Der Pfad des Kriegers (German Edition)
wenigen Minuten standen auch tatsächlich alle.
Was sollte sie jetzt tun? Normalerweise teilten sie sich auf, um etwaigen Verfolgern die Arbeit zu erschweren, aber mit all den, wie auch immer, mit den Befreiten würde das schwerer sein als sonst. Konnte sie ihnen trauen? Sie musste wohl oder übel.
„Björn, Hakoon, Friedjolf, Ulf, jede eurer Gruppe nimmt fünf von diesen Befreiten mit und wir machen uns auf den üblichen Wegen auf zum Lager! Was war auf den Wagen?“
Ulf antwortete ihr: „Holz, Eichenholz um genau zu sein, Gold, ein paar Schriftrollen, aber vor allem Holz!“
„Holz? Wer schickt denn zwanzig Reiter um Holzbalken zu bewachen? Dieses Volk treibt mich in den Wahnsinn! Gut, nehmt das Gold und dann nichts wie weg hier!“
Nicht, dass sie mit dem Gold irgendetwas anfangen konnten, aber so was ließ man nicht zurück. Alte Reflexe. Wenige Augenblicke später waren bis auf ihre Gruppe alle zwischen den Bäumen verschwunden, dann machte auch sie sich mit ihren fünf Kriegern und den verbliebenen Befreiten auf den Heimweg. Diese folgten stumm, weder jammerten sie, noch jubelten sie. Einen wirklich befreiten Eindruck machten sie nicht. Aber gut, man konnte es ihnen nicht wirklich verübeln. In einem fremden Land, umgeben von bewaffneten Menschen, die ihre Sprache nicht sprachen, würde sie sich vermutlich auch nicht sonderlich wohl fühlen.
„Wir wissen nichts über sie. Sie könnten Spione sein, Mörder, Attentäter!“
Balins große Gestalt wirkte noch beeindruckender, wenn er sich in Rage geredet hatte. Mit seiner Schlachtaxt auf dem Rücken und dem Bärenpelz um die Schultern wirkte er im Licht des Lagerfeuers wie eine Gestalt aus den alten Sagen. „Nur das von dieser Geschichte hier vermutlich niemand singen wird“, dachte Sälvor. Vehement hatte er in der letzten Stunde darauf bestanden, dass die Befreiten nie ins Lager hätten gebracht werden dürfen und Sälvor immer wieder scharf kritisiert, wie jetzt auch.
„Wir haben nicht einmal genug Essen für uns selbst, wenn der Winter da ist, werden wir alle verhungern und du bringst zwanzig neue Männer in unser Lager, die nicht einmal zu unserem Volk gehören, die nicht kämpfen und die nur unser Essen essen werden! Ich habe dich ja immer für etwas seltsam gehalten, aber jetzt bist du völlig durchgedreht!“
Bei diesen Worten atmeten zahlreiche Maegrin hörbar ein und als sie aufstand, herrschte Totenstille. Balin war zu weit gegangen und das wusste er auch selbst, so unruhig wie er sich jetzt umsah.
„Balin, lass uns den Hausfrieden wahren.“
Erleichterung zeigte sich bei diesen traditionellen Worten Sälvors und so mancher legte die Waffe, die er gerade unauffällig in die Hand genommen hatte, wieder hin. Nur der stets vorsichtige Jorven hatte die Axt noch in der Hand. Er traute wirklich niemandem und hatte, wie als ob es selbstverständlich wäre, Hallkells Rolle als ihr ständiger Begleiter übernommen.
„Ja, wir werden vermutlich alle verhungern. Die meisten von uns zumindest. Aber das werden wir sowieso, egal ob wir noch zwanzig Mäuler mehr zu stopfen haben oder nicht. Vielleicht sind sie unsere Rettung! Ich weiß, es klingt absurd, aber sie müssen Dinge über die Taisin wissen, von denen wir nicht einmal ahnen.“
Nach diesen Worten unterbrach Balin sie, seine laute Stimme schien die ganze Lichtung auszufüllen:
„Wir sprechen nicht einmal ihre Sprache und wir wissen nichts, aber auch gar nichts über sie. Dafür wissen sie alles über uns. Sie sind nur eine Belastung!“
„Ich weiß, was du vorschlägst, Balin und ich sage dir eins: Mein Volk hat noch nie wehrlose Menschen getötet und wir werden es auch jetzt nicht anfangen. Lieber sterbe ich, als die alten Wege zu verlassen.“
Zustimmendes Gemurmel erhob sich, auch einige Zurufe waren zu hören. Sälvor war zufrieden. Sie selbst gab nicht viel auf Tradition, aber wenn man hier eine Abstimmung gewinnen wollte, dann war es immer gut, sich auf sie zu berufen. Schließlich gehörten viele hier zu denen, die noch nach den alten Sitten gelebt hatten und lebten. Die den Wert eines Menschen nach seinem Geschick bei Krieg und Jagd beurteilten, nicht nach Abstammung und Geschlecht und Städte als Wurzel allen Übels sahen. Sie waren überzeugt, dass die Taisin die Strafe der Götter für den falschen Lebenswandel der Maegrin waren.
„Ich habe nie gesagt, dass …“
„Wie wolltest du dich denn dann um sie kümmern, Balin? Sie wissen, wo unser Lager ist, wir können
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