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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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gottesfürchtigen, talentierten jungen Männern die Heilkräfte der Natur näherbringen zu können. So wurde aus Bruder Nepomuk nicht nur ein Heilkundiger, sondern ein Gelehrter, der sein Leben der Hilfe Kranker verschrieben hat. Er hat nicht nur die Heilwirkung der verschiedensten Pflanzen studiert, sondern auch noch die scholastische Medizin und die Chirurgie. Vor seiner Privatreise nach Sigmaringen weilte er sogar in Wien und Salzburg, um dort als Universitätsprofessor zu wirken.«
    Als der Kastellan dies hörte, musste er schmunzeln. Von wegen Hufschmied, dachte er, leicht den Kopf schüttelnd. Obwohl seine Gedanken einen Moment zu ihrem ersten Treffen nach Hörbranz abschweiften, hörte er dem Abt weiterhin aufmerksam zu.
    »Dies, meine Brüder, ist es aber nicht, was ich euch sagen wollte. Unabhängig davon, dass Stolz eine Sünde ist, dürfen wir uns freuen, einen der hervorragendsten Heiler unserer Zeit hervorgebracht zu haben, … und dem folgt bereits der nächste auf dem Fuß.«
    Der Abt wandte sich jetzt Eginhard zu: »Unser junger Medicus aus dem Allgäu hat es innerhalb kürzester Zeit geschafft, in die fürwahr großen Fußstapfen Bruder Nepomuks zu treten.«
    Ein betagter Mönch fürchtete sich nicht, den Abt zu unterbrechen und repetierte, für alle hörbar: »Er hat fürwahr große Füße!«
    Mit Blick auf den Hünen musste der Abt selbst schmunzeln und wartete geduldig ab, bis das Lachen der Mönche verstummt war, bevor er mit salbungsvollen Worten weitersprach: »Dass Eginhard eines Tages ein Meister seines Fachs werden würde, konnten Bruder Alfons und ich schnell erkennen. So haben wir seinerzeit die nötigen Schritte eingeleitet, um ihm eine möglichst gute Ausbildung angedeihen zu lassen. In der leisen Hoffnung, dass Eginhard eines Tages unserem Kloster dienen würde, haben wir nicht nur die Immatrikulationsgebühr und die Prüftaxen entrichtet, sondern auch noch die nötige Gelehrtentracht bezahlt. Für die Graduierung ist unser Kloster ebenso aufgekommen wie für die Bezahlung der Dozenten und der Prüfer. Damit sich seine Eltern nicht sorgen, haben wir ihm auferlegt, nicht darüber zu sprechen … Außerdem war dies auch sein eigener Wunsch. Zudem wollten wir ihn davor bewahren, während seiner Universitätsaufenthalte in Studentenhäusern wohnen zu müssen. Deswegen haben wir ihn bei unseren geistlichen Mitbrüdern in Salzburg und Wien untergebracht. Auch dies, baten wir Eginhard, so lange für sich zu behalten, bis er seinen Abschluss hat … Immerhin wird unsere noch junge ›Klosteruniversität‹ von oben her aufmerksam beobachtet.«
    An den merkbar verdutzt dreinschauenden Kastellan gewandt, fuhr er fort: »Werter Herr Dreyling von Wagrain! Ich sage Euch dies nicht, um etwas zurückzufordern. Wir taten alles aus freien Stücken und nicht, um Eginhard an unser Kloster zu binden, sondern allein aus der Entscheidung heraus, einem talentierten jungen Mann den Weg in ein Leben zum Gefallen Gottes und zum Wohle der Menschheit zu ebnen. Und dass diese Entscheidung richtig war, wissen wir heute. Wohl kaum ein Studiosus hat die Doctorwürde, … die allerdings erst noch bestätigt werden muss«, fügte er schnell noch ein, »… in solch kurzer Zeit erlangt wie Eginhard. Dies grenzt nicht an ein durch unsere Gnadenmutter verursachtes Wunder, sondern ist allein Eginhard selbst zuzuschreiben.«
    Während der Abt weitererzählte, blickte er immer noch den Kastellan an. »Euer Sohn hat sich an keinem einzigen Tag so aufgeführt wie die Scholaren des Mittelalters, die es noch heute in den Universitäten zuhauf zu geben scheint. Da er niemals frech und aufmüpfig war, hat ihm zu keiner Zeit aufgrund von Ungehorsam oder gar von Sittenlosigkeit die Relegation gedroht. Im Gegenteil: Schon als junger Studiosus hat sich Eginhard tagtäglich der Disputation und der Repetition mit seinen Professoren und mit uns allen gestellt. Anstatt in Salzburg und in Wien die Nächte mit seinen saufenden, raufenden und hurenden Kommilitonen zu verbringen, hat er sich vorbildlich auf seine Examina vorbereitet«, drohte der Abt ins Schimpfen abzugleiten, wurde aber durch allseitiges Gemurmel anlässlich des Gehörten wieder auf das gelenkt, was er eigentlich sagen wollte. Dabei merkte er, dass der Kastellan nicht mehr wusste, wovon überhaupt gesprochen wurde, und stellte gleichzeitig fest, dass es Eginhard unangenehm zu sein schien, weil sein Vater jetzt erst, und nicht von ihm selbst, davon erfuhr.
    Während der

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