Der Pate von Florenz
Ziffern in die vorgesehenen Spalten eingetragen werden. Vorschrift war auch die doppelte Buchführung, die in Italien erfunden und mittlerweile von den Handelshäusern in ganz Europa übernommen worden war.
»Aber du kennst ja Vater. Wer eines Tages die Bottega übernehmen will, muss sich in allen Geschäftsbereichen bestens auskennen, ganz besonders aber in der Buchhaltung. Das ist nun mal das A und O, wenn man keinen Ärger mit den Blutsaugern von der Steuer bekommen und einen guten Gewinn machen will.« Alessio wusste natürlich, dass es in der Bottega wie in jedem anderen Betrieb ein libro segreto gab, ein geheimes Kontobuch, in dem man einen Gutteil der Gewinne an der Steuer vorbeischleuste. Aber das führte der Erste Faktor und es wurde stets unter Verschluss gehalten.
»Komm mir nicht mit Vaters ewigen Predigten!«, erwiderte Alessio mürrisch. »Die kann ich längst auswendig nachbeten! Außerdem habe ich überhaupt kein Interesse daran, eines Tages die Bottega zu übernehmen. Das ist nichts für mich. Ich will, dass Vater mir ganz andere Türen öffnet.«
Marcello warf ihm einen spöttischen Blick zu. »Meinst du vielleicht die Tür zum Ziegelbrennen?«
Gegen seinen Willen musste Alessio grinsen. »Klar, da zieht es mich mit aller Macht hin!«, spöttelte er, wurde aber gleich wieder ernst. »Apropos Ziegelbrennen! Ist dir schon zu Ohren gekommen, was Vater mit seiner Androhung gemeint hat? Weiß Mutter etwas?«
Marcello schüttelte den Kopf.
Alessio machte ein grimmiges Gesicht. »Wenn er es denn wirklich ernst gemeint hat. Vermutlich hat Vater es sich doch noch anders überlegt. Immerhin sind schon einige Tage vergangen, ohne dass etwas geschehen ist. Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn Silvio um eine harte Strafe herumkommt. In diesen Dingen hat der Kerl mehr Glück als Verstand.«
»Ich bin mir nicht so sicher«, erwiderte Marcello skeptisch. »Du hast doch selbst mitbekommen, wie kühl und kurz angebunden Vater in den letzten Tagen ihm gegenüber ist. Nein, die Sache ist nicht vergessen. Das dicke Ende kommt noch für Silvio, darauf würde ich jede Wette eingehen.«
In diesem Augenblick tauchte Silvio im offen stehenden Tor der Bottega auf und rief ihnen durch den Vorraum zu: »Kommt mal raus und helft mir! Ein Fuhrwerk mit Tuch muss abgeladen werden! Ich gehe hoch auf die Plattform und ihr hängt die Ballen in die Seilschlaufen!«
Alessio schlug das Rechnungsbuch zu. »Ballen abzuladen ist mir immer noch lieber als diese verdammte Sisyphusarbeit hier!«
Sie hatten gerade die Hälfte der Ballen abgeladen, als Fiora auf dem Vorplatz auftauchte und auf sie zukam. Alessio bemerkte sie als Erster. »Schau an, die kleine Bellisario! Die habe ich ja schon ewig nicht mehr zu Gesicht bekommen«, sagte er überrascht.
»So klein ist Fiora schon lange nicht mehr«, erwiderte Marcello, der schon ahnte, was sie zu ihnen führte. »Mittlerweile muss sie schon sechzehn sein.«
»Und gar nicht mal so übel anzuschauen«, stellte Alessio fest, während er sie kritisch musterte. »Wenn man von ihrem einfachen Gewand absieht.«
»Hübsch war sie doch schon immer!«, entfuhr es Marcello.
Sein Bruder warf ihm einen spöttischen Blick zu. »Sag bloß, du bist noch immer in sie verschossen?«
Marcello errötete. »Red doch nicht so einen Unsinn! Ich mag sie einfach. Wir haben uns immer gut mit ihr verstanden, als wir noch Hinterhofnachbarn gewesen sind. Die beiden Schwestern des Goldschmieds sind für uns doch fast wie eine Familie gewesen.«
»Dabei solltest du es auch besser belassen, lieber Bruder!«, riet Alessio ihm. »Die Tochter eines kleinen Goldschmieds wäre für einen Fontana ja wohl auch kaum die passende Wahl. Uns stehen ganz andere Möglichkeiten offen.«
»Was du nur immer redest! Wir sind Freunde, nichts weiter«, brummte Marcello, dem es peinlich war, dass er das Erröten nicht hatte verhindern können.
Fiora hatte sie indessen erreicht, grüßte freundlich und fragte Marcello: »Kann ich dich einen Augenblick sprechen?«
Bevor Marcello etwas erwidern konnte, sagte sein Bruder spöttisch: »Nur zu, Fiora! Oder siehst du hier jemanden, der euch daran hindern könnte, miteinander zu plaudern?«
Fiora schenkte ihm ein entschuldigendes Lächeln. »Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich mit deinem Bruder lieber unter vier Augen reden.«
»Unter vier Augen? Schau an, schau an!«, spottete Alessio und entfernte sich langsam.
»Du Dummkopf! Es geht um etwas Geschäftliches!«, rief
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