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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Kräften. Ansonsten geht es mir gut. In ein paar Tagen bin ich wieder auf den Beinen«, versuchte sie ihn immer wieder zu beschwichtigen. Dennoch lag sie jetzt schon über eine Woche auf ihrer Lagerstatt.
     
    *
     
    Lodewig und Sarah trafen sich täglich. Die beiden waren zu verliebt, um zu bemerken, dass ihnen schon mehrmals heimlich jemand bis zu ihrem Liebesnest, dem Heustadel nahe der Straße nach Genhofen, gefolgt war. In ihrer gegenseitigen großen Zuneigung hatten sie nur noch Augen füreinander.
    Es war jetzt Anfang Mai und Sarah im fünften Monat guter Hoffnung.
    Da sie ihr Bäuchlein trotz aller Bemühungen, es mit lockerer Gewandung zu kaschieren, beim besten Willen nicht mehr verstecken konnte, musste sie jetzt langsam mit ihren Eltern reden. Damit der Mutter nichts auffiel, hatte Sarah sogar einmal im Monat ihre Unterwäsche mit Hühnerblut bekleckert, bevor sie diese in den Wäschekorb gelegt hatte. Da sie ihre Mutter nicht betrügen wollte, überfiel sie dabei jedes Mal ein schlechtes Gewissen – aber was hätte sie auch anderes tun sollen? Ihr zu sagen, dass sie ein Kind erwartete, hatte sie sich noch nicht getraut. Zudem fürchtete sie auch die Reaktion ihres Vaters, weswegen sie Lodewig bat, ihr bei diesem Gespräch beizustehen.
    Normalerweise scherten sich Männer – auch junge angehende Väter – nicht um solchen Kram und ließen ihre Weiber mit ihren Problemen allein. Nicht aber Lodewig. Für ihn war es selbstverständlich, an der Seite seiner geliebten Sarah zu sein, wenn sie ihren Eltern mitteilte, dass sie bald Großeltern würden.
     
    Es war an einem verregneten Sonntagnachmittag, als sie in der Stube der Bombergs saßen und sich über dies und das unterhielten, unter anderem auch über die verschiedenen Religionen. Als sie dabei auf den geplanten Kapellenbau der Eheleute Hagspiel-Mahler und auf die schlosseigene Marienkapelle zu sprechen kamen, nutzte Lodewig die Gelegenheit, um Sarah ein Stichwort zu geben.
    Beherzt fragte er die Bombergs, ob er ihre Tochter zur Frau nehmen dürfe. Als er zu seiner Freude feststellte, dass sich in deren erstaunte Gesichtsausdrücke ein sanftes Lächeln mischte, setzte er – ohne die Antwort und die drohende Umarmung seiner Schwiegermutter in spe abzuwarten – gleich noch eins drauf. »Wir möchten gerne noch im Mai in der Schlosskapelle heiraten!«
    Diese Worte sprudelten so schnell aus ihm heraus, dass Judith Bomberg irritiert fragte: »So schnell schon?«
    Sarah, die Lodewigs Taktik sofort durchschaut hatte, drückte seine Hand noch fester als zuvor und antwortete schlagfertig: »Ja, Mama. Ich trage ein Kind unter dem Herzen!« Sie war froh, dass es heraußen war.
    Der darauf folgende Moment der Ruhe wurde nur vom Gegacker der Hühner gestört. Die Eltern sahen sich so lange sprachlos an, bis Judith Bomberg gequält lächelte und die beiden herzlich umarmte, immer wieder küsste und fest an sich drückte. Sanft strich sie über Sarahs Bäuchlein und fragte sie, wie weit sie sei.
    »Anfang des fünften Monats«, antwortete Sarah mit einem entwaffnenden Lächeln.
    »Aber wie … « Judith war verblüfft und wollte etwas fragen, ließ dies aber wegen des Beiseins ihres Mannes und der kleinen Lea sein. Während sie ihrer Tochter weiter über das Bäuchlein strich, um deren Aussage auf’s Neue zu überprüfen, bemerkte sie skeptisch: »Man spürt fast nichts … Es muss ein kleines Würmchen sein. Wohl darum habe ich nichts bemerkt.« Dabei sah sie immer wieder zu Sarah und zu ihrem Mann, der bis jetzt nichts gesagt, ja, nicht einmal eine Reaktion gezeigt hatte. Er saß nur da und schien geistig völlig abwesend zu sein. Jakob Bomberg wusste, dass er an dieser neuen Situation nichts mehr ändern konnte. Er wusste aber auch, dass er in diesem Moment – in seiner Eigenschaft als Familienoberhaupt – neben Sarah die Hauptperson war. Er genoss das Gefühl, dass ohne seine Zustimmung gar nichts ging, auch wenn es in diesem Fall ohnehin zu spät war, weil Sarah ihr Kind schon in sich trug. Sie hatte ihn zuvor nicht gefragt, ob er seine Zustimmung für eine feste Beziehung mit Lodewig geben würde. Das kratzte ein bisschen an seiner Ehre als Sippenoberer. Dass allein schon aufgrund des Glaubensunterschiedes viel geregelt werden müsste, wenn Probleme vermieden werden sollten, und was wohl die Leute dazu sagen würden, interessierte ihn im Moment wenig – das ließe sich alles regeln. Vielmehr dachte er an seine geliebte Sarah, die er von nun an nicht nur

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