Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
er Dalinar niederdrücken und ihn so langsam werden lassen, dass die Parschendi leicht über ihn herfallen konnten.
Er hatte schon so viele von ihnen getötet. So viele. Es war eine erschreckende Anzahl, und er handelte ohne die geringste Erregung. In seinem Innern fühlte er sich hohl und leer.
Aber das war besser, als Vergnügen am Abschlachten zu empfinden.
Er hatte noch nicht annähernd genug Feinde getötet. Sie konzentrierten sich ganz auf Dalinar und Adolin. Mit den Splitterträgern in der Frontlinie würde jeder Durchbruch von den beiden Männern in der glitzernden Rüstung und mit den tödlichen Schwertern sofort wieder geschlossen werden. Die Parschendi mussten zuerst ihn und Adolin zur Strecke bringen. Sie wussten es. Dalinar wusste es ebenfalls. Und Adolin wusste es auch.
Es gab Geschichten, in denen die Splitterträger die Letzten waren, die auf dem Schlachtfeld noch aufrecht standen und von ihren Feinden erst nach einem langen, heldenhaften Kampf niedergezwungen wurden. Das war vollkommen unvorstellbar. Wenn man den Splitterträger zuerst tötete, konnte man sich seine Klinge aneignen und sie gegen den Feind einsetzen.
Er schlug wieder aus; seine Muskeln zitterten vor Erschöpfung. Als Erster sterben. Dies hier war ein guter Ort dafür. Verlange nichts von ihnen, was du nicht selbst tun würdest … Dalinar taumelte auf den Felsen, sein Splitterpanzer fühlte sich inzwischen so schwer wie eine gewöhnliche Rüstung an.
Er konnte zufrieden mit der Art sein, wie er sein Leben geführt hatte. Aber seine Männer … bei ihnen hatte er versagt. Es machte ihn krank, wenn er daran dachte, wie einfach er sich in diese Falle hatte locken lassen.
Und dann war da noch Navani.
Nach all der Zeit habe ich endlich angefangen, um sie zu werben, dachte Dalinar. Sechs vergeudete Jahre. Ein vergeudetes Leben. Und nun wird sie wieder trauern müssen.
Bei diesem Gedanken hob er die Arme und bemühte sich um einen festeren Stand auf dem Stein. Er wehrte die Parschendi um ihn herum ab. Er kämpfte weiter. Für sie. Er würde nicht aufgeben, solange er noch ein wenig Kraft in sich hatte.
Adolins Rüstung leckte genauso stark wie seine eigene. Der Junge strengte sich noch mehr an, um seinen Vater zu schützen. Es war für sie beide nicht infrage gekommen, über die Kluft zu springen und zu fliehen. Zum einen waren die Klüfte hier sehr breit, sodass die Gefahr, das andere Ende nicht zu erreichen, äußerst groß war, und zum anderen aber würden sie ihre Männer niemals im Stich lassen. Er und Adolin – sie hatten doch nach den Maßgaben des Kodex gelebt. Und nach diesen Maßgaben würden sie auch sterben.
Dalinar schwang wieder sein Schwert, blieb an Adolins Seite, und so kämpften sie auf die übliche Weise der Splitterträger: gemeinsam, aber knapp außerhalb der Reichweite des anderen. Unter dem Helm strömte ihm der Schweiß über das Gesicht, und er warf einen letzten Blick auf die abziehende Armee. Sie war am Horizont gerade noch zu sehen. Dalinars augenblickliche Position verschaffte ihm einen guten Ausblick in Richtung Westen.
Der Mann soll verflucht sein für …
Für …
Beim Blute meiner Väter, was ist das denn?
Ein kleiner Trupp bewegte sich über das Plateau im Westen und rannte auf den Turm zu. Es war eine einzelne Brückenmannschaft, die ihre Brücke trug.
»Das kann doch nicht sein«, sagte Dalinar. Er wich ein wenig zurück, und die Kobaltgarde – oder das, was von ihr noch übrig war – stürmte vor und verteidigte ihn. Er traute seinen Augen nicht und schob das Visier hoch. Der Rest von Sadeas’ Armee war nun ganz verschwunden, aber diese eine Brückenmannschaft war doch hier geblieben. Warum nur?
»Adolin!«, brüllte er und deutete mit seiner Splitterklinge auf die herannahenden Männer. Eine Woge der Hoffnung brandete in seinen Gliedern auf.
Der junge Mann drehte sich um und schaute in die Richtung, in die Dalinar wies. Adolin erstarrte. »Unmöglich!«, rief er. »Was ist das denn wieder für eine Falle?«
»Eine dumme, falls es wirklich eine Falle ist. Wir sind doch schon tot.«
»Aber warum schickt er eine Brücke zurück? Zu welchem Zweck?«
»Spielt das noch eine Rolle?«
Mitten in der Schlacht zögerten sie einen Augenblick lang. Beide kannten die Antwort.
»Angriffsformation!«, rief Dalinar seinen Truppen zu. Sturmvater, es waren nur noch so wenige Soldaten übrig geblieben! Weniger als die Hälfte seiner ursprünglichen achttausend.
»Formiert euch!«, brüllte
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