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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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Takt, und die Stöcke hoben und senkten sich, ein Schwung hier und klack, eine Drehung da und klack, ein rundes Gesicht, das sich mir zuwandte, und klack, und ich tanzte.

    Chhota Badriya hatte dafür gesorgt, daß mich zu Hause eine Frau erwartete. Ich war fröhlich vom Tanzen, summte vor mich hin, machte den einen oder anderen kleinen Tanzschritt. Aber sie zog mich herunter. Es gibt nichts Deprimierenderes als eine deprimierte Randi. Sie war neunzehn, hübsch mollig und hatte ein rundes Näschen, doch sie lag mit aufgedunsenem Batata-Wada-Gesicht 066 da, und als ich versuchte, sie in Schwung zu bringen, indem ich sie ein bißchen drückte und zwickte und kniff, fuhr sie bloß zurück und biß die Kiefer aufeinander, also packte ich sie bei den Haaren und warf sie raus. Dann trank ich etwas Milch, legte mich, um ein Kissen geschmiegt, auf die Seite und versuchte zu schlafen, doch der Schlaf turnte mir davon, und mein Kopf war von dem Stocktanz, Paritosh Shah und den Lichtern erfüllt, die an der Seite des Hauses hinab- und wieder hinaufrutschten, ich drehte mich um, und dann dachte ich an all die Männer, die ich umgebracht hatte. Ich stellte sie im Geiste nebeneinander auf und verglich sie hinsichtlich ihres Charakters und ihrer Stärke, und ich kam zu dem Ergebnis, daß ich besser war als sie alle. Dann beschloß ich, die Zufahrten zu meinem Haus überprüfen zu lassen und sicherheitshalber mehr Jungs dort zu postieren. Es war jetzt spät, sehr spät, und zum ersten Mal seit Monaten legte ich selbst Hand bei mir an, und all die Frauen, die ich gekannt hatte, kamen und glitten über mich, auch Rati Agnihotri 528 mit ihrer Sahnehaut. Als ich fertig war, drehte ich mich wieder auf die andere Seite, machte es mir bequem und atmete tief und gleichmäßig. Doch schließlich warf ich die Decke ab, fluchte und griff nach dem Wecker. Viertel vor vier. Jetzt hätte ich getrunken, egal was, eine Flasche Whisky oder Rum, doch es war nichts im Haus, und ich hätte die Jungs natürlich etwas besorgen lassen können, doch bei dem Gedanken daran, was sie denken, aber nicht sagen würden, schämte ich mich, also legte ich mich auf den Rücken und beschloß auszuharren. Ich würde um sechs aufstehen, meinen Tag früh beginnen. Ich betrachtete das Schimmern des schwirrenden Ventilators, und plötzlich wachte ich auf, und es war hellichter Tag, draußen auf der Straße war das Leben in vollem Gange. Zwölf Uhr. Ich hatte sechs Stunden geschlafen, vielleicht auch sieben, aber ich war müde.

    Meine Erschöpfung wuchs in den folgenden Tagen noch, während wir Wahlkampf machten. Meine Jungs zogen mit den Rakshaks los, und wir trugen ihre Kampagne bis in den letzten Winkel, ihre Plakate bestürmten die Wähler auf viele Kilometer hin von jeder verfügbaren freien Fläche. Zwei Leute, mit Pistolen bewaffnet, reichten als Eskorte einer Gruppe von Rakshaks aus, damit diese in aller Ruhe ihre Arbeit tun konnten. Für seine Skrupellosigkeit berüchtigt zu sein kann hinsichtlich der Erhaltung des Friedens Wunder wirken. Für uns war es leicht verdientes Geld. Unterdessen rückte die Hochzeit näher. Ich ging schon vor der Trauung zum Haus der Familie, zur Menhdi-Feier 416 , und merkte, daß Paritosh Shah es zu schätzen wußte, wie sehr ich an seinen Freuden und Sorgen Anteil nahm. Obwohl er sich um tausend Dinge kümmern mußte - Essen, Geschenke, Hotelreservierungen für die Verwandten des Bräutigams fiel ihm auf, wie wackelig ich war, daß es mir Mühe machte, aufmerksam zu bleiben.
    »Deine Doshas 180 sind aus dem Gleichgewicht geraten«, sagte er. »Ich werde dir einen Termin bei meinem ayurvedischen Arzt besorgen.«
    »Dieser Mann kriegt mich ganz bestimmt nicht in seine Klauen«, sagte ich. »Es ist bloß Schlaflosigkeit. Das geht schon vorbei.«
    »Nichts ist bloß etwas. Dein Körper sagt dir etwas. Aber du hörst nicht auf ihn.«
    Dann mußte ich mich zu den Frauen und den Juwelieren setzen. Es galt zu klären, wie viele Tolas 637 Gold für die breiten Halsketten, Armreife und Ohrringe der Mitgift verwendet werden sollten, wieviel ihre Herstellung kosten würde. Ich beobachtete, wie Paritosh Shah mit kleinen Schritten die Treppe zum Hof hinunterging, und fragte mich, was sein Körper wohl sagte. Wie waren die Fettschichten zu deuten, die ihn umwogten und umwallten? Ich rieb mir die Augen. Er war gut zu mir gewesen. Er hatte mich in Gelddingen nie belogen, hatte nie vorgegeben, sein Eigeninteresse zurückzustellen, hatte mich, soweit

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