Der Pate von Bombay
lautstark seinen Tee. »Eine Jungli-Prinzessin?« fragte er. »Sehr gut. Was hat sie denn an?«
Vivek war dünn, bebrillt und sehr ernst, und Kambles unverhohlen anzüglicher Blick bereitete ihm sichtliches Unbehagen. Natürlich konnte er einem Polizisten nicht ins Gesicht sagen, daß er ein geiler Gaandu sei, also zog er sich etwas in sich zurück und sagte: »Die Kostüme sind sehr gut, sie sind von Manish Malhotra.«
Sartaj tätschelte Viveks Unterarm. »Manish Malhotra ist großartig. Madam sieht bestimmt hinreißend aus. Wie ist es, für sie zu arbeiten?«
»Sie ist ein guter Mensch.«
»Ja? Den Eindruck vermittelt sie auch«, sagte Sartaj. Vivek betrachtete Sartaj durch seine topmodische blaurandige Brille, und Sartaj lächelte ihn unschuldig an. »Natürlich ist sie schön. Aber ich fand immer, daß man selbst in ihren Rollen erkennt, daß sie ein guter Mensch ist.«
Viveks Mißtrauen schwand, er setzte sich auf. »Ja. Sie ist sehr großzügig, wissen Sie.«
»Hat sie Ihnen geholfen?«
»Sie hat mir eine Chance gegeben. Wir haben uns kennengelernt, als sie einen Werbefilm drehte. Und als sie berühmt wurde, hat sie mich nicht vergessen.«
»Das heißt, Sie sind schon lange bei ihr.«
»Ja.«
»Sie haben ja einen tollen Job, so mit einem Filmstar durch die ganze Welt zu reisen. Ich habe das Land noch nie verlassen.«
»Zweiunddreißig Länder sind es bis jetzt«, sagte Vivek eifrig. »Nächste Woche fliegen wir nach Südafrika.«
Kamble fragte sanft: »Waren Sie oft in Singapur?«
»Jaja, Madam hat häufig dort gedreht.« Die Frage löste keine Angst, keine Besorgnis aus, die Viveks Verehrung für seine Madam hätte stören können. »Singapur ist sehr schön. Wir waren häufig zu Modeaufnahmen dort. Madam mag es sehr, es ist so sauber und ordentlich. Manchmal sind wir auch zum Urlaubmachen hingefahren.«
Sartaj trank seinen Tee aus und reckte sich. »Dann hat sie wohl Freunde dort.«
Vivek war verwirrt. »Ich weiß nicht. Wir haben nicht im selben Hotel gewohnt. Wie meinen Sie das?«
Sartaj gab ihm einen Klaps aufs Knie. »Schon gut, Yaar. Ich fahre öfters nach Pune, deshalb habe ich Freunde dort. Meinen Sie, wir können jetzt mit ihr sprechen?«
»Ich glaube, das Interview läuft noch. Aber die Einstellung kann gleich gedreht werden. Ich geh mal nachschauen.«
Sartaj erhielt seine Miene begeisterter Dankbarkeit aufrecht, bis Vivek hinter einer Ecke des Palasts verschwunden war. Drei Arbeiter waren dabei, einen Teil der Palastwand golden anzustreichen. Daneben fläzten sich ein Dutzend Männer im Gras, und im Schatten eines großen Lastwagens saßen ein paar Frauen im Kreis zusammen. In Sartajs Augen wies nichts darauf hin, daß hier eine Einstellung vorbereitet worden war, geschweige denn, daß gleich gedreht werden würde.
»Dieser Mistkerl weiß nichts«, sagte Kamble. »Er hat zu entspannt über Singapur geredet.«
»Gaitonde und sie waren sicher äußerst vorsichtig.«
Kamble kratzte sich an der Brust. Er trug einen kupfernen Armreif. »Gaitonde, der große Hindu-Don«, sagte er. »Mit einer Moslemfreundin mußte er natürlich vorsichtig sein. Dieser verlogene Maderchod.«
»Eine muslimische Freundin schadet dem Ruf nicht, Yaar. Suleiman Isa hat Frauen sämtlicher Konfessionen gehabt. Die heiraten die Mädchen ja nicht. Vielleicht hat Gaitonde sogar versucht, Zoya zu schützen. Man wird nicht Miss India, wenn man mit einem Bhai zusammen ist.«
»Das sind doch alles verlogene Chutiyas, mit ihrem ständigen Versteckspiel«, sagte Kamble. »Ich hatte mal eine muslimische Chawi, wissen Sie, vor zwei Jahren. Wir haben nichts versteckt, vor niemandem. Yaar, sie war wunderschön. Ich hätte sie geheiratet.«
»Was ist passiert?«
»Ich hatte nicht genug Geld für eine Heirat. So ein Mädchen braucht eine Wohnung, schöne Kleider, ein gutes Leben. Ihre Familie hat irgendeinen Chutiya aufgetan, der für eine Firma in Bahrain arbeitete. Da ist sie jetzt. Hat eine Tochter.«
»Ist sie glücklich?«
»Ja.« Kamble beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie und schaute über das kleine Tal zu den dahinter liegenden Hügeln. Er war plötzlich melancholisch, in die Erinnerung an sein verlorenes Mädchen versunken.
»Hey, Devdas 159 «, sagte Sartaj. »Sie hätten sie doch eh nicht geheiratet. Sie hatten doch noch hundert andere Chawis abzuarbeiten.«
Aber Kamble ließ sich nicht aufmuntern, und Sartaj hätte sich nicht gewundert, wenn er im nächsten Moment ein trauriges Lied
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