Der Pfad des Kriegers (German Edition)
zufrieden sein könnte. Doch was würde jetzt werden? Er war ein Gefangener, er konnte nie für Ida sorgen und was war wenn sie schwanger würde? Als er diese Bedenken jedoch äußerte, lachte Ida nur: „Da mach dir mal keine Sorgen! Ich kann schon ganz gut auf mich selbst aufpassen! Und schwanger sollte ich schon nicht werden, da kenne ich mich gut genug aus!“
Sie küsste ihn. „Vergiss nicht, wir haben nur miteinander geschlafen. Nicht mehr und nicht weniger. Wir werden das bei Gelegenheit wiederholen! Du musst noch einiges lernen.“
Nach einem weiteren Kuss verschwand sie in die Nacht und ließ einen verwirrten Thomas zurück, der noch lange über die Unterschiede zwischen den beiden Völkern nachdachte.
XV
Als Arvid die Burg erreichte, war das Tor wirklich weit geöffnet, aber von mehreren Wachen geschützt. Würden sie ihn durchlassen? Sein Bruder hatte ihm mal erklärt, vor vielen Jahren, dass man nur so wirken musste, als ob man einen Auftrag hatte und niemand würde einen aufhalten. Nur wenn man zögerte, würden Wachen misstrauisch. So wenig Arvid diese Theorie seines Bruders ausprobieren wollte, viel anderes blieb ihm wohl nicht übrig. Sein Bruder war so immerhin aus dem Lager Svens entkommen. Eines Nachts war er einfach an den Wachen vorbeimarschiert, ein Skalde hatte sogar ein Lied dazu verfasst. Vielleicht würde man über ihn auch ein Lied schreiben, wenn er heute Abend den König rettete. Arvid, Beschützer des Königs statt Arvid, der Feigling. Zügigen Schrittes ging er auf das Tor zu und versuchte dabei möglichst entschlossen zu wirken.
„Der Sack mit dem Werkzeug. Verdammt! Wenn sie ihn durchsuchen, dann bin ich verloren!“, durchfuhr es ihn. Aber was sollte er jetzt tun? Er konnte nicht mehr umdrehen. Er war weniger als ein Dutzend Schritte von den Wachen entfernt und jetzt auf einmal die Richtung zu wechseln, würde mit Sicherheit Verdacht erregen. Mehrere der Wachen kannte er zumindest vom Sehen. Nicht dass er jemals mit ihnen gesprochen hätte, außer wenn sie ihn mal wieder nicht in die Burg hatten lassen wollten. Aber dass er die Wachen kannte, half ihm jetzt auch nichts. Sein Herz pochte so laut, dass alle Geräusche um ihn herum wie gedämpft wirkten.
„Alles in Ordnung, Junge?“ Arvid schaute der Wache, die ihn angesprochen hatte, ins Gesicht. Der Mann war schon recht alt und blickte ihn aus besorgten Augen an:
„Wohl zu viel von dem Rauch eingeatmet? Schlimme Sache, das Feuer! Geh nur in die Burg, vielleicht kann der Heiler dir helfen.“
Arvid nickte nur. Wenige Schritte später war Arvid im Burghof, in dem eine seltsame Ruhe herrschte. Erst hier fing er wieder an zu atmen. Mit schnellen, tiefen Atemzügen sog er die Luft ein. Sein Herz klopfte immer noch wie wild, aber immerhin war er schon einen großen Schritt weiter. Die meisten hatten anscheinend, wie er vermutet hatte, die Burg verlassen, um beim Löschen des Feuers zu helfen. Niemand beachtete ihn. Selbst dann nicht, als er den Vorplatz verließ und sich in den hinteren Teil der Burg begab. Hamar und Jarl bewachten die Tür zum Langhaus des Königs. Beide waren in voller Rüstung und hatten Axt und Schild in der Hand. Gut, dass er nie vorgehabt hatte, durch die Tür in das Haus einzudringen. Weiträumig umging er die beiden Wachen und hielt sich dicht an den Wall. Der war zwar auch von Kriegern besetzt, aber die hatten nur Augen für die Stadt und beachteten nicht das Innere der Burg. An der Rückseite des Gebäudes angelangt, fasste Arvid an die Dachkante und versuchte sich hochzuziehen. Doch er hatte kaum die Hälfte des Weges zurückgelegt, als seine Kraft ihn zu verlassen drohte. Zwar ging es nicht wieder abwärts, aber es ging auch kein bisschen aufwärts. Seine Arme schmerzten und seine Beine baumelten in der Luft, ohne ihm wirklich eine Hilfe sein zu können. Die Hüttenwand war zu weit weg, um sie mit seinen Füßen zu erreichen.
Er musste auf das Dach kommen! Er nahm alle seine Kraft zusammen und tatsächlich konnte er sich noch etwas weiter nach oben ziehen. Beinahe verlor er den Halt, als er ein Bein auf das Dach schwang, aber kurz darauf befand er sich in Sicherheit. Schwer atmend lag er auf den Holzplanken.
„Und das bisher war der leichte Teil“, dachte sich Arvid. Immerhin hatte ihn anscheinend niemand gehört. Jetzt musste er nur noch in das Innere gelangen. Leise kroch er zu der Stelle, wo er die Kammer des Königs vermutet. Jetzt kam der risikoreichste Teil. Er musste zwangsläufig
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