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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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über dem Bett, zusammen mit einem zur Hälfte mit Wasser gefüllten Becher.
    »Kommen wir denn nicht zurecht, Vater?«, fragte sie zurück, während sie die kleine Aushöhlung des Löffels mit dem schwarzbraunen Elixier füllte. Es sah aus wie zähflüssiger Sirup, löste sich jedoch erstaunlich rasch auf, wenn man es mit Wasser vermischte. Dann reichte sie ihrem Vater den Becher. »Hier, trinkt! Dann wird es Euch gleich besser gehen.«
    Emilio Bellisario seufzte schwer. »Niemals wird es wieder besser werden, das weißt du so gut wie ich«, sagte er bedrückt, während er den Becher mit zitternden Händen umfasste. »Der Baum wirft seine Blätter ab und es kommen auch keine neuen nach.«
    »Ihr dürft nicht so düster daherreden, Vater! Ihr wisst, dass ich solche trübsinnigen Sprüche aus Eurem Mund nicht mag! Und nun trinkt endlich!«, sagte sie energisch und half ihm, den Becher zum Mund zu führen, damit er nichts von dem teuren Inhalt verschüttete.
    Als Fiora den Becher zurück auf das Wandbrett gestellt hatte und sich gerade wieder der Glut in der Feuerstelle widmen wollte, schlug vorn im Vorraum die Türglocke an.
    Sofort flackerte Angst in den Augen ihres Vaters auf. »Sieh nach, wer da gekommen ist«, raunte er ihr zu. »Und wenn es ein Kunde ist, halte ihn hin, so lange es geht.«
    Fiora ersparte sich eine Erwiderung. Der Aufforderung ihres Vaters hätte es wahrlich nicht bedurft, denn sie wusste ja, wann die Wirkung des Elixiers einsetzte und was sie bis dahin zu tun hatte. Darin hatte sie mittlerweile Übung, ging es doch schon seit drei Jahren so.
    Sie schlüpfte durch den Spalt im Ledervorhang, den sie gleich hinter der Tür zum Vorraum angebracht hatte, damit niemand einen Blick in die Werkstatt werfen und dabei zufällig etwas beobachten konnte, was unbedingt geheim bleiben musste.
    Im Vorraum traf sie den vierschrötigen Talglichtzieher Tinoro Panetti an, der seine kleine Bottega in einer Seitengasse der Via dei Ferravecchi hatte. Das kantige Gesicht des Mannes glühte vor Freude.
    »Hat Meister Emilio Zeit, um mit mir über einen Auftrag zu sprechen, Fiora?«
    »Nun, er ist gerade an der Feuerstelle beschäftigt«, log Fiora. Sie war einmal mehr dankbar dafür, dass ihr Vater nicht jederzeit für die Kundschaft zu sprechen sein musste, denn jeder wusste, dass ein Goldschmied seine Arbeit nicht einfach aus der Hand legen konnte, nur weil jemand ihn zu sprechen wünschte. Das ging vor allem dann nicht, wenn er gerade Metalle schmolz oder feine Drähte an der Ziehbank zog. Hier durfte es keine Unterbrechung geben. Und nur weil dem so war, war ihnen bisher noch niemand auf die Schliche gekommen. »Wenn Ihr Euch ein wenig gedulden könnt, wird er sich nur zu gern Euren Wünschen annehmen. Aber vielleicht könnt Ihr mir indessen schon einmal verraten, mit welchem Auftrag Ihr meinen Vater betrauen wollt. Dann kann ich schon das entsprechende Musterbuch holen, damit Ihr eine erste Vorauswahl treffen könnt.«
    Der Talglichtzieher nickte. »Gut, so können wir es machen. Ich möchte, dass Meister Emilio mir einen Taufbecher fertigt. Ich bin nämlich Großvater geworden!«, teilte er ihr voller Stolz und Freude mit. »Mein Sohn hat einen Stammhalter bekommen! Ein prächtiges Kerlchen!«
    Fiora beglückwünschte ihn gebührend und ließ sich nur zu bereitwillig lang und breit von ihm erzählen, wie ungeduldig sein Sohn und er schon seit vier Jahren auf dieses Ereignis gewartet hätten und wie schwer die Niederkunft für seine Schwiegertochter gewesen sei. Dann entschuldigte sie sich und ging nach hinten in die Werkstatt, um das Musterbuch für Taufbecher zu holen.
    »Es ist der Talglichtzieher Panetti«, flüsterte sie ihrem Vater zu, der sich mittlerweile vom Klappbett erhoben und die dicken Lederhandschuhe übergezogen hatte. »Er ist Großvater geworden und möchte einen Taufbecher für seinen Enkelsohn.«
    Ihr Vater verzog das Gesicht. »Bestimmt nur aus Silber und ohne Vergoldung. Da wird nicht viel Gewinn anfallen.«
    »Und wennschon, wir können jeden Soldo gut gebrauchen«, erwiderte Fiora und sah, dass seine Hände noch immer ein wenig zitterten. Aber das würde er vor Tinoro Panetti zu verbergen wissen. »Lasst Euch noch ein paar Minuten Zeit. Ich gehe indessen das Musterbuch mit ihm durch. Und keine Sorge, auch er wird nichts bemerken.«
    Mit dem Musterbuch in der Hand kehrte sie zu Tinoro Panetti zurück. Zwischen zwei mit kunstvollen Silberbeschlägen verzierten Holzdeckeln enthielt es

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