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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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über die zusammengekniffenen Augen und blickte auf die andere Seite des Buckels, wo er weder eine Menschenseele noch Kampfspuren oder etwas anderes, das auf Unannehmlichkeiten, die der gräfliche Tross gehabt haben könnte, schließen lassen würde, sah. Um bis zur nächsten Erhebung schauen zu können, machte er sich auch noch die Mühe, nach Burkatshofen hinunterzureiten. Nichts! Der Tross des Grafen schien nicht zu kommen. Nachdem der Kastellan eine ganze Zeit lang Ausschau gehalten hatte, ritt er zurück und schlug vor – nachdem er den Staufnern alles berichtet hatte – , noch bis zum nächsten Glockenschlag zu warten und – sollte sich bis dahin nichts rühren – die Aktion abzubrechen. Die fünfte Stunde schlug und es war immer noch niemand zu sehen. Also machten sich die Leute, enttäuscht maulend, auf den Nachhauseweg.
    Der Kastellan bat den Propst, zusammen mit Siegbert für einen geordneten Rückzug zu sorgen.
    »Und was machst du?«
    »Ich habe keine Ruhe und werde unserem Herrn so weit entgegenreiten, bis ich ihn aufgespürt habe … , und wenn ich die halbe Nacht durchreiten muss.«
    »Aber du weißt doch nicht, welchen Weg sie am Bodensee unten gewählt haben.«
    »Meiner Treu: Du hast recht! … Aber ich muss es riskieren, den falschen Weg zu erwischen. Ach, noch etwas, Johannes: Geh bitte zu Konstanze und überbringe ihr die Botschaft, dass ich später komme und sie sich keine Sorgen zu machen braucht. Sie ist mir immer noch gram, dass ich nach unserem Gespräch in deinen Räumen nicht sofort ins Schloss zurückgeritten bin, um mich für die Verspätung zu entschuldigen. Und dass ich stattdessen direkt zum Siechenhaus aufgebrochen bin, hat sie zusätzlich geärgert … , obwohl sie überhaupt nicht zu Hause gewesen wäre. Da sie aufgrund ihrer zurückliegenden Krankheit immer noch recht geschwächt ist, wollte ich ihr heute den Weg hierher und zurück nicht zumuten. Sie wird schon sehnsüchtig auf mich warten. Ich danke dir dafür!«
    »Ja, ja, die holde Weiblichkeit – ich weiß schon, warum ich ihr entsage«, lästerte der Priester lächelnd, bevor er wieder ernst wurde. »Sei unbesorgt. Ich grüße sie von dir und erkläre ihr die Situation.«
    Als der Kastellan davonpreschen wollte, ließ der Propst den Zügel, an dem er sich während des ganzen Gespräches festgehalten hatte, nicht gleich los. »Warte! Der Herr segne dich und die anderen.«
    Der tiefgläubige Reiter zeichnete sich mit dem Daumen das kleine Kreuz auf Stirn, Mund und Brust, auf die er zum Eingeständnis von Schuld auch noch klopfte, bevor sein Rabe vom Propst einen Klaps auf die Hinterbacke bekam und er das Pferd in Richtung Weiler lenkte. Gleichzeitig setzten sich die enttäuschten Menschen unter Führung des Propstes in die entgegengesetzte Richtung in Bewegung. Der Seelsorger nützte die Gelegenheit, um aus dem kleinen Ausflug einen Bittgang zu machen: »Beten wir für die gute Rückkehr des Grafen und seiner Begleiter … und für unseren Ortsvorsteher. Vater unser, der du bist im Himmel … « Ein gleichförmiges Gemurmel setzte ein.
     
    *
     
    Im Schloss Staufen waren längst alle Kerzen ausgeblasen. Die Kinder des Kastellans schliefen selig. Auch Rosalinde, Ignaz, Fabio und Siegbert hatten es sich auf ihren Strohmatratzen gemütlich gemacht. Nur Konstanze saß noch in der Küche und grübelte im matten Schein des ausgehenden Kaminfeuers vor sich hin. Bei dem Gedanken, dass ihrem Mann etwas hätte geschehen sein können, fröstelte sie.
    Rudolph schob Wache und kontrollierte gerade das Haupttor. Wenn ich schon vor dem Tor bin, kann ich mich auch schnell erleichtern, dachte er und stellte die Laterne auf den Boden. Als er so vor sich hin pfiff und gelangweilt nach rechts blickte, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Ein Lichtermeer bewegte sich aus dem Ort heraus den Schlossberg hoch. Obwohl er noch nicht fertig war, beendete er sofort, was er gerade tat, und blies ins Alarmhorn.
    Ein Schlossbewohner nach dem anderen kam herausgerannt, um zu sehen, was los war.
    »Das darf doch nicht wahr sein! Der Tross des Grafen«, rief Konstanze erschrocken, aber freudig. »… hoffentlich ist Ulrich dabei.«
    Obwohl kein Schlossverwalter da war, der Befehle geben konnte, ging jetzt alles ganz schnell. Die eingespielte Mannschaft wusste auch so, was zu tun war. In der Schnelle weniger Augenaufschläge brachten alle ihre Gewandungen in Ordnung, hielten gleich darauf brennende Fackeln, Kerzen oder Holzspäne in den Händen und

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