Der Pate von Bombay
stinksauer auf Sie, glaub ich. Weil Sie ihn reinlegen wollten.«
»Ihn reinlegen? Ich hab ihm doch nichts getan.«
Kamble packte Umesh an seinem weißen T-Shirt und zog ihn nahe zu sich heran. »Aber Kamala haben Sie was getan, Sie Bastard.«
Umesh zerrte an Kambles Hand, und Sartaj sah erste Anzeichen von Angst in seinen schönen Augen.
»Wir wissen alles«, sagte er. »Wir haben Ihren Anand Kavade. Wir haben sein Handy. Er hat uns alles erzählt. Er hat uns erzählt, daß er in Ihrem Auftrag Kamala Pandey angerufen hat, daß er das Geld von ihr geholt hat. Wir wissen, daß Sie Ihre Freundin erpreßt haben.«
»Ich? Wieso? Ich weiß gar nicht ...« Umeshs helle Haut war rot angelaufen, seine Stimme nur noch ein Flüstern.
»Versuchen Sie nicht zu leugnen, Umesh«, sagte Sartaj. »Oder sollen wir Sie in Handschellen Ihrer Familie vorführen? Wir durchsuchen die ganze Wohnung, wir stellen alles auf den Kopf, wir finden das Handy, mit dem Sie Anand Kavade angerufen haben, und dann buchten wir sie ein. Also versuchen Sie's gar nicht erst. Sonst müssen wir Ihrer Mutter alles erzählen.«
Der Pilot sackte zusammen. Sein Mund verzog sich, und ein kleiner Schluchzer entrang sich ihm. Er atmete hektisch ein und aus, und auf Kambles Handgelenk sprühte Speichel. »Arschloch«, sagte Kamble und ließ ihn los.
»Kann ich mich setzen?« fragte Umesh. Kamble trat beiseite, und der Pilot wankte zu einem der tiefen schwarzen Sessel und setzte sich auf die Armlehne, mit hängendem Kopf, die Hände auf den Schenkeln.
Kamble zog einen anderen Sessel heran und lehnte sich darin zurück. Er stieß mit der Fußspitze gegen Umeshs Knie und sagte: »Sie glauben wohl, Sie schauen sich ein paar amerikanische Filme an, und dann wissen Sie, wie's geht? Are, billige miese Typen wie Sie schnappen wir jeden Tag. Und dann setzt es was mit dem Rohrstock auf den Gaand. Aber einer, der seine eigene Freundin erpreßt, ist schlimmer als irgendein Maderchod.« Kamble beugte sich zur Seite und spuckte auf den Boden. »Bhenchod, ich hab schon viele Chutiyas gesehen, die ihre eigene Schwester verkauft haben, aber die sind immer noch besser als Sie.« Wieder spuckte er aus.
»Tut mir leid«, sagte der Pilot. »Tut mir leid.« Er weinte jetzt und wischte sich mit den Händen und seinem Muskelshirt die Augen.
Sartaj hatte bemerkt, daß Kamble mit seinen Ermahnungen wohlweislich neben den weißen Teppich gezielt und ihn damit für sich reserviert hatte. Sartaj hatte nichts dagegen. Ein weißer Teppich war törichte Angeberei in dieser Stadt. Man mußte die Fenster geschlossen halten, und die Klimaanlage mußte Tag und Nacht laufen, damit kein Staub hereinkam, kein Schmutz auf den Teppich gelangte. »Umesh«, sagte er, »sehen Sie mich an. Sehen Sie mich an. Und jetzt sagen Sie mir: Warum haben Sie das getan?«
Der Pilot schüttelte den Kopf und fuhr sich wieder über die geröteten Augen. »Daddy hat eine Gefäßplastik bekommen«, sagte er. »So was ist teuer. Und Chotti will heiraten.«
Kamble ließ seine Knöchel knacken und stieß ein grimmiges Hohngelächter aus. »Und Sie sind ja so arm, was? Und Ihre Freundin, die hat einfach zuviel Geld, was?«
Umesh war zu aufgewühlt, um den Sarkasmus zu bemerken. »Are, was hat sie denn schon an Ausgaben? Sie lebt mit ihrem Mann zusammen, der zahlt ihr sogar das Benzin, und jeden Monat kriegt sie einen« - er breitete weit die Arme aus -, »einen riesigen Gehaltsscheck, und von ihren Eltern bekommt sie auch noch Geld. Trotzdem hat sie mich eine Menge gekostet. Wetten, das hat sie Ihnen nicht erzählt. Sie will Geschenke, sie will in die besten Hotels. Die Frau ist teuer, kann ich Ihnen sagen.«
Sartaj holte tief Luft und sagte dann ganz leise: »Ja, und außerdem müssen Sie auch noch diese ganzen teuren Anlagen kaufen, da brauchen Sie natürlich Geld. Gute Teppiche sind auch nicht gerade billig. Ganz zu schweigen davon, was sieben importierte Lautsprecher kosten.«
Umesh lehnte sich in seinem Sessel zurück, und als er sich wieder aufrichtete, versuchte er seinen Charme einzusetzen. Er zuckte unbekümmert die Schultern und zwinkerte Sartaj spitzbübisch zu, von Mann von Welt zu Mann von Welt. »Jeder hat doch Bedürfnisse, Yaar. Jeder. Wir können uns bestimmt irgendwie einigen.«
»Wie bitte?«
Der Pilot stemmte sich aus seinem Sessel hoch. »Kamala hat wirklich zuviel Geld, Yaar. Wir könnten teilen ...«
Eine Art Schluchzen brach aus Sartaj hervor, und er stieß Umesh die Faust vor den Mund.
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