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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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seine fatale Lage und erkannte, dass er in einer Falle steckte, aus der es kein Entkommen gab, falls er von seinem Verfolger entdeckt würde. Jetzt erst wurde ihm klar, was die kleine Lea mitgemacht haben musste, als sie sich in dieses Loch, das einem Grab glich, geflüchtet hatte. Lodewig wollte gerade durch einen schmalen Schlitz nach draußen spitzeln, als er hörte, wie jemand über den Bretterhaufen stieg.
    »Zeig dich, dann gewähre ich dir einen gnädigen Tod! Ich finde dich sowieso«, vernahm er ein ekelhaft klingendes Flüstern.
    Plötzlich wusste Lodewig, wem diese Stimme gehörte. Es handelte sich gewiss um den Mann, dessen Unterhaltung mit einem Unbekannten er vor längerer Zeit zusammen mit seinem Bruder Diederich auf dem Kirchhof belauscht hatte. Diese Stimme gehörte zweifelsfrei dem Totengräber Ruland Berging.

Kapitel 43
     
    Inzwischen hatte sich der angeheiterte Nepomuk von Johannes Glatt, seinem Mitbruder im Herrn, längst verabschiedet und war wieder im Schloss, wo er seinem Freund Ulrich mit schlechtem Gewissen berichtete, dass Lodewig das Propsteigebäude verlassen hatte, ohne zu sagen, wohin er wollte. »… und seither ist er verschwunden.«
    »Sag mal, bist du verrückt geworden? Wie konntest du ihn nach draußen ins pestverseuchte Dorf gehen lassen, während du dich mit dem Propst sinnlos betrinkst?«, empörte sich der Kastellan.
    Der Mönch senkte beschämt sein Haupt: »Es tut mir ja leid. Aber ich habe wirklich nicht gemerkt, dass Lodewig rausgegangen ist. Erst als ich mit Propst Glatt … äh … Johannes … Brüderschaft getrunken habe und ihn darum bitten wollte, Lodewigs und Sarahs Glück mit der Kindstaufe zu besiegeln, habe ich festgestellt, dass dein Sohn verschwunden war.«
    »Und der Pfarrer hat auch nichts davon mitbekommen?«, kam es in fast lästerlichem Ton zurück.
    »Natürlich nicht. Dann hätte er ja etwas gesagt und mir bei der Suche geholfen … «, Nepomuk zog gleichzeitig die Augenbrauen und die Lippen zusammen, »wenn er nicht zu viel Wein intus gehabt hätte.«
    »Und was hast du gemacht, als du es endlich bemerkt hast?«, schnauzte der besorgte Vater seinen betreten dreinschauenden Freund an.
    »Was wohl? Ich bin sofort aus der Propstei gestürzt und habe laut nach Lodewig gerufen, während ich die Straße auf und ab gelaufen bin. Als keine Antwort gekommen ist, habe ich es als sinnvoller angesehen, dich zu informieren, anstatt wie ein blindes Huhn durch ein Dorf zu irren, in dem ich mich nicht auskenne. Ich dachte, es wäre wohl am besten, wenn du sofort einen Suchtrupp zusammenstellst.«
    Der Kastellan rieb sich die Stirn und drückte mit seiner Faust sanft gegen Nepomuks Brust. »Damit hast du recht getan. Verzeih mir. Ich weiß, dass du nichts dafür kannst. Es muss ja nicht gleich etwas Schlimmes geschehen sein. Lodewig ist ja schließlich erwachsen. Lass uns jetzt gemeinsam nach ihm suchen … oder schaffst du es in deinem Zustand ebenso wenig wie der Propst?«
    Um zu demonstrieren, dass ihm der Bodenseewein nichts hatte anhaben können, baute sich Nepomuk kerzengerade vor Ulrich auf und stemmte zur Unterstreichung seiner guten Verfassung die Fäuste in die Hüften.
    »Ist ja schon gut, mein Freund … , und jetzt komm!«
     
    Während die beiden Männer sich für die Suche bereit machten, taten sich Ignaz und Rudolph zusammen. Als Siegbert das Tor öffnete, befahl ihm der Kastellan streng, keinesfalls die Frauen zu informieren.
    »Aber was soll ich antworten, wenn sie nach Euch fragen?«
    »Sag ihnen … Sag ihnen, dass wir zum Propst gegangen sind, um etwas zu besprechen.«
    »So spät am Abend noch? Es dunkelt schon und der Nebel hat sich verstärkt.«
    Die Aussage des Kastellans sorgte nicht nur für Stirnrunzeln beim Wachhabenden, sondern zog auch den Missmut des Benediktiners auf sich: »Du sollst nicht lügen, spricht der Herr.«
    »Und du kannst mir ja die Beichte abnehmen«, parierte der Kastellan, »… aber erst, wenn du wieder nüchtern bist und wir Lodewig gefunden haben. Und jetzt: Auf geht’s!«
     
    *
     
    Die Männer hatten sich schon vor einer Stunde getrennt und suchten seither fieberhaft nach dem vermissten jungen Mann. Bevor sie zum Weg, der nach Weißach führte, gelangten, waren der Kastellan und Nepomuk an der Kirche vorbeigekommen und hatten hineingeschaut.
    »Ich wusste ja, dass es derzeit nicht zum Besten mit eurer Pfarrkirche steht. Dass unser verehrter Propst aber einen derartigen Saustall hinterlassen hat, ist fürwahr

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