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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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ja.« Shambhu lächelte wissend. Er kannte die Polizei. »Und wie haben Sie ihn gefunden?«
    »Ein anonymer Anruf. Ein Tip.«
    »Wenn Sie einen Tip in Sachen Bargeld kriegen, dann kommen Sie zu mir. Der Zeitpunkt für Investitionen ist günstig.« Shambhu wand sich aus der Nische heraus. »Ich erwarte eine Bierlieferung«, sagte er.
    Sie gaben sich die Hand, und Shambhu ging rasch zur Tür. Dort trat er zur Seite, um Mrs. Pandey vorbeizulassen. Sie blieb stehen, nahm ihre schicke dunkle Sonnenbrille ab und marschierte dann geradewegs auf Sartaj zu.
    »Hallo«, sagte er, stand auf und zeigte auf einen kleinen Tisch hinter einer Trennwand nahe der Küchentür. Dort würden sie ungestört sein.
    Mrs. Pandey wischte sich mit einem Papiertaschentuch die Nase. Sie wirkte mitgenommen, aber gepflegt. Ihr glänzendes Haar fiel weich auf die Schultern herab, und sie trug weiße Jeans und ein weißes Top, das einen schmalen Streifen ihrer geschmeidigen Taille freiließ. Sie war kleiner, als Sartaj sie in Erinnerung hatte, aber sie hatte einen atemberaubenden Busen, der das weiße Top wunderbar ausfüllte. Es war nicht unbedingt ein Outfit, wie Sartaj es für ein privates Treffen mit einem schäbigen Polizisten in einem bürgerlichen Vorstadtrestaurant empfohlen hätte, aber Frauen hatten so ihre Gründe. Vielleicht gab ihr das ganze Jhatak 292 und Matak Sicherheit. Vielleicht mochte sie es, wenn Männer hinschauten.
    »Danke, daß Sie gekommen sind«, sagte sie. Ihr Hindi war eine Spur unbeholfen, weil sich ihr Leben größtenteils auf englisch abspielte. »Pani«, sagte sie in scharfem Ton zu dem Kellner, der an den Tisch getreten war. »Bisleri Pani.«
    Sartaj wartete, bis der Kellner das Mineralwasser eingeschenkt hatte und wieder gegangen war. Mrs. Pandeys Fingernägel waren farblos lackiert. Auch Megha hatte manchmal solchen Nagellack benutzt. Sie hätte Mrs. Pandey als »heiße Braut« bezeichnet und Sartaj von ihr weggelotst. Doch er empfand kein Verlangen, nur Neugier. »Das ist meine Pflicht«, sagte er. »Also, wo liegt das Problem?«
    Sie nickte. »Das Problem.« Ihre Augen waren das Schönste an ihr: groß und mandelförmig, von der Farbe eines guten Scotch mit ein paar Eiswürfeln darin. Megha hätte gesagt, sie sei keine klassische Schönheit, aber attraktiv, sie habe das Beste aus ihrem Typ gemacht. Sie schien in großen Schwierigkeiten, und es fiel ihr schwer, darüber zu sprechen.
    »Sie sind Stewardeß?« fragte Sartaj.
    »Ja.«
    »Bei?«
    »Lufthansa.«
    »Eine gute Fluggesellschaft.«
    »Ja.«
    »Gute Bezahlung.«
    »Ja.«
    »Ist Ihrem Mann etwas zugestoßen?«
    »Nein, nein.« Sie krümmte sich innerlich unter der plötzlichen Frage und verschränkte die Arme. »Nichts dergleichen.«
    Aber es hatte etwas mit ihrem Mann zu tun, soviel schien sicher. »Was dann?« fragte er behutsam. Er schwieg und trank von seinem Wasser. Er konnte warten.
    Sie sammelte sich und stieß dann hervor: »Ich werde erpreßt.«
    »Erpreßt. Und von wem?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wie nimmt derjenige Kontakt mit Ihnen auf?«
    »Er ruft mich auf dem Handy an.«
    »Immer derselbe?«
    »Ja. Aber manchmal höre ich ihn mit jemand anderem reden.«
    »Einem Mann?«
    »Ja.«
    »Und womit werden Sie erpreßt?«
    Ihr Kinn hob sich. Sie gab sich einen Ruck.
    »Mit einem Mann«, sagte sie.
    »Der nicht Ihr Ehemann ist?«
    »Ja.«
    »Erzählen Sie.« Es war ihr höchst unangenehm, sich erklären, sich rechtfertigen zu müssen. »Madam«, sagte Sartaj, »wenn ich Ihnen helfen soll, muß ich Näheres wissen. Alles.« Er schenkte sich Wasser nach. »Ich bin schon sehr lange Polizist, und es gibt nichts, was ich nicht schon gesehen hätte. Nichts, was Sie mir sagen, kann mich schockieren. In diesem Land ist alles möglich, man spricht nur nicht darüber. Sie müssen mir schon sagen, was los ist.«
    Da redete sie endlich. Ihr Ehemann hatte sie nicht ganz zu Unrecht verdächtigt, im Gegenteil: Es hatte einen anderen Mann gegeben, ja, und er war auch Pilot gewesen, nur flog er nicht für die Lufthansa, und man hatte sich nicht bei Zwischenstops in London amüsiert. Kamala Pandeys Pilot flog für die Sahara Airlines, er hieß Umesh Bindal, er war Single, und sie hatte ihn vor drei Jahren auf einer Party in Versova kennengelernt. Ein Jahr danach hatte die Affäre angefangen, und vor einem halben Jahr hatte Kamala Pandey sie beendet. Sie hatten sich immer nur in Bombay, Pune oder Khandala getroffen. Vor sechs Wochen hatten die Erpresser zum ersten

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