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Der Pestengel von Freiburg

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Titel: Der Pestengel von Freiburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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hatte.

Kapitel 31
    N ach langem Feilschen war Behaimer mit dem Mann, der sein Haus kaufen wollte, handelseinig geworden. Hundertfünfzig rheinische Goldgulden würde er erhalten, weniger als gefordert zwar, doch das Angebot an freigewordenen Häusern wurde täglich größer. Ohnehin wunderte er sich, wie ein armseliger Leinwandkrämer ein solches Vermögen aufbringen konnte, doch das musste ihn nicht kümmern. Er war in bester Stimmung, hatte er doch von dem guten Mann erfahren, dass der Tuchersohn auf Nimmerwiedersehen aus der Stadt verschwunden war, nicht ohne seine eigene Mutter noch aufs schändlichste beklaut zu haben. Nun brauchte er diese elende Schmeißfliege nicht mehr zu fürchten.
    Schon zu Mittag, vor dem Verkaufsgespräch, hatte er bei Clara Grathwohl angeklopft, doch da war sie noch unterwegs gewesen. Jetzt, zur vierten Nachmittagsstunde, versuchte er es erneut. Notfalls würde er vor ihrem Hoftor warten, er hatte schließlich Zeit. Seine Kisten waren gepackt, in drei Tagen sollte es losgehen, hinauf auf die Baar.
    Gerade als er von der Marktstraße her in das schmale Gässchen einbog, sah er sie das Hoftor aufschließen. Sie trug einen verblichenen hellblauen Umhang, in dem er sie schon einige Male in die Häuser der Kranken hatte gehen sehen. Zunächst wartete er noch, bis sie drinnen verschwunden war, dann schlug er den schweren Eisenring gegen das Holz des Tores.
    «Wer da?», hörte er sie von der Haustür her rufen.
    «Filibertus Behaimer. Ich komme wegen einer Handschrift, die ich deinem Mann einst geliehen habe.»
    «Kommt morgen früh wieder. Ich hab jetzt keine Zeit.»
    «Liebe Clara – nur auf einen kleinen Augenblick.»
    Kurz darauf hörte er, wie nacheinander zwei Riegel zurückgeschoben wurden. Das Tor öffnete sich einen Spaltbreit.
    «Was für eine Handschrift soll das sein?»
    Von ihrem Gesicht waren nur Nasenspitze, Mund und Kinn zu sehen. Sofort fiel ihm auf, was für volle Lippen sie noch für ihr Alter hatte. Er räusperte sich.
    «Ein Regimen sanitatis, ein kleines Büchlein. Kann ich hereinkommen?»
    Sie schien zu zögern. Endlich öffnete sich der Torflügel, und Behaimer folgte ihr durch die offene Haustür in die Küche. Wie ärmlich es hier aussah, dachte er. Er war schon lange nicht mehr in einfacher Leute Häusern gewesen. In einiger Entfernung von ihr blieb er stehen.
    «Du bist am Salbenbereiten?» Sein Blick glitt über die Tiegel, Schälchen und mit Kräutern gefüllten Kästchen, die über den Küchentisch verteilt standen. «Du weißt aber schon, dass das nur dem Apotheker erlaubt ist?»
    «Sagt Ihr mir nicht, was erlaubt ist und was nicht.» Jetzt begannen ihre hellbraunen Augen doch tatsächlich zornig zu funkeln. Es stand ihr gut, fand Behaimer, es hatte so etwas Leidenschaftliches. Und ihr braunes Haar, das sie am Hinterkopf hochgesteckt hatte, war noch immer voll und kräftig, mit nur wenigen silbergrauen Strähnen. Hatte er bis dahin den Gedanken, sie könne die Pestilenz in sich tragen, nicht unterdrücken können, so war jetzt jeder Zweifel verflogen: Diese Frau verkörperte das blühende Leben!
    Er lächelte besänftigend. «Wo denkst du hin, liebe Clara?Ganz im Gegenteil. Hier», er zog ein dunkles Fläschchen aus seiner Tasche, «ich dachte mir, ein wenig Baumöl könntest du in deiner Kräuterküche gut brauchen. Ich weiß schließlich, wie teuer es inzwischen ist.»
    «Ich brauch keine Geschenke von Euch.»
    «Sieh es nicht als Geschenk, sondern als kleines Almosen an all die armen Kranken, die du behandelst. Großartig, wie du die Mission deines Heinrich   – Gott hab ihn selig! – weiterführst.» Er bekreuzigte sich flüchtig. «Ich hoffe nur, du weißt dich zu schützen vor der Seuche. Ach, was rede ich da – ganz gewiss weißt du das. Eine Frau wie du!» Er holte tief Luft. «Ach Clara, ich habe dich immer schon bewundert. Vielleicht bin ich dir ja manchmal ein wenig grob erschienen, aber so sind wir Männer nun mal. Wenn eine Frau außergewöhnliche Fähigkeiten an den Tag legt, so wie du als Heilkundige, dann ist das für uns   …»
    «Hört auf, mir Honig ums Maul zu schmieren. Kommen wir lieber zur Sache. Ich habe Euch nämlich auch etwas Wichtiges zu sagen.» Er hörte ein leichtes Zittern aus ihrer Stimme heraus. «Was die Schrift betrifft – ich glaube nicht, dass sie noch hier im Haus ist, das müsste ich wissen. Aber ich schau gerne noch einmal in der Stube nach. Wartet hier.»
    Er sah ihr nach, wie sie aufrecht und erhobenen Kopfes

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