Der Pate von Bombay
das Land schon gesehen, war es abgeschritten - ein ideales Terrain, in der Nähe der Hauptstraße und nicht weit vom Bahnhof entfernt. Also ging Geld an die Stadtverwaltung, an einen Buchhalter und zwei Beamte, und kurz darauf konnte ich meinen eigenen Grund und Boden bebauen.
Doch dann mußten wir uns mit Anil Kurup herumschlagen. Wir hatten das Land roden lassen, mein Bauunternehmer ließ seine Männer die Gruben für die Fundamente der Kholis ausheben, und wir erwarteten eine Ladung Zement, da kaperten Anil Kurups Jungs unseren Laster und fuhren ihn ins rund anderthalb Kilometer entfernte Gopalmath Village. Den Zement bekamen wir nie zu sehen, statt dessen ließen sie uns einen Zettel mit einer Telefonnummer zukommen.
»Du bist nicht mehr als ein Bachcha aus der Provinz«, schrie mir Anil Kurup ins Ohr, als ich anrief. »Du meinst wohl, du könntest einfach so in mein Dorf kommen und mir ins Gesicht spucken. Maderchod - hier wird keine Henne verkauft, ohne daß ich davon erfahre! Ich kipp dir eine Ladung Zement in deinen Gaand und schick dich zurück in die Gosse, wo du hergekommen bist.«
Ich blieb ruhig und bat ihn um einen Tag Bedenkzeit. Er schimpfte noch weiter vor sich hin und forderte mich schließlich auf, ihn am nächsten Tag wieder anzurufen. Er hatte natürlich recht. Er war in Gopalmath aufgewachsen, und es war eindeutig sein Gebiet, er regierte es wie ein König. Viel gab es nicht in seinem Raj 512 , nur ein paar kleine Läden und ein oder zwei Tankstellen, aber sie unterstanden alle ihm.
Vier Tage später stattete ich ihm in Gopalmath einen Besuch ab. Ich ging in Begleitung von Chhota 117 Badriya hin. Sie erinnern sich doch an diesen Muskelmann Badriya, Paritosh Shahs Leibwächter? Chhota Badriya war sein kleiner Bruder. Eigentlich hieß er Badrul-Ahmed, und sein älterer Bruder hieß Badruddin, irgendein Sufi-Pir 491 604 hatte ihrem Vater nämlich gesagt, er solle all seinen Söhnen Namen geben, die mit »Ba« anfangen, damit sie Glück und Erfolg im Leben hätten. Deshalb also diese ausgefallenen langen Namen, für uns hießen sie einfach Badriya und Chhota Badriya. Badriya und ich begegneten uns jedesmal, wenn ich Paritosh Shah besuchte, und mochten uns, und als ich mein Projekt begann, bat er mich, seinen jüngeren Bruder mitzunehmen, damit etwas aus ihm würde. Chhota war noch größer, größer als sein großer Bruder, ein Berg von einem Mann. Er war ein guter Junge, wohlerzogen und gehorsam, und ich war froh, ihn bei mir zu haben. Ich sagte zu seinem Bruder: »Wenn du mich bittest, tue ich es gern.«
Eines Nachmittags gingen Chhota Badriya und ich zu Fuß nach Gopalmath, damals eine traurige kleine Müllhalde mit einer einzigen, unbefestigten Straße, hie und da einer Handvoll armseliger, von Palmen und Feldern umgebener Hütten und ein paar Läden an der Hauptstraße. Anil Kurup erwartete uns im Hinterzimmer einer Dhaba 162 , wo es das einzige Telefon in Gopalmath gab.
Seine Jungs filzten uns und nahmen uns die Revolver ab -sie waren tief beeindruckt, ich glaube, sie hatten nicht damit gerechnet, daß wir Waffen bei uns trugen. Sie waren zu fünft. Sie führten mich an den riesigen Pfannen mit in heißem Fett garenden Puris und Bhajiyas vorbei in einen abgetrennten Raum, wo Anil Kurup an einem Tisch saß und Bier trank. Um zwei Uhr nachmittags hatte dieser häßliche Kerl bereits rote Augen und rülpste. Er hatte wulstige Lippen, und die Haare fielen ihm in die Stirn; er trug weiße Chappals. Ich legte zwanzigtausend Rupien, in eine Zeitung gewickelt, vor ihn auf den Tisch.
»Zuwenig«, sagte er.
»Bhai«, erwiderte ich, »ich bringe Ihnen den Rest bald, nächste Woche, versprochen. Und ich hätte auch das hier schon früher gebracht, wenn ich es gewußt hätte.«
»Was bist du bloß für ein hirnloser Bhenchod«, sagte er. »Du fängst einfach irgendwo an zu graben, ohne dich vorher über die Gegend kundig zu machen?«
»Tut mir leid.« Ich zuckte mit den Achseln, klein und hilflos.
Da lachte er und spuckte Bier auf den Tisch. »Setzt euch«, sagte er. »Beide. Trinkt ein Bier.«
Ich sagte: »Nur ein bißchen Chai, Anil-bhai.«
»Wenn ich euch Bier anbiete, trinkt ihr Bier.«
»Ja, Anil-bhai.« Er lachte wieder, und die drei Jungs, die im Raum waren, lachten ebenfalls. Sie brachten uns Bier, jedem eine Flasche und ein Glas, und wir tranken.
»Woher kommst du, Bachcha?« wollte er wissen.
»Nashik
»Man muß in Bombay aufgewachsen sein, um zu verstehen, wie die Sache
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