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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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mit öffentlichem Feuerspiel geben würde, zu dem er auch einige der honorigen Bürgerpaare einzuladen gedächte. Beiläufig tat Speen sein Problem kund, über keine Arbeitskräfte zu verfügen, um das Schloss für den Empfang der gräflichen Familie gebührend herrichten zu können. Schon am nächsten Tag meldeten sich Dutzende Freiwillige. Ja, sie schlugen sich fast darum, für Putzarbeiten im Schloss als würdig erachtet und von Speen genommen zu werden.
    Auch wenn sich die wenigsten von ihnen tatsächlich über eine Einladung freuen dürften, so hatten sie jetzt doch die einmalige Gelegenheit, sich im Schloss mehr oder weniger frei bewegen und in aller Ruhe umsehen zu können. Immerhin verfügten sie dann über interne Kenntnisse, die ihnen einmal nützlich sein könnten … , und sei es nur, um Sprüche klopfen zu können. Dies allein war ihnen schon die Mühe wert. Außerdem konnte es nicht schaden, dem Regenten zu Gefallen zu sein.
    Wer weiß, wann man ihn persönlich einmal braucht, dachten die Helferinnen, die zwar wussten, dass sie nicht entlohnt würden, dafür aber umso mehr hofften, der Graf würde vom Oberamtmann erfahren, dass sie sich freiwillig am Putzdienst beteiligt hatten.
    »Das Schloss muss glänzen! Beeilt euch! Aber macht eure Arbeit gründlich«, schrie der übereifrige Amtsdiener Funk so laut durch die Schlosshalle, dass es in den oberen Sälen nur so hallte. Während Frauen aus den umliegenden Bürgerhäusern damit beschäftigt waren, die von Speen persönlich abgezählten Kerzen in alle Zimmer des herrschaftlichen Wohntraktes zu bringen und mit ihren Töchtern zusammen das inventarisierte Geschirr zu polieren, nahmen deren Mägde die schützenden Leintücher von den Möbeln, staubten ab und putzten, was das Zeug hielt. Die ehrsüchtigen Bürgerinnen spannten auch ihre Söhne ein, damit diese Brennholz für die Küche und den Majolikaofen des prächtigen Repräsentationssaales im zweiten Stock organisierten, während die Knechte dorthin schwere Eichentische, Stühle und Anrichten schleppten. Die einen putzen die Stallungen, die anderen trugen krettenweise Lebensmittel herbei, während sie dabei von den extra hierfür abgestellten Soldaten nicht aus den Augen gelassen wurden. Zu rar und zu kostbar waren die Fressalien, als dass sie in den Schürzen der, teilweise vermeintlich, arbeitsamen Frauen verschwinden durften. Unter der Fuchtel der ansonsten weniger an Arbeit, sondern mehr an Müßiggang gewohnten Immenstädter Bürgerinnen lief die Sache wie geschmiert.
    Damit sich die wertvollen Wohngegenstände und das Geschirr nicht wundersam dezimierten, stellte Speen zusätzlich auch noch einige Beamte ab, die wachsamen Auges durch die hochherrschaftlichen Räume patrouillierten.
     
    *
     
    Mittlerweile hatte Ulrich Dreyling von Wagrain erfahren, dass der gräfliche Tross am kommenden Freitag nach der Mitte des Tages den Hahnschenkel überwinden und sich somit ganz in der Nähe Staufens befinden würde. Der Zug wollte aber auf direktem Weg nach Immenstadt weiterreisen und keinen Halt in Staufen machen. Als dies dem Kastellan mitgeteilt wurde, war er enttäuscht darüber, dass sich der Graf in Staufen nicht die Ehre geben würde. Immerhin war sein geliebter Herr schon ewig nicht mehr in seinem Zweitschloss gewesen. Da es nur ein kleiner Abstecher gewesen wäre und es zudem viel zu bereden gäbe, hatten er und der Propst insgeheim doch noch auf den hohen Besuch gehofft. Im Staufner Schloss wäre alles vorbereitet gewesen – auch ohne die Hilfe der hiesigen weiblichen Bevölkerung, die andere Sorgen hatte, als auf eine Einladung des Grafen zu spekulieren.
    Obwohl im Schloss auch alles bestens gepflegt war, wenn kein Besuch erwartet wurde, überprüfte Konstanze alle Räume und ließ von ihrer Magd Rosalinde in den herrschaftlichen Gemächern sogar die kleinsten Staubflusen wegwischen.
    Da für die seinerzeitige gerichtliche Anhörung des Arztes das gesamte Mobiliar ins Gelbschwarze Streifenzimmer umgeräumt hatte werden müssen und die Anordnung von Tischen und Stühlen immer noch so stand wie damals, musste Lodewig dafür sorgen, dass jetzt schnellstens wieder der Urzustand hergestellt wurde. Man hatte damals noch nicht gewusst, ob Fabio zu trauen war, und so hatte der die Innenräume des Schlosses noch nicht betreten und dementsprechend auch nicht beim Umräumen helfen dürfen. Aber mittlerweile hatte er sich nicht nur gut eingelebt, sondern auch prächtig entwickelt. Der ehemalige

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