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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Höhle kein Anwesen ist und die Leute sowieso kaum aus den Häusern gehen, muss ich mir diesbezüglich eigentlich keine Gedanken machen, beruhigte er sich selbst.
    Dennoch hatte er Sorge, dass jetzt noch, kurz bevor er endgültig aus Staufen zu verschwinden gedachte, etwas Unvorhergesehenes geschehen könnte. Zu stark hatten sich die Bilder des am Galgen hängenden Arztes Heinrich Schwartz in sein Gedächtnis eingebrannt. In den letzten Tagen war der zuvor kaltblütige Mörder zunehmend ängstlicher … und vorsichtiger geworden. Er spürte, dass irgendetwas Ungutes in der Luft lag.
    Für ihn sollte es dennoch ein guter Tag werden. Fabio würde sich nicht blicken lassen und er hatte viel vor, um seine sinnlosen Rachegelüste zu befriedigen. Dafür war er gut gerüstet: Er hatte mehrere Kälberstricke, ein paar Fleischerhaken, unterschiedliche Zangen, einen Hammer, anderes Werkzeug und Nägel aller Größen zusammengekramt und in seiner Tasche verstaut. Darüber hinaus hatte er etwas trockenes Brot und einen großen mit Wasser gefüllten Krug dabei.
    Der Sohn des Kastellans soll weder sofort verdursten noch verhungern. Dadurch werde ich mich bei ihm für Heinrichs Tod rächen. Außerdem hat mir dieser Dreckskerl lange genug den Schlaf geraubt. Dafür wird er jetzt eines qualvollen Todes sterben, nahm sich der Totengräber vor.
     
    Lodewig war in einem miserablen Zustand und hatte am ganzen Körper schmerzende Blessuren, die ihn in der vergangenen Nacht nicht zur Ruhe hatten kommen lassen. Körper und Geist waren ständig zwischen einem komatösen Zustand und halbem Wachsein hin- und hergewechselt. Dennoch hatte die Stille des Dunkels seine Sinne geschärft.
    Obwohl durch den Höhleneingang nur wenig des wintergrauen Lichts einfiel, erkannte Lodewig inmitten der bizarren Tropfsteingebilde unweit vor sich die Konturen eines menschlichen Körpers.
    »He!«, presste er mühsam heraus. »Wer seid Ihr? Könnt Ihr mir helfen?«
    Als er trotz mehrmaligen Ansprechens keine Antwort bekam und bei dieser Person nicht die geringste Bewegung ausmachen konnte, saugten sich seine Blicke so lange daran fest, bis er erkannte, dass dieser Mensch nichts mehr sagen konnte, weil er tot war. Um wessen sterbliche Überreste es sich dabei handelte, wusste Lodewig nicht gleich. Aber er sah, dass es ein Kind war.
    Schlagartig fiel ihm der vermisste Sohn des Blaufärbers ein: »Didrik?«
    Obwohl ihn bei diesem Gedanken schauderte und er sich am liebsten vergewissert hätte, hatte er jetzt keine Zeit für momentan unnütze Überlegungen. Lodewig hörte Schritte auf dem verharschten Grasboden vor der Höhle. Er wusste nicht, ob er jetzt um Hilfe rufen oder dies besser lassen sollte. Um zu ergründen, ob die Schritte näher kamen, konzentrierte er sich mit all seinen Sinnen darauf und hielt ein Ohr in Richtung Höhleneingang.
    Dieses verdammte Getropfe!, verteufelte er das einzige Geräusch, das er – außer zwischendurch ein Fledermausgepfeife und -geflattere – die ganze Nacht über gehört hatte.
    Sollten sich die Schritte der Höhle nähern, würde es sich nur um seinen Peiniger handeln können. Andernfalls – so nahm sich Lodewig vor – würde er versuchen, durch Geräusche auf sich aufmerksam zu machen. Aber er musste die Hoffnung schnell aufgeben. Es war tatsächlich der Totengräber, der auf die Höhle zukam. Wer sollte sich – gerade um diese Jahreszeit – auch sonst hierher verirren? Aufgrund seines Zustandes hätte es der Sohn des Kastellans sowieso nicht geschafft zu schreien, geschweige denn aufzustehen und nach draußen zu laufen.
    »So, mein Freundchen! Jetzt unternehmen wir einen kleinen Ausflug«, hallte es durch den Höhleneingang herein.
    Lodewigs Augen schmerzten, als der helle Schein einer Öllampe in das Höhleninnere drang und Bewegung in die Fledermauskolonie brachte.
    Der Totengräber war erleichtert, dass aus seiner Sicht alles in Ordnung war, und befasste sich sogleich mit seinem Opfer. Während er es gewaltsam hochzerrte und dabei Wahnsinnsschmerzen in dessen sämtlichen Gliedern verursachte, fiel Lodewigs Blick wieder auf die kleine Gestalt, die er jetzt im Lichterschein besser sehen konnte. Er musterte die teilweise mumifizierte, teilweise skelettierte Leiche, konnte aber aufgrund der total vermoderten Gewandung nicht erkennen, ob es sich um einen Buben oder ein Mädchen, geschweige denn, ob es sich tatsächlich um Didrik handelte. Außerdem hatte er den jüngsten Sohn der Blaufärber nicht besonders gut

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