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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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kam ich wirklich zu Hause an.
    Als sie eingeschlafen war, zog ich eine Kurta an und schob leise die Tür auf. Ich ging aufs Dach, zu meiner alten Stelle neben dem Wassertank. Die Nacht war diesig, keine Sterne waren zu sehen, nur ein schwaches Schimmern von den verstreuten Lichtern. Ich war siebenundzwanzig Jahre alt und wieder zu Hause. Der vertraute Geruch nach Öl und Verbranntem und Müll biß ein wenig in der Nase, doch er war von Leben erfüllt. Ich sog ihn ein, und dann rief ich Jojo an.
    Sie nahm gleich nach dem ersten Klingeln ab. »Gaitonde.«
    »Ich bin draußen.«
    »Ich weiß.«
    »Treffen wir uns?«
    »Nein. Wie geht es Subhadra?«
    »Der geht's gut. Ich will nicht über sie reden.«
    »Okay. Dann reden wir nicht über sie.«
    »Du weigerst dich also, dich mit mir zu treffen?«
    » Absolut.«
    »Ich könnte dich ergreifen und herbringen lassen.«
    »Das könntest du. Wirst du es tun?«
    »Nein.«
    »Gut. Weißt du was, Gaitonde: Ich schicke dir ein Mädchen.«
    »Was?«
    »Zier dich nicht, Gaitonde. Ich weiß, was du brauchst. Sie wird dir gefallen. Teuer, aber genau das Richtige für dich.«
    »Du weißt, was ich brauche?«
    »Du wirst schon sehen.«
    Und sie hatte recht. Am nächsten Morgen schickte sie mir ein Mädchen. Sie hieß Suzie und sagte, sie sei achtzehn und komme aus Kalkutta. Sie war halb Kalkutta-Chinesin, halb brahmanische Bengalin, hatte langes, glattes schwarzes Haar, lange, zierliche Arme, die sie beim Lachen verschränkte, und eine Haut wie feiner weißer Marmor. Ich legte sie auf den Bauch und küßte ihren Nacken, während ich sie von hinten nahm. Sie stöhnte.
    Danach rief ich Jojo vom Auto aus an. »Was hab ich dir gesagt, Gaitonde?« meinte sie. »Ist sie nicht umwerfend?«
    »Ja, ja, du hast recht gehabt.«
    »Wart's nur ab, in zwei Jahren hat sie ihre eigene Show auf MTV.«
    »Mag schon sein. Aber ich habe an dich gedacht, während ich auf ihr lag.«
    »Du liegst auf einer Achtzehnjährigen und denkst an eine alte Frau wie mich? Du bist ein Idiot, Gaitonde, so wie alle Männer auf dieser Welt.«
    Ich mußte mit ihr lachen. Ich hatte in einem kleinen Hotel in der Nähe des Sahar Airport auf Suzie gewartet, und jetzt fuhren wir auf der Schnellstraße heim. Der Verkehr floß zügig, und die Sonne blitzte von den Autodächern. Ich war frei. »Ich fühle mich richtig gut«, sagte ich zu Jojo.
    »Genieß es«, sagte Jojo. »Genieß es nach Kräften.«
    Ich hatte mich im Gefängnis daran gewöhnt, früh aufzustehen, daher hatte ich bereits meine Yoga-Übungen gemacht, gefrühstückt und Suzie genommen, als wir um elf zu Hause ankamen. Ich fühlte mich beschwingt, während einige meiner Jungs noch gähnten. Ich schickte sie an die Arbeit. Eine Weile spielte ich mit Abhi, der eine Mischung aus verständlichen Wörtern und sinnlosen Lauten brabbelte, mein Gesicht festhielt und versuchte, mir etwas zu sagen. Er hatte noch keine Ahnung von Grammatik, keine Vorstellung von Vergangenheit und Zukunft, und doch hörte ich ihm völlig fasziniert zu, das Herz voller Liebe. Mittags kam Kataruka in den großen Raum, wo ich mit einigen Bittstellern saß. Er beugte sich dicht zu mir und flüsterte: »Die Naunamberis sind hier. Sie sagen, sie müssen Sie zur Wache mitnehmen. Zu einem Verhör wegen eines anderen Falls.«
    »Wer ist es denn? Wieder Majid Khan?«
    »Nein, ich kenne die Chutiyas nicht. Sie behaupten, daß sie zu Parulkar gehören.«
    »Diese Dreckskerle. Sag ihnen, wenn sie Fragen haben, sollen sie sie an meine Anwälte schicken.«
    »Das habe ich ihnen schon gesagt. Sie haben eine richterliche Verfügung.«
    »Ja, und der Richter fickt ihre Mütter jede Nacht in den Gaand. Sag ihnen, daß sie warten sollen, daß ich komme, wenn es mir paßt. Und ruf einen unserer Anwälte.«
    »Ja, Bhai.« Kataruka lächelte. »Diese Maderchods haben keine Manieren. Ich habe nicht mal Lust, ihnen einen Tee anzubieten.«
    »Keine Manieren?«
    »Sie haben ihren Transporter direkt vor dem Haus geparkt und sich geweigert, ihn woanders hinzustellen. Sehr aggressiv, Bhai. ›Hol ihn sofort her‹, so reden sie. Die Typen sehen aus wie von einem Sonderkommando, zwei von ihnen haben Karabiner dabei und einer einen Jhadu 290 . Die halten sich wohl für Helden.«
    Ein Lied vor sich hin summend, ging er fort. Ich wandte mich wieder den Eltern zu, die um einen Job für ihren Sohn baten. Aber ich war abgelenkt, dachte über dieses neue Ärgernis nach. Ein Kommandotrupp mit Maschinenpistolen und AK-47, das sah nach

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