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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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prahlerisch in Positur.
    »Aber von welchem Geld denn?«
    Silvio grinste breit. »Bestimmt nicht von dem lumpigen Florin, mit dem Vater mich jeden Monat abspeist. Nein, das habe ich mir alles selbst verdient. In letzter Zeit hatte ich nämlich eine Glückssträhne nach der anderen.«
    »Du hast so viel Geld beim Glücksspiel gewonnen?«
    »Tja, man muss seine Karten eben geschickt ausspielen, wenn man zu etwas kommen will«, antwortete Silvio vage und bedachte Marcello mit einem rätselhaft spöttischen Lächeln, als steckte hinter seinen Worten eine verborgene Bedeutung.
    »In diesem teuren Aufzug Vater unter die Augen zu treten, ist aber nicht gerade klug«, meinte Marcello. »Bestimmt wird er wissen wollen, wie du an das Geld gekommen bist, dass du dich so teuer herausputzen kannst. Du weißt doch, was er vom Glücksspiel hält.«
    »Pah!«, stieß Silvio abfällig und voller Groll hervor. »Ich habe endgültig die Nase voll von seinen Gemeinheiten! Ich schmeiße ihm die Brocken vor die Füße! Für seine Drecksarbeit soll er sich einen anderen Dummen suchen. Na ja, einen hat er ja schon gefunden, aber das ist deine Sache. Mit mir brauchst du ab morgen jedenfalls nicht mehr zu rechnen. Von jetzt an arbeite ich nur noch auf eigene Rechnung.«
    Marcello wusste nicht, was er davon halten sollte. Zwar hatte Silvio in den letzten Monaten schon mehrfach angedroht, bald nicht mehr zur Arbeit zu kommen und sich mit irgendeinem Geschäft selbstständig zu machen. Bislang war es jedoch bei großspurigen Worten geblieben. Aber an diesem Morgen schien es seinem Neffen tatsächlich ernst zu sein. Und an Geld mangelte es ihm offensichtlich auch nicht.
    »Was du tust, ist deine Sache, Silvio. Aber ich würde mir das an deiner Stelle noch einmal gut überlegen, bevor du Vater gegen dich aufbringst«, sagte er. Sogleich musste er daran denken, wie lächerlich sein Ratschlag war, hatte er doch dasselbe vor.
    »Von mir aus kann er toben und sich auf den Kopf stellen!«, erwiderte Silvio mit grimmiger Entschlossenheit. »Ich habe genug von seiner Knute, darauf kannst du Gift nehmen! Außerdem habe ich ja sowieso nichts mehr von ihm zu erwarten. Wofür soll ich mich also noch abrackern? Für eine lausige Zuwendung, wenn er irgendwann einmal, in zehn oder zwanzig Jahren, unter die Erde kommt? Nein, ohne mich!«
    Marcello wollte gerade fragen, wieso er denn annahm, dass der Vater ihn nicht mit einem ansehnlichen Erbe bedenken würde, als er Lorenzo de’ Medici entdeckte, der in prunkvollem Festtagsgewand und in Begleitung von mehreren hochgestellten Freunden aus dem Dom herauskam und in Richtung Via Larga eilte.
    Silvio hatte es auch gesehen. »Na, da scheint es bei den hohen Signori offenbar eine Verzögerung zu geben«, meinte er spöttisch. »Das passt ja gut. Dann bleibt noch genügend Zeit, um mich durch die Menge nach vorn zu drängen. Ich will nämlich einen Blick auf dieses junge Bürschchen werfen, das schon mit siebzehn mit einem Kardinalshut auf dem Kopf den frommen Kirchenfürsten spielt.« Dann wandte er sich wieder Marcello zu. Mit einem breiten, selbstgefälligen Grinsen schlug er ihm noch einmal auf die Schulter. »Schöne Ostern, werter Onkel! Und viel Spaß beim Ziegelbrennen!« Damit stolzierte er davon.
    Marcello folgte ihm in den Dom, verlor ihn jedoch in der Menge der Kirchenbesucher schnell aus den Augen.
    Er sollte Silvio niemals wiedersehen.

9
    I m Dom ging es fast so laut zu wie auf dem Mercato Vecchio am Samstag zur Haupteinkaufszeit. Rufe, Gelächter und lautes Stimmengewirr erfüllten das Gotteshaus mit seiner majestätischen Kuppel. Niemand hielt das für ungehörig.
    Eine Kirche, ganz gleich wie bescheiden oder großartig sie war, war für jeden Florentiner ein öffentlicher Ort, wo man ganz selbstverständlich Klatsch und Tratsch austauschte, Politik besprach und über Geschäfte redete. Und niemand kam dabei auf den Gedanken, dies mit gesenkter Stimme oder gar verschämt zu tun. Die Unterhaltungen wurden zumeist auch ungeniert während der Messe fortgeführt. Der Priester musste schon dankbar sein, wenn die versammelte Gemeinde ihr unbekümmertes Schwatzen zumindest während der Predigt und der Wandlung auf ein Gemurmel beschränkte.
    Als Lorenzo de’ Medici in Begleitung des jungen Kardinals und eines großen Gefolges aus hochgestellten Freunden, Würdenträgern und Bediensteten des Kirchenfürsten den Dom betrat, ging ein Ruck durch die lärmende Menge. Ohne dass die harschen Befehle der

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