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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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umlenkte. »Und wo kommt ihr her?«
    Dem erfahrenen Mann blieb nicht verborgen, dass Lodewig sich zwar um eine Antwort bemühte, aber nicht darauf vorbereitet war und dementsprechend auch nichts herausbrachte. Gleichzeitig liefen auch noch Sarahs Wangen rot an, noch bevor sie verschämt ihren Kopf senken konnte. Um der Situation die Peinlichkeit zu nehmen, schwang sich Lodewigs verständnisvoller Vater gleich wieder aufs Ross und flunkerte lächelnd, dass er es eilig habe und deswegen weiter muss. »Was macht Mutter?«, fragte er beiläufig, als er schon ein paar Fuß entfernt war.
    »Sie ist bei Frau Bomberg«, kam die kurze Antwort.
    »Und Diederich?«
    »Der spielt mit Lea vor unserem Haus«, traute sich jetzt Sarah zu antworten. Wie schon Lodewig in die Familie Bomberg, so hatte auch sie mittlerweile Vertrauen zur Familie Dreyling von Wagrain gewonnen.
    Fürwahr ein schönes Paar, dachte der Kastellan, während er, zufrieden winkend, weiterritt.
    Sarah und Lodewig sahen sich an und mussten lauthals lachen, während sie – wieder händchenhaltend – heimwärts gingen.
     
    *
     
    Ruland Berging wollte gerade hinter seinem Versteck hervorkommen, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen, als er Stimmen hörte. Blitzschnell huschte er zurück, um sich wieder hinter einem Baum zu verstecken. Er blickte in die Richtung, aus der die Wortfetzen drangen. Schemenhaft sah er zwei Leute des Weges kommen.
    »Diederich! … Lea«, riefen die beiden und winkten, als sie ihre kleinen Geschwister an der Bachbiegung sahen.
    Erst jetzt erkannte der Totengräber, dass es sich um die erwachsenen Geschwister der beiden handelte. Während die Kleinen ihnen freudestrahlend entgegenrannten, kämpfte er mit seiner Wut. »Na ja! Ein anderes Mal. Wenigstens weiß ich jetzt auch, wie der große Bruder des Knaben aussieht«, dachte er still, während er sich dessen Gesicht genau einprägte. »… und was er für eine gutaussehende Maid bei sich hat! Die könnte mir auch gefallen«, stellte er noch fest.
     
    »Oh, mein Gott«, rief Konstanze, als sie hörte, dass die Kirchturmglocke die fünfte Stunde schlug. Da die Sonne erst jetzt langsam unterging, hatten sich die beiden Mütter den ganzen Nachmittag über keine Sorgen um ihre Kinder gemacht.
    »Die Kinder«, durchzuckte es auch Judith.
    Auch wenn der Nachmittag friedlich und der Plausch angenehm gewesen war, machten sie sich jetzt plötzlich Sorgen um ihre Sprösslinge und stürzten nach draußen.
    »Was hat euch denn gestochen?«, fragte Lodewig, der den Frauen gerade noch ausweichen konnte, als er mit den anderen eintreten wollte.
    »Ach, nichts«, erwiderte seine Mutter. »Wir wollten euch gerade rufen, da wir ins Schloss zurück müssen, bevor es zu dunkeln beginnt.«

Kapitel 5
     
    In Immenstadt herrschte helle Aufregung . Weil es sich herumgesprochen hatte, dass der Regent und seine Gemahlin – die Hohenzollernprinzessin Maria Renata – von Konstanz zurückkehren würden, war das ganze Städtchen auf den Beinen. Die einen konnten es kaum erwarten, beim Grafen eine Audienz zu bekommen, weil sie aufgrund der hungrigen Zeiten Angst hatten, ihrer Pfründe oder anderer der sowieso schon dezimierten Annehmlichkeiten ganz verlustig zu werden, und es diese zu sichern galt, wenn sie momentan schon nicht würden ausgeweitet werden können. Andere wiederum wollten sich über weiß der Teufel was alles beschweren. Wieder andere waren während der Abwesenheit des Grafen mit dem Gesetz in Konflikt geraten oder hatten kleinere Dummheiten begangen. Manche hatten sich einfach nur mit dem Oberamt angelegt und brauchten eine Entscheidung von höchster Stelle oder mussten beim Grafen Abbitte für eine Verfehlung leisten. Alle aber hatten eines gemeinsam: Sie suchten nur ihren Vorteil und hofften darauf, dass sich im Städtle wieder etwas rühren und ein Teil des alten Glanzes, der mit bescheidenem Wohlstand einherging, zurückkehren würde.
     
    Oberamtmann Speen hatte mit Hilfe des Stadtammanns Zwick zunächst alle Hände voll zu tun, Leute zu rekrutieren, die alle verstaubten Räume des Schlosses auf Vordermann bringen sollten. Da der Graf fast sein gesamtes Hofgesinde mit nach Konstanz genommen hatte, standen hier von seiner Seite aus kaum Arbeitskräfte zur Verfügung. So musste sich der treue Oberamtmann etwas einfallen lassen. Dabei machte er sich die Eitelkeit der honorigen Bürgerinnen zu Nutze, indem er öffentlich verlautbaren ließ, dass der Graf vier Tage nach seiner Rückkehr ein Fest

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