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Der Pathologe

Der Pathologe

Titel: Der Pathologe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Das schien seiner Frau zu viel zu sein, aber sie ertrug es mit Fassung. Den größten Teil der Stunde verbrachten sie mit oberflächlicher Konversation.
    Als Jeremy aufstand, um zu gehen, erhob sich Dougs Mutter ebenfalls. Sie begleitete ihn aus der Cafeteria und sagte: »Ich hab noch nie einen Arzt wie Sie kennen gelernt.« Dann nahm sie Jeremys Gesicht in beide Hände und küsste ihn auf die Stirn.
    Ein mütterlicher Kuss. Er erinnerte Jeremy an etwas, das ihm vor langer Zeit widerfahren war. Aber er war sich nicht ganz sicher.
    Er besuchte andere Patienten und ging dann hoch zur Brustmedizin, wo Angela ihren letzten Tag verbrachte. Er fand sie in der Gesellschaft von drei anderen Assistenzärzten, die auf dem Weg zu irgendeiner Besprechung waren. Er gab ihr durch eine hochgezogene Augenbraue zu verstehen, dass er mit ihr sprechen wollte, und führte sie in ein leeres Schwesternzimmer.
    »Wie geht es dir?«
    »Gut.« Sie biss sich auf die Lippe. »Ich habe noch mal überdacht, was passiert ist. Ich glaube, ich habe überreagiert.«
    »Das hast du nicht«, sagte Jeremy. »Es ist passiert, und es war schlimm.«
    »Nun ja, das ist nicht sehr tröstlich.«
    »Es ist passiert, Angela.«
    »Natürlich ist es passiert. Das hab ich nie bezweifelt, aber …«
    »Ich habe es des Nachdrucks wegen wiederholt«, erklärte er. »Weil du am Ende vielleicht zu zweifeln beginnst, ob es passiert ist. Das ist das Wesen der Verleugnung.«
    »Ich verleugne es?« Ihre dunklen Augen blitzten.
    »Das ist keine Kritik. Verleugnung ist keine Schwäche – nicht neurotisch. Sie ist Teil des Lebens, eine natürliche Abwehr. Dein Körper und dein Geist wollen sich selbst schützen. Lass es zu. Vielleicht ertappst du dich dabei, dass du glücklich bist. Wehr dich nicht dagegen.«
    »Ich ertappe mich vielleicht dabei?«, sagte sie. »Was ist das, eine Art posthypnotische Anregung?«
    »Es ist eine berechtigte Vorhersage.«
    »Ich bin nicht
annähernd
glücklich.«
    »Früher oder später wirst du es sein. Die Gefühle werden vergehen. Aber es ist passiert.«
    Angela starrte ihn an. »Diese ganzen Ratschläge.«
    »Hier kommt noch einer«, sagte Jeremy. »Halte dich fern von ihm. Er bedeutet schweren Ärger.«
    »Was willst du damit …«
    »Halt ihn einfach auf Abstand.«
    »Darum mache ich mir keine Sorgen«, sagte sie. »Heute Morgen war er auf Visite und kam im Gang direkt auf mich zu. Ich bin stehen geblieben, und als er mich sah, hat er die Richtung gewechselt. Hat sich umgedreht und ist auf die andere Seite gegangen. Er hat einen Umweg gemacht, um nicht an mir vorbeigehen zu müssen. Wie du siehst, hat
er
Angst vor
mir

    Wenn du wüsstest.
 »So sollte es auch bleiben.«
    »Was willst du damit sagen, Jeremy? Glaubst du, ich werde nicht mit ihm fertig?«
    »Ich bin sicher, dass du mit ihm fertig wirst. Geh ihm einfach aus dem Weg. Hör auf mich. Bitte.« Er packte sie an den Schultern, zog sie näher zu sich.
    »Das macht mir ein bisschen Angst.«
    Gut.
    »Wenn du aufpasst, gibt es nichts, wovor du Angst haben müsstest. Versprich mir, dass du dich von ihm fern hältst. Und pass auf dich auf.«
    Sie zog sich von ihm zurück. »Jeremy, ich flippe wirklich gleich aus. Was ist hier los?«
    »Er ist ein schlimmer Finger, mehr kann ich nicht sagen.«
    »Was? Die Herzpatientin, die gestorben ist? Hast du darüber etwas erfahren?«
    »Das könnte dazugehören.«
    »Dazugehören – mein Gott, was ist los?«
    »Nichts«, sagte er.
    »Du kommst hier rein mit all diesen unheimlichen Erklärungen, und jetzt rückst du nicht raus mit der Sprache? Was ist in dich gefahren?«
    »Du bist morgen nicht mehr in der Brustmedizin, also dürfte es kein Problem sein. Tu nur deine Arbeit und halt dich von ihm fern.« Er lächelte. »Nimm keine Süßigkeiten von Fremden an.«
    »Das ist nicht lustig«, fuhr sie ihn an. »Du kannst nicht einfach …«
    »Glaubst du, dass ich dich aus der Fassung bringen will?«, sagte er.
    »Nein … ich weiß nicht. Ich wünschte, ich wüsste, was in dich gefahren ist. Warum willst du mir nicht sagen, was los ist?«
    Er dachte darüber nach.
    »Weil ich mir nicht sicher bin.«
    »Was Dirgrove betrifft?«
    »Was er alles getan hat.«
    »Alles.« Ihr Blick wurde hart. »Es geht um sie – Jocelyn –, hab ich Recht? Und mach nicht wieder zu wie neulich, als ich auf sie angespielt habe. Ich weiß, dass es die reinste Hölle für dich war und dass ich es niemals wirklich begreifen kann. Aber meinst du nicht auch, dass du mir nach

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