Der Pfad des Kriegers (German Edition)
vorstellen, hier den Rest seines Lebens zu verbringen. Erst gestern hatte er mehrere Beutel getrocknete Kräuter erworben, um seine Konzentration beim Meditieren und Zaubern zu stärken. Die Axt, die der Händler dafür bekommen hatte, hatte jemand unachtsamerweise unter dem Vordach liegen lassen, nachdem er seine Arbeit beendet hatte. Die meisten Maegrin hatten mehr als genug Äxte und wenn Arvid hinter das Geheimnis der Taisin kommen wollte, musste er sich konzentrieren können. Was schwer genug war, bei dem dauernden Lärm und Trubel um ihn herum.
Skjoldrs Lager lag auf einer kleinen Anhöhe und bestand aus mehreren Hütten seiner Krieger und engeren Vertrauten und einem großen, befestigten Langhaus, in dem Skjoldr schlief, immer bewacht von seinen Leibwächtern. Skjoldr war ein vorsichtiger Mann, was Arvid nur begrüßen konnte.
Doch als er näher kam, sah er, dass sich nur wenige Frauen und Kinder in dem Lager befanden. Zumindest konnte er keine Krieger sehen. Die kleine Gruppe von Häusern wirkte nahezu verlassen. Als er nahe genug herankommen war, rief er eine der Frauen an:
„Ist Skjoldr da?“
Die Frau schüttelte nur den Kopf und zerkleinerte weiter Gemüse für den Eintopf, der auf dem Feuer vor sich hinköchelte.
„Ich muss dringend mit ihm sprechen!“
Die Frau schaute ihn genervt an:
„Ich habe dir doch gesagt, dass er nicht hier ist!“
Arvid nickte. Gerne hätte er noch weitere Erkundigungen eingeholt, aber die anderen Frauen hatten das Gespräch verfolgt und es wäre doch seltsam gewesen, ihnen jetzt noch Fragen zu stellen. Die alte Frau war auf jeden Fall offensichtlich nicht zu weiteren Aussagen bereit. Langsam ging Arvid weiter. Sollte er später zurückkehren? Oder anderswo Erkundigungen einholen?
Es gab ja immer noch Leifi, den anderen Herzog aus dem Süden, der den Krieg überlebt hatte. Der war nur leider nicht annähernd so mächtig wie Skjoldr und nicht halb so intelligent, würde aber immerhin mit Arvid reden und vor allem wissen, wo Skjoldr war. Noch einmal warf Arvid einen Blick auf die kleine Ansammlung von Hütten. Siebzehn Hütten konnte er sehen, doch die Mehrheit schien nicht mehr bewohnt zu sein und er zählte gerade einmal acht Frauen und Kinder, die auf dem großen Platz vor den Hütten kochten. War Skjoldr mit seinen Männern in den Krieg gezogen? Noch vor wenigen Wochen schien er das überhaupt nicht in Erwägung zu ziehen. Und wo waren dann die Frauen und Kinder? Skjoldrs Frau und seine Töchter, er hatte nie Söhne gehabt, waren alle im Krieg ums Leben gekommen, aber die anderen Kriegern hatten vielfach Familien gehabt.
Leifi würde seine Fragen beantworten können. Das kleine Lager des jungen Herzogs befand sich nur wenige Minuten entfernt und Arvid rannte eher, als dass er ging, so dass er es nach kurzer Zeit erreicht hatte. Selbst auf hundert Meter konnte er sehen, dass etwas nicht stimmte. Seitdem er das letzte Mal hier gewesen war, war um die Hütten ein kleiner Wall errichtet worden, auf den allerlei Dornengestrüpp, Äste und Stämme gehäuft worden waren. Eine improvisierte Verteidigungsanlage, die nur einen kleinen Eingang ließ, doch der war unbewacht. Niemand war zu sehen. Zögerlich ging Arvid näher an das Lager heran. Kein Mensch schien in dem kleinen Lager zu sein, während überall in der Umgebung Maegrin eifrig und ohne die verlassenen Häusern groß zu beachten, ihren Geschäften nachgingen. Arvid betrat das Lager über die schmale Holzbrücke, die den kleinen Graben überspannte. Auch auf ein leise gerufenes Hallo reagierte niemand. Vorsichtig betrat Arvid eine der Hütten, nicht ohne sich vorher einen herumliegenden Stock als Waffe gegriffen zu haben. Knarrend öffnete sich die schwere Holztür und gab den Blick frei auf ihr Inneres. Die kleine Hütte, sie war kaum höher als Arvid groß war und nur wenige Menschen hatten hier schlafen können, war leer, sogar die Schlafbänke hatte man entfernt. Schnell überprüfte Arvid die anderen Hütten. Sein Herz raste und mit aller Kraft umklammerte er den Stock, den er sich gegriffen hatte, auch wenn der ihm gegen einen Krieger wohl kaum etwas nützen würde. Sicherer fühlte er sich mit ihm in der Hand dennoch.
Leifi war genauso verschwunden wie Skjoldr. Der König ließ niemanden mit sich sprechen, seine engsten Vertrauten waren nicht mehr zu finden, irgendwie war das doch alles sehr seltsam. Hatte man Skjoldr und seine Anhänger vertrieben oder sogar umgebracht? Er würde sich umhören müssen.
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