Der Pate von Bombay
Name ist, müssen Sie sie selbst fragen. Werden Sie nett zu mir sein?«
»Natürlich.«
»Sie lügen, aber Sie sind ein Mann, deshalb verzeihe ich Ihnen. Wissen Sie, warum ich Ihnen das gesagt habe?«
»Nein.«
»Der Mann, der das getan hat, ist ein Rakshasa 519 . Bilden Sie sich bloß nichts ein, Sie sind selbst ein Rakshasa. Aber vielleicht schnappen Sie diesen Rakshasa. Und bestrafen ihn.«
»Vielleicht.« Der Rakshasa, der das getan hatte, war geschnappt worden und doch entkommen, und was Strafen anbelangte, hatte Sartaj seine Zweifel - sie schienen immer zu hoch oder zu gering. Ich schnappe die Leute, weil das mein Job ist, und sie flüchten, weil das ihr Job ist, und die Welt dreht sich weiter. Aber das konnte er Manika nicht erklären, und so sagte er nur: »Danke.«
Nachdem sie gegangen war, nachdem die Mädchen in einen Transporter gepackt und nach Hause geschickt worden waren, setzte Sartaj Katekar an der Ecke der Sriram Road ab. Von dort kam er bequem zu Fuß nach Hause. Er hob grüßend die Hand und wandte sich zum Gehen, doch da fragte Sartaj: »Wie sieht eigentlich ein Rakshasa aus?«
Katekar beugte sich zum Fenster herab. »Ich weiß nicht, Sir. Im Fernsehen haben sie lange schwarze Haare und Hörner. Und manchmal spitze Zähne.«
»Und sie laufen herum und fressen Menschen?«
»Das ist wohl ihre Hauptaufgabe, Sir.«
Sie mußten lachen. Sie hatten den ganzen Tag gearbeitet, sie waren mit ihren Ermittlungen ein kleines Stück weitergekommen, und sie waren zufrieden. »So was könnte man bei den Verhören manchmal gut gebrauchen«, sagte Sartaj. »Hörner und Zähne wie ein Wolf.«
Doch die meisten Leute, die er verhörte, so überlegte er auf der Heimfahrt, hatten solche Angst, daß es schien, als habe er schon Reißzähne, und zwar riesige. Es war die Uniform, die ihnen Angst einjagte, die sie an all die über Generationen angesammelten Geschichten von brutaler Polizeigewalt erinnerte. Selbst wer Hilfe suchte, war Polizisten gegenüber auf der Hut, und wer keine Hilfe brauchte, war übertrieben freundlich, für den Fall, daß er sie doch einmal brauchen sollte. Polizisten waren Monster, eine Spezies für sich. Doch Parulkar hatte einmal zu Sartaj gesagt: »Wir sind die Guten, die böse sein müssen, um die ganz Bösen unter Kontrolle zu halten. Ohne uns gäbe es gar nichts mehr, nur noch einen Dschungel.«
Ein gelber Schein huschte hinter den Häusern über den Himmel. Es war still in den Straßen. Sartaj stellte sich die Millionen schlafender Menschen vor, wieder für eine Nacht geborgen. Das Bild verschaffte ihm eine gewisse Genugtuung, wenn auch nicht annähernd so wie früher. Er wußte nicht, ob das daran lag, weil er einem Rakshasa ähnlicher oder unähnlicher geworden war. Jetzt brauchte er vor allem Schlaf. Er fuhr nach Hause.
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Ganesh Gaitonde
beschafft sich Land
I ch entschied mich für das Land zwischen der N. C. Road und dem Hügel. Sie kennen doch Gopalmath, das Basti, das sich von der N. C. Road aus den Hügeln hinaufzieht und über die sechs Kilometer von Sindh Chowk bis zur G. T. Junction erstreckt? Damals war das unbebautes Ödland, nur von Unkraut und Gebüsch bewachsen - kommunales Land. Es gehörte der Stadt, also gehörte es niemandem. Ich griff zu.
Sie wissen, wie so was läuft, Sartaj. Es ist ganz einfach. Man schmiert drei Chutiyas in der Stadtverwaltung, spickt sie ordentlich, und dann bringt man den örtlichen Dada 141 um, der meint, ihm stünde ein Anteil zu, als wäre es sein verdammtes Geburtsrecht. Das ist alles. Dann gehört einem das Land. Es gehörte mir.
Ich war mein Gold losgeworden und hatte Geld. Paritosh Shah, dieser fette Gujarati, sagte, ich solle alles in Geschäfte stecken: hier etwas kaufen, da etwas verkaufen. »Ich kann dir dein Geld innerhalb von einem Jahr verdoppeln«, sagte er, »verdreifachen.« Er wußte genau, wieviel ich besaß, denn schließlich hatte er mir mein ganzes Gold abgehandelt.
Ich hörte ihm zu, während er elegant auf seiner Gadda ausgestreckt lag, ein Kissen unter der Schulter und eins unter den Knien. Und ich zog sein Angebot in Betracht, wußte jedoch intuitiv, wenn man kein Land besitzt, ist man ein Nichts. Man kann für die Liebe sterben, für die Freundschaft, fürs Geld, aber letzten Endes ist Land auf dieser Welt das einzig Wahre. Auf Land kann man sich verlassen. Ich sagte: »Ich vertraue dir, Paritosh-bhai - trotzdem, laß mich meinen eigenen Weg gehen.« Er hielt mich für einen Dummkopf, aber ich hatte
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