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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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Blumen in der Nähe. Trotzdem hing dieser Duft im Raum, intensiv und unentrinnbar. Ich stützte mich auf den Ellbogen, trank einen Schluck Wasser, legte mich wieder hin. Und da war er wieder, dieser Mogra-Geruch, in meinem Kopf und in meiner Kehle. Ich öffnete die Augen.
    Was war das, dort in der Ecke, gerade noch so vom Lichtschein des Fensters erfaßt? Ein seidiger roter Ärmel, eine Schulter. Ja. Ein Bart. Langes Haar, bis zum Nacken. Es war Salim Kaka. Ich hatte den Mistkerl in den Rücken geschossen, und jetzt war er zurückgekommen. Meine Hände zitterten, und in meinem Kopf erhob sich ein Summen, das lauter war als das Gelärme draußen. Es war Salim Kaka, er war es. Ich konnte seine Augen sehen. Gaandu Paschtune. »Du glaubst wohl, ich habe Angst vor dir, Bhenchod?« rief ich. Er sagte nichts, er zuckte mit keiner Wimper, und ich spürte, hell und hart, seine unerschütterliche Verachtung.
    Dann war er weg, und nur ein Fenster und ein roter Vorhang waren noch zu sehen. Ich stand auf, taumelte hinüber, berührte die Wand mit den Fingerspitzen. Ich erkannte, daß sich der Vorhang, vom Bett aus in diesem unbeständigen Licht betrachtet, womöglich in einen Arm verwandelt haben könnte. Doch ich hatte sein Gesicht gesehen, diese paanfleckigen Lippen, und sein vorstehendes Schlüsselbein. Ich hatte die riesigen Hände gesehen.
    Nein, nein, nein. Du bist im Begriff, verrückt zu werden, Ganesh Gaitonde. Schlafmangel und Überanstrengung haben dich geschwächt, dem Wahnsinn nahe gebracht. Ich zog die Schultern nach hinten und schritt von einer Zimmerseite zur anderen. Atme, befahl ich mir. Ich setzte mich am Fuß des Betts mit gekreuzten Beinen auf den Boden und machte die Atemübungen, die ich von Guru-ji gelernt hatte. Mit jedem Ausatmen ließ ich die Beklemmung hinausströmen, mit jedem Einatmen nahm ich Energie in mich auf. Langsam, langsam. Es war nur eine Halluzination. Genau. Doch der Mogra-Geruch hing penetrant in der Luft.
    Er war hier gewesen, hier in meinem Zimmer. Es war purer Irrsinn, das zu glauben, doch es stimmte. Salim Kaka hatte selbst an Zauberei geglaubt, und er hatte alle zwei, drei Monate einen Malang Baba 392 in Aurangabad aufgesucht. Dieser Malang Baba hatte ihm einen roten Talisman gegeben, den er um den Hals tragen sollte, und einen blauen für den rechten Arm, beide zum Schutz vor Messern und Pistolen. Trotzdem war Salim Kaka meinen Kugeln zum Opfer gefallen, und ich hatte sein Gold gestohlen, und jetzt war ich verrückter als Mathu. Mir war klar, daß ich nicht bei Sinnen war, doch zugleich wußte ich, daß Salim Kaka mich wirklich heimgesucht hatte. Vielleicht hatte ihn der Malang Baba zurückgeschickt, damit er mich mit diesem höhnischen Hundeblick anstarrte.
    An nächsten Tag brachen wir nach Chennai auf. Als sich das Flugzeug über die niedrigen grünen Hügel erhob, roch es in der Businessclass-Kabine süßlich nach Salim Kaka. Er begleitete mich, wohin ich auch ging. Nun, da mich Guru-ji verlassen hatte, war ich dem Zauber des Malang Baba ausgeliefert. Er konnte Salim Kaka Tausende von Metern hoch in die Luft und über den Ozean schicken. Ich versuchte den Geruch zu ignorieren und konzentrierte mich auf mein Vorhaben. Eine Weile lang hatte ich geglaubt, daß unsere Störung und Sabotage seiner Ashrams Guru-ji aus der Deckung locken würde, daß er erscheinen würde, um mich zu bestrafen und seine Leute zu beschützen. Doch als ich jetzt aus der Luft auf die Felder tief unter mir hinabschaute, wurde mir klar, daß ein Mann, der in Vergangenheit und Zukunft blickte, der die Zeit in Yugas 677 maß, sah, wie die Jahrhunderte gemäß einem geheimen Plan dahinwirbelten, und sich von seinem Ego und seinen Begierden gelöst hatte, daß es einem solchen Mann egal war, wenn eine bloße Organisation auseinanderbrach, wenn ein oder zwei Männer starben. Ihm war egal, was ich tat. Trotz all seiner Gesten der Zuneigung war ich ihm letztlich egal. Ich bedeutete ihm nichts. Er schwebte in Höhen hoch über jedem Jet und schaute auf uns hinab wie auf Ameisen. Als wir landeten, war ich zu der Überzeugung gekommen, daß unsere Strategie fehlgeschlagen war. Doch ich hatte keinen alternativen Plan, und so schwieg ich. Wir fuhren zu unserem sicheren Haus, warteten, bis es dunkel wurde, führten unseren Einbruch im Verwaltungsgebäude durch. Doch wie erwartet, fanden wir nichts. Und Salim Kaka blieb bei mir, auf der Rückfahrt zum Haus, die ganze Nacht hindurch. Als ich meine Morgenmilch trank, mußte

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