Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
Vom Netzwerk:
des kleinen Raums öffneten und den Verteilerkasten, den Überlastschalter und die Stromzähler sahen. Die glänzend sauberen Armaturen entsprachen dem neusten Stand der Technik, und sie funktionierten reibungslos: Das Zählwerk lief langsam, aber stetig. Irgend etwas schluckte hier gehörige Mengen Strom.
    Wir folgten den Leitungen. Man hatte versucht, ihren Verlauf unter dem Putz und durch die Backsteinwände hindurch zu verbergen, so daß wir uns mit Hacken und Spaten ans Werk machen mußten. Es gab einen Stromkreis, der das Haus versorgte, doch zwei weitere zweigten einen halben Meter unter der Erde nach draußen ab. Es war ein hartes, mühseliges Geschäft, den Erdboden unter dem Schotter aufzuhacken. Wir arbeiteten uns langsam in das Dunkel unter den Mangobäumen vor. Nikhil ging noch einmal ins Haus und kam mit zwei Petromax-Laternen wieder, in deren tanzendem Licht wir weitergruben. Es war tiefe Nacht, als wir schließlich den unterirdischen Komplex fanden. Mitten in der Obstplantage befand sich eine quadratische freie Fläche, die man nur als das Fehlen von Bäumen wahrnahm. Sie wirkte völlig harmlos, bis man das PVC-ummantelte Kabel entdeckte, das an einer Stelle senkrecht nach unten führte. Wir tappten suchend im Kreis herum. Dann stieß Jatti, vom leisen Zischen der Luft angezogen, auf eine Lüftung. Daneben, unter einer Matte aus Gräsern und Ranken, entdeckten wir eine kleine Metallplatte, die in Tarnfarben angestrichen war. Nikhil legte das Ohr daran.
    »Hier ist die Klimaanlage drunter«, sagte er.
    Ich legte die Hand darauf und spürte das Summen bis in meine Schultern. Die Jungs scharrten im Boden, rissen am Gras, riefen nach den Laternen. Ich verließ den Lichtkreis, kroch über Steine und Wurzeln, ignorierte das Brennen in meinen Knien. Das Geheimnis war unter uns, ganz nah, ich fühlte es. Das Gold war nah. Ich hatte es noch jedesmal aufgespürt - die Belohnung, den Gewinn. Und auch diesmal wurde ich fündig.
    Eine Platte aus dem gleichen Metall, aus dem auch die Verkleidung der Klimaanlage war, bildete eine leichte Erhebung zwischen zwei alten Bäumen. Eine dünne Schicht aus Blättern und Zweigen bedeckte den genieteten Stahl. »Hier«, rief ich. »Hier.«
    Wir schoben das Laub weg, und im Licht der Lampen sahen wir, daß es sich um eine Falltür handelte. Anderthalb Quadratmeter groß und auf einer Seite zum Hochziehen mit Schlitzen versehen. Jatti rüttelte versuchsweise daran. » Abgeschlossen«, sagte er und deutete auf ein Schlüsselloch.
    »Schau mal bei dem toten Chutiya nach«, sagte ich.
    Ich landete an diesem Abend nur Volltreffer. Sie fanden den Schlüssel an einer schmutzigen Nada um Kirpal Singhs Hals. Es war ein schwerer, acht Zentimeter langer Stahlstreifen, einer dieser programmierbaren Schlüssel, jetzt blutverschmiert. Doch er drehte sich problemlos im Schloß. Eine Leiter führte nach unten. Durch einen Druck auf einen direkt neben der Falltür angebrachten Schalter wurde alles in ein sauberes, gleichmäßiges blauweißes Licht getaucht. Drei große Räume folgten aufeinander, der letzte war der kleinste. Die ersten beiden waren zweckmäßig mit Bücherregalen, Aktenschränken und Computertischen eingerichtet. Doch die Regale waren leer, und es gab weder Aktenordner noch Computer. Die Verlängerungsschnüre waren allerdings noch da, und hinter den Tischen knäuelten sich weitere Kabel. Auf der weißen Oberfläche der Tische zeichneten sich undeutliche Umrisse ab, wo die Computer gestanden hatten. Nikhil fuhr mit dem Finger den braunen Ring nach, den eine Teetasse auf einer der Tastaturablagen hinterlassen hatte. In einer Ecke des zweiten Raums stand ein sehr großer Drucker, das einzige Gerät, das sie dagelassen hatten.
    Der dritte Raum war ein Lagerraum. Ein Drahtpapierkorb enthielt nur die leeren Umhüllungen zweier Packen Druckerpapier. Jatti ging herum und öffnete Schranktüren. Vor der letzten blieb er stehen. »Bhai.«
    Auf dem untersten Schrankbrett stand eine große Stahlkassette, keines dieser klapprigen Dinger, die man auf jedem Bazaar kaufen kann, sondern ein eleganter silberner Kasten, ein ausländisches Fabrikat, wie man schon allein an den Schlössern erkannte, die in die Kassette eingearbeitet waren. »Hol sie raus«, sagte ich.
    Die Kassette war schwer. Sie mußten sie zu zweit in den Hauptraum schleppen. »Der Kerl von der Spezialeinheit hatte bloß den einen Schlüssel, Bhai«, sagte Nikhii.
    Also zog Jatti seine Ghoda, hielt sie vor das eine Schloß und

Weitere Kostenlose Bücher