißig Anwälte in der Kanzlei, der zweitgrößten in Rio mit einer Filiale in Säo Paulo und einer weiteren in New York. Das Zirpen und Wispern der Telefone, Faxgeräte und Kopierer verband sich zu einem fernen geschäftigen Chor.
Mit einunddreißig Jahren war sie eine erfahrene, seit fünf Jahren bei der Kanzlei angestellte Anwältin; so erfahren, dass sie gewohnt war, zahlreiche Überstunden zu machen und auch samstags zu arbeiten.
Vierzehn Partner betrieben die Kanzlei, aber nur zwei davon waren Frauen. Sie hatte sich vorgenommen, dieses Verhältnis zu ändern. Zehn der neunzehn angestellten Anwälte waren Frauen, ein Beweis dafür, dass in Brasilien, ebenso wie in den Vereinigten Staaten, immer mehr Frauen in diesen Beruf drängten. Sie hatte an der Pontificia Universidade Catolica in Rio studiert, die ihrer Ansicht nach zu den besseren zu zählen war. Ihr Vater lehrte dort noch immer Philosophie.
Er hatte darauf bestanden, dass sie nach dem Jurastudium in Rio in Georgetown weiterstudierte.
Georgetown war seine Alma mater. Sein Einfluss, verbunden mit ihren beeindruckenden Bewerbungsunterlagen, ihrem blendenden Aussehen und ihrem fließenden Englisch ließen das Finden eines hochkarätigen Jobs bei einer erstklassigen Kanzlei zu einem Kinderspiel werden.
Sie trat ans Fenster und zwang sich zu Gelassenheit. Zeit war plötzlich von entscheidender Bedeutung. Die nächsten Schritte erforderten höchste Konzentration. Sie würde verschwinden müssen. In einer halben Stunde hatte sie eine Besprechung, aber die musste verschoben werden.
Der Ordner befand sich in einem kleinen, feuerfesten Safe. Sie holte ihn heraus und las abermals das Blatt mit den Anweisungen; Schritten, die sie und Danilo viele Male zusammen durchgegangen waren.
Er hatte gewusst, dass sie ihn finden würden.
Eva hatte es stets vorgezogen, diese Möglichkeit zu ignorieren.
Ihre Gedanken schweiften ab, während sie sich Sorgen um ihn machte. Das Telefon läutete. Sie schreckte hoch. Es war nicht Danilo. Ein Mandant wartet, sagte ihre Sekretärin. Der Mandant war zu früh dran. Sie wies die Sekretärin an, sie bei dem Mandanten zu entschuldigen; sie solle höflich um einen neuen Termin ersuchen; außerdem wolle sie ab jetzt unter gar keinen Umständen mehr gestört werden.
Das Geld lag gegenwärtig an zwei Orten: auf einer Bank in Panama und bei einem Offshore-Holding-Trust auf den Bermudas. Ihr erstes Fax autorisierte die sofortige Überweisung des Geldes in Panama auf eine Bank in Antigua. Ihr zweites Fax verteilte Geld auf drei Banken auf Grand Cayman. Das dritte transferierte das Geld von den Bermudas auf die Bahamas.
In Rio war es fast zwei Uhr. Die europäischen Banken hatten geschlossen, deshalb würde sie gezwungen sein, das Geld ein paar Stunden lang in der Karibik von einem Ort zum anderen zu bewegen, bis der Rest der Welt erneut für Banktransfers zur Verfügung stand.
Danilos Anweisungen waren eindeutig, aber allgemein gehalten. Details waren ihre Sache. Die Ausgangsüberweisungen waren von Eva vorgenommen worden. Sie hatte entschieden, welche Banken wieviel Geld bekamen. Sie hatte die Liste der fiktiven Firmennamen erstellt, die als Tarnung für das Geld fungierten; eine Liste, die Danilo nie zu Gesicht bekommen hatte. Sie verteilte, streute und überwies Kapital hierhin und dorthin. Es war etwas, was sie viele Male geprobt hatten, aber ohne je genau ins Detail zu gehen.
Danilo wusste nicht, wohin das Geld ging. Nur Eva. Sie war autorisiert, in diesem Moment und unter diesen extremen Umständen, das zu tun, was sie für richtig hielt. Sie war auf
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