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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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glänzend und klein. Die Schlüssel hingen an einem Automodell, irgend etwas Flaches, Schnelles.
    »Das ist ein Porsche«, sagte Kamala. »Umesh liebt Autos.«
    »Und er fährt zu schnell, nicht wahr?« Sie nickte. So waren sie vermutlich zu der Pension gefahren, dachte Sartaj, hatten sich viel zu schnell durch den Verkehr geschlängelt, berauscht von der Geschwindigkeit. »Was fährt er?«
    »Einen Cielo.«
    »Einen roten?«
    »Nein, rot sind nur seine Hosen. Ich hab ihm gesagt, Rot ist nicht seine Farbe, aber er fällt nun mal gern auf. Der Wagen ist schwarz.«
    Umesh kam zurück und setzte sich Sartaj gegenüber. Er war groß, einsfünfundachtzig ungefähr, und er hatte die schmälste Taille, die Sartaj seit langem bei einem Mann gesehen hatte. Sein Rumpf verjüngte sich von den durchtrainierten Schultern zu dem flachen Bauch und den Hüften hinab wie ein Dreieck, so daß er aussah wie eine Karikatur. Aber Kamala liebte diesen Supermann. Sie hatte sich wieder gestrafft.
    »So, Inspektor-saab«, sagte Umesh. »Jetzt stehe ich ganz zu Ihrer Verfügung.«
    »Ich kenne die Geschichte im wesentlichen«, sagte Sartaj, »aber ich möchte mehr über diese Pension wissen. Wie heißt sie?«
    »Cozy Nook Guesthouse. Auf dem Frichley Hill, nicht weit von dem großen Fariyas Resort. Ein kleines Haus, nicht zu voll, schöner Blick. Eigentlich mehr ein Landhaus, das die Besitzer vermieten.«
    »Cosy Nook Guesthouse« schrieb Sartaj in sein Notizbuch. »C-o-z-y«, buchstabierte Umesh freundlich lächelnd, und da es um die unergründliche englische Sprache ging, konnte man ihm unmöglich böse sein. Er war alles in allem zu schön, aber ein netter Kerl. Sartaj konnte sich vorstellen, wie er die Damen bezauberte, wie er sie über seine Fehler aufklärte, wie er lächelte und ihnen mit seinen sonnenhellen Augen aufmerksam zuhörte. Man mußte einfach von ihm fasziniert sein. »Okay«, sagte Sartaj. »Wie sind Sie auf die Pension gekommen?«
    »Ein Freund von mir hat in der Nähe ein Haus, und wir sind immer dran vorbeigefahren. Es ist ein altes Gebäude.«
    »Gab es dort neue Kellner? Irgendeinen Personalwechsel?«
    »Nicht, daß ich wüßte. Ich hab nicht weiter darauf geachtet, aber wenn ich mich nicht irre, waren es immer dieselben Leute.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wer die Videos aufgenommen haben könnte?«
    »Nein, Sir. Das Personal ... oder andere Gäste ... Aber ich erinnere mich an niemand Bestimmten.«
    »Haben Sie einmal andere Gäste wiedererkannt?«
    »Nein, nie. Das wüßte ich.«
    »Wann genau wurden die Videos gemacht?«
    »Das ist nicht zu erkennen. Ich hab mir auch nicht aufgeschrieben, wann wir dort waren.«
    »Wie oft waren Sie überhaupt in diesem Cozy Nook?«
    »In all den Monaten? Ich weiß nicht, vielleicht sechs-, siebenmal?«
    »Eher elfmal, vielleicht zwölfmal, würde ich sagen«, schaltete sich Kamala ein. »Das letzte Mal Anfang Mai.«
    »Ich dachte, Sie haben sich vor einem halben Jahr getrennt«, sagte Sartaj.
    »Das hatten wir auch.«
    Also waren sie trotz der Trennung die ganze Strecke bis zum Cozy Nook gefahren, um Sex zu haben. Wahrscheinlich hatten sie auf der Hinfahrt gestritten, und auf der Rückfahrt geschwiegen. Der bittere Zug um Kamalas Mund ließ darauf schließen, daß auch jetzt ein Streit bevorstand. Und vielleicht würden sie auch danach wieder Sex haben, was Sartaj um Kamalas willen nicht hoffte. So etwas brachte wenig Trost, schon gar nicht bei einem Mann wie Umesh. Netter Mensch, aber unbeständig. Ganz anders als der gar nicht gutaussehende, aber verläßliche Mr. Pandey.
    Sartaj wandte sich an Mrs. Pandey. »Wer haßt Sie?«
    »Wie bitte?« Kamala sank in sich zusammen und neigte sich ein wenig Umesh zu.
    »Wer sind Ihre Feinde?« fragte Sartaj gelassen.
    »Kamala ist so ein lieber Mensch«, sagte Umesh. Sein Arm ruhte auf Kamalas Stuhllehne, seine Fingerspitzen auf ihrer Schulter. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie Feinde hat.«
    »Nein«, sagte Kamala. »Ich meine, ich streite mich schon mal mit jemandem, aber Feinde?«
    »Jeder hat Feinde«, sagte Sartaj. »Und es ist besser, man weiß, wer sie sind.«
    Das ließ die beiden einen Moment verstummen. Sie überlegten, welcher ihrer Freunde oder Bekannten sie insgeheim so verabscheuen mochte, daß er regelrecht als Feind gelten konnte. »Sie meinen, das Ganze ist eine persönliche Sache?« fragte Umesh.
    »Bei Erpressung geht es normalerweise um Geld, aber man sollte trotzdem auch an Freunde und Feinde denken. Jemand, der

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