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Der Patient

Titel: Der Patient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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werden es nicht wirklich so meinen, und der Älteste will sowieso nichts davon hören. Das hier ist ein Mord, und das ist sein Metier.
    Und so wird er, dachte Ricky, alleine weitermachen.
    Alleine und fest entschlossen, zu Ende zu führen, was er schon mal für erledigt hielt. Er wird zu einem weiteren Tod eilen.
     
    Nachdem er in seinem Zimmer gründlich alle Spuren seiner Existenz getilgt hatte, verließ er das Hotel. Bevor er aufbrach, kümmerte er sich noch um eine Reihe anderer Aufgaben, die zu erledigen waren. Er begab sich zur hiesigen Filiale einer Bank mit Hauptsitz in der Karibik. Dort eröffnete er ein einfaches Giro- und Sparkonto für Richard Lively. Als das erledigt war, zahlte er einen bescheidenen Betrag aus seiner verbliebenen Barschaft ein, verließ die Bank und lief die Madison Avenue zwei Häuserblocks weiter zur Crédit Suisse, an der eroftmals vorbeigekommen war, als er noch ein gewöhnlicher New Yorker war.
    Eine kleine Bankangestellte war begierig, ein neues Konto für Mr. Lively zu eröffnen. Es handelte sich dabei um ein traditionelles Sparkonto, doch es hatte einen besonderen Aspekt. An einem bestimmten Tag im Jahr sollte die Bank neunzig Prozent der angesammelten Gelder direkt telegrafisch auf die Kontonummer bei der karibischen Bank überweisen, die Ricky hinterließ. Sie sollten ihre Gebühren von der Restsumme abbuchen. Das Datum, das er dafür angab, war spontan und ohne große Überlegung gewählt. Zuerst dachte er an einen Geburtstag, dann an den seiner Frau, dann an den Tag, an dem er seinen eigenen Tod inszeniert hatte. Er zog auch den Geburtstag von Richard Lively in Betracht. Doch schließlich hatte er die Angestellte, eine recht nette junge Frau, die sich größte Mühe gab, ihm zu versichern, wie ganz und gar geheim das Konto und wie unantastbar die entsprechenden Vorschriften im Schweizer Bankwesen seien, gefragt, wann sie Geburtstag habe. Wie gehofft, hatte der nichts mit irgendeinem Datum zu tun, an das er sich erinnern konnte. Irgendwann Ende März. Der März markierte das Ende des Winters und den Frühlingsbeginn, versprach jedoch oft zuviel und kam mit tückischen Winden. Ein unbeständiger Monat. Er dankte der jungen Frau und erklärte, dies sei der Tag, an dem alljährlich die Überweisungen erfolgen sollten.
    Nachdem er das Geschäftliche erledigt hatte, kehrte Ricky zu dem Leihwagen zurück. Er sah sich nicht einmal um, während er durch die Straßen der Großstadt fuhr, zum Henry Hudson Parkway Richtung Norden. Er hatte viel zu tun und wenig Zeit.
    Er lieferte den Leihwagen ab und verbrachte den Tag damit, Frederick Lazarus zu beseitigen. Jede Mitgliedschaft, jede Kreditkarte, jeder Handyvertrag – alles, was mit dieser Rolle zusammenhing, wurde geschlossen, gestrichen, gelöscht. Er machte sogar einen Abstecher zu dem Waffengeschäft, in dem er Schießen gelernt hatte, und verbrachte, nachdem er eine Schachtel Patronen gekauft hatte, eine produktive Stunde am Schießstand und feuerte eine Salve nach der anderen auf eine schwarze Silhouettenscheibe ab, die in seiner Phantasie mit dem Mann verschmolz, der sich schon bald an ihn heranpirschen würde. Danach blieb er noch zu einer Plauderei mit dem Ladenbesitzer, in deren Verlauf er die Neuigkeit einfließen ließ, er werde die Gegend für einige Monate verlassen. Der Mann hinter der Theke zuckte die Achseln, nahm aber dennoch, wie Ricky merkte, die Nachricht zur Kenntnis.
    Und damit löste sich Frederick Lazarus in Wohlgefallen auf. Zumindest auf dem Papier. Er verschwand auch aus den wenigen Beziehungen, die es bei der Figur gegeben hatte. Als er mit allem fertig war, stellte Ricky fest, dass von der Person, die er erfunden hatte, nichts weiter übrig war als die mörderischen Neigungen, die er in sich aufgesogen hatte. Zumindest hoffte er, dass sie in seinem Innern noch lebendig waren.
    Richard Lively gestaltete sich da schon um einiges schwieriger, da Richard Lively ein wenig menschlicher war. Und Richard Lively war es auch, der weiterleben musste. Zugleich aber musste er aus dem Dunstkreis von Durham, New Hampshire, verschwinden, und zwar mit möglichst wenig Tamtam. Er musste das alles hinter sich lassen, doch für den unwahrscheinlichen Fall, dass eines schönen Tages irgendjemand kam und Fragen stellte und das Verschwinden mit diesem speziellen Wochenende in Verbindung brachte, durfte es nicht nach dem aussehen, was es war.
    Ricky dachte über das Dilemma nach und kam zu dem Schluss, dass er am

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