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Der Patient

Titel: Der Patient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Schizophrenie in diesem fortgeschrittenen Stadium muss medikamentös behandelt werden. Was ich mache, würde LuAnne vermutlich wenig helfen.« Detective Riggins wies mit der Hand auf ihren Tisch, an den seitlich ein Stuhl herangezogen war. Sie gingen zusammen hinüber. »Sie machen’s mit Reden, wie? Was für die Wortgewandten, die Probleme haben, he? Reden, reden, reden, reden, und früher oder später löst sich alles in Wohlgefallen auf?«
    »Das ist zwar sehr vereinfacht, Detective, aber nicht ganz daneben.«
    »Ich hatte eine Schwester, die nach ihrer Scheidung in Therapie gegangen ist. Hat ihr wirklich geholfen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Dagegen meine Kusine Marcie, die zu denen gehört, die immer so eine schwarze Wolke mit sich herumtragen – die ist drei Jahre lang zu jemandem gelaufen und war am Ende noch beschissener dran als vor der Therapie.«
    »Tut mir leid. Wie bei jedem anderen Beruf auch sind nicht alle Therapeuten gleichermaßen kompetent.«
    Ricky und die Kommissarin setzten sich an den Schreibtisch.
    »Aber …«
    Detective Riggins unterbrach ihn, bevor er mit seiner Frage weiterkam. »Sie sagten, Sie waren Mr. Zimmermans Therapeut, nicht wahr?«
    Sie zog Notizblock und Bleistift heraus.
    »Ja. Er war seit einem Jahr in Analyse. Aber …«
    »Und haben Sie bei ihm in den letzten Wochen irgendwelche erhöhten Selbstmordneigungen festgestellt?«
    »Nein, keineswegs«, sagte Ricky entschieden.
    Die Kommissarin zog gelinde erstaunt die Augenbrauen hoch. »Tatsächlich nicht? Auch nicht andeutungsweise?«
    »Nein, bestimmt«, erwiderte Ricky. »Ich würde sogar sagen …«
    »Demnach hat er bei der Analyse Fortschritte gemacht?«
    Ricky zögerte mit der Antwort.
    »Ja?«, hakte die Ermittlerin nach. »Ging es ihm allmählich besser? Hatte er seine Gefühle besser im Griff? Mehr Selbstvertrauen? Mehr Tatendrang? War er weniger depressiv? Weniger wütend?«
    Wieder ließ sich Ricky mit der Antwort Zeit. »Ich würde sagen, es wäre verfrüht, von so was wie einem Durchbruch zu sprechen. Er hat immer noch mit den Problemen gerungen, die ihm das Leben schwer gemacht haben.«
    Detective Riggins hatte dafür ein süßsäuerliches Lächeln übrig. Ihre Worte hatten einen scharfen Unterton. »Man könnte also sagen, dass er nach fast einem Jahr nahezu ununterbrochener Behandlung, fünfzig Minuten täglich, fünf Tage die Woche – warten Sie, achtundvierzig Wochen im Jahr –, immer noch deprimiert und frustriert von seinem Leben war?«
    Ricky biss sich kurz auf die Lippe und nickte.
    Detective Riggins schrieb ein paar Bemerkungen auf ihrenBlock. Ricky konnte nicht erkennen, was. »Wäre Verzweiflung ein zu starkes Wort für seine Befindlichkeit?«
    »Ja«, sagte Ricky gereizt.
    »Selbst wenn es das erste Wort ist, das seiner Mutter, mit der er zusammenlebte, in den Sinn kam? Und mehreren Arbeitskollegen?«
    »Ja«, insistierte Ricky.
    »Sie glauben also nicht, dass er selbstmordgefährdet war?«
    »Das sagte ich ja bereits, Detective. Er wies keines der klassischen Symptome auf. Andernfalls hätte ich Maßnahmen ergriffen …«
    »Welcher Art?«
    »Wir hätten versucht, die Sitzungen auf bestimmte Problemfelder zu konzentrieren. Vielleicht auch Medikamente, wenn ich an eine ernsthafte Bedrohung geglaubt hätte …«
    »Haben Sie nicht gerade gesagt, Sie verschreiben nicht gerne Pillen?«
    »Das simmt, aber …«
    »Wollen Sie nicht in Urlaub, und zwar schon ziemlich bald?«
    »Ja, morgen, zumindest ist es so geplant. Aber was hat das …«
    »Demnach sollte morgen seine therapeutische Rettungsleine in Urlaub gehen?«
    »Ja, aber ich kann nicht erkennen …«
    Die Kommissarin lächelte. »Interessante Wortwahl für einen Seelenklempner.«
    »Was für eine Wortwahl?«, fragte Ricky, dessen Geduldsfaden zu reißen drohte.
    »Kann nicht erkennen …«, sagte Detective Riggins. »Würde Ihr Berufsstand so was nicht als Freudschen Versprecher bezeichnen?«
    »Nein.«
    »Dann glauben Sie einfach nicht, dass er Selbstmord begangen hat?«
    »Nein, ich denke eher …«
    »Haben Sie in der Vergangenheit schon einmal einen Patienten durch Selbstmord verloren?«
    »Ja, leider. Doch in dem Fall gab es glasklare Zeichen. Meine Bemühungen um diesen Patienten waren für seinen Grad an Depression leider unzureichend.«
    »Hat dieser Fehlschlag bei Ihnen eine Weile tief gesessen, Doktor?«
    »Ja«, erwiderte Ricky unterkühlt.
    »Es wäre schlecht fürs Geschäft und wirklich schlecht für Ihren Ruf, falls

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