Der Pathologe
Geringsten. Er will nur sichergehen, dass Sie in der bestmöglichen Verfassung für die …«
»Vielleicht tu ich’s ja«, sagte sie. »Spinnen. Und wenn schon. Und was hat das damit zu tun, dass ich das Herz aufgeschnitten kriege? Und warum jetzt? All die Jahre ist es mir prima gegangen, und auf einmal … Ich bin zwanzig, ich muss nicht etwas tun, wozu ich keine Lust habe.«
»Wenn Sie Zweifel bezüglich der …«
»Sehen Sie, ich hab das hier«– sie klopfte sich auf die linke Brust –»seit meiner Geburt. Man sagt mir, in meinem Herz wäre ein Loch, aber ich fühle mich nicht anders als alle andern. Erst nachdem mir ein Doc das Stethoskop unters Hemd schiebt und es hört und alle anfangen auszuflippen.«
»Sie fühlen sich gut, warum sollten Sie also …«
»Es kommt mir einfach nicht richtig vor, verstehen Sie, was ich meine? Es geht mir ganz prima, als ich in diesem Scheißloch hier ankomme, und sie piksen mich und stopfen irgendwelchen Scheiß in mich rein und machen Röntgenbilder von mir und Tomographien und allen möglichen Scheiß, und jetzt werde ich morgen aufwachen und mich fühlen, als wäre ich von einem Lkw überfahren worden. Es ergibt keinen Sinn, aber versuchen Sie das mal
Mom
zu erzählen. Sie hat ja nur das
Beste
für mich im Sinn.«
»Ihre Mutter …«
»Meine Mutter
steht
auf Ärzte«, sagte Merilee. »Besonders die süßen. Sie hält Dirgrove für süß. Ich nicht. Ich halte ihn für einen steifen Knilch. Und weil Sie offensichtlich nach meinem Dad fragen wollen, sagen wir einfach, er arbeitet so um die achthundert Stunden pro Woche, zahlt die Rechnungen, schwimmt mit dem Strom.«
»Sie haben Recht«, sagte Jeremy. »Sie sind ein erwachsener Mensch, und es ist Ihr Körper, über den wir reden. Wenn Sie also ernsthafte Bedenken haben …«
»Nöö. Ich werde auch mit dem Strom schwimmen. Warum nicht? Was ist das Schlimmste, was passieren kann – dass ich sterbe?« Sie lachte.
Jeremy wollte etwas sagen, aber sie winkte ab. »Bilden Sie sich nicht ein, dass ich mit Ihnen Psychosmalltalk mache, zum Teufel damit. Selbst wenn ich wirklich spinne, was soll’s? Es ist nicht mein Gehirn, über das wir reden, es ist mein Herz.«
»Manchmal gibt es Dinge, die wir tun können, um die Erfahrung leichter zu machen«, sagte er. »Entspannungsübungen.«
»Ich hasse Übungen.«
»Das ist eher eine Art Meditation – Hypnose.«
Sie sah Jeremy mit zusammengekniffenen Augen an. »Was, Sie wollen mich in Schlaf versetzen und mir sagen, dass mein Herz in Ordnung ist und das Loch sich von selbst geschlossen hat? Wenn Sie das schaffen, klar, dann steigt die Party.«
»Tut mir Leid«, sagte Jeremy. »Das liegt ein bisschen außerhalb meiner Fähigkeiten.«
»Wer zum Teufel braucht Sie dann?«, sagte Merilee Saunders, die mit ihren Fingern wedelte, als wolle sie Dreck abstreifen. »Lassen Sie mich in Ruhe. Ich bin müde.«
Pat. eher wüt als ängstl. Versteht Notw der OP intellekt, aber nicht emot. Mehr Info über Art der OP durch Dr. Dirgrove empfohlen. Pat. verweigert Entsp.-Üb.
Dr. med. J. Carrier
Keiner seiner Triumphe.
Aber später am Tag hörte er seine Voice-Mail ab, und die dritte von einem Dutzend lautete: »Jeremy, hier ist Ted Dirgrove. Sie waren eine große Hilfe. Vielen Dank.«
22
Ein weiterer Umschlag kam mit der Hauspost. Dieselbe Herkunft: Otolaryngologie. Wieder einmal war der Empfänger nicht genannt, aber der Umschlag war in Jeremys Stapel gelandet.
Dieser Artikel war aus einer fünf Jahre alten Gynäkologie-Zeitschrift kopiert worden. Lasertechnik bei einer Hysterektomie zur Behandlung von Uterusmyomen, Endometritis und entzündlicher Verklebung des Beckens.
Am besten befindet sich die Patientin in der dorsalen Lithotomie-Position mit niedrigen Fußhaltern, aufgestützt und verhängt …
Ein anderes Team von Autoren, Ärzten und biomedizinischen Ingenieuren. Amerikaner, die in einer Universitätsklinik an der Westküste arbeiteten.
Konstruktion einer Blasenklappe … endoskopischer Kittner … Sezieren der breiten Ligamente.
Jeremy schob den Artikel wieder zurück in den Umschlag, ging hinüber zur psychiatrischen Abteilung und fragte Laura, die Sekretärin, die die Post verteilte, ob sie eine Ahnung hätte, wer den Umschlag abgeliefert habe.
»Das kommt alles in einem Stoß aus der Poststelle, Dr. Carrier.« Laura war knapp zwanzig, gerade mit dem Junior College fertig. Immer noch unerfahren genug, um großen Respekt vor den Ärzten zu haben.
»Das ist
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