Der Pfad des Kriegers (German Edition)
richtig gegessen. Wir sollten noch einmal richtig essen und uns dann unserem Schicksal stellen anstatt es hinauszuschieben.“
Zustimmende Rufe ertönten. Männer und Frauen nickten und schlugen mit ihren Waffen auf ihre Schilde. Dann sollte es wohl so sein. Sie würden heute die Entscheidung suchen. Wobei kein Zweifel darüber bestehen würde, wie diese ausfallen würde. Sie hatten wohl kaum eine Chance gegen die Taisin. Eigentlich musste sie auch noch Balin fragen, aber es stand wohl außer Frage, welche Haltung dieser Eisenfresser einnehmen würde. Spätestens seit Karls Tod war er nur noch darauf aus, so viele Taisin wie möglich mit in den Tod zu nehmen.
Sie setzte gerade an weiter zu reden, als am ihr gegenüber liegenden Ende der Lichtung Unruhe ausbrach. Ein aufgeregter Wirrwarr von Stimmen erhob sich, aber sie konnte nicht erkennen, was los war. Schnellen Schrittes ging sie darauf zu, froh, dass die endgültige Entscheidung noch mal aufgeschoben worden war. Wenn auch wohl nur für einige Minuten.
Sie schob sich durch die Menschentraube, die sich um die Ursache der Aufregung gebildet hatte, Jorven immer hinter ihr.
Nur mit Hilfe ihrer Ellbogen und Jorvens kräftiger Statur schaffte sie es, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen.
Ein bleicher, schwer atmender Junge stand in der Mitte des Kreises.
„Wer ist tot?“, fragte aufgeregt ein Krieger.
„Alle. Glaube ich. Hakon und ich, wir waren jagen und als wir, als wir zum Lager kamen, war alles ruhig, nichts hat sich bewegt. Hakon ist dann auf die Lichtung hinausgeschlichen. Langsam und vorsichtig, selbst ich konnte ihn kaum erkennen. Dann war er tot!“
„Tot? Wie?“
Sälvors laute Stimme durchdrang das Stimmengewirr um sie herum.
Der Junge schaute sie aus großen Augen an:
„Pfeile. Auf einmal steckten drei Pfeile in seinem Rücken. Ich habe sie gar nicht kommen sehen.“
Er wirkte total verängstigt. Am liebsten hätte sie ihn in den Arm genommen und getröstet, aber das war jetzt wohl nicht der richtige Moment. Im Grunde hatte sie nur eine Frage. Aber die wollte sie nicht stellen.
„Wer? Wer hat sie getötet?“
Jorven hatte wohl ihr Zögern bemerkt und sich an ihr vorbeigedrängt.
„Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe niemanden gesehen!“
Verzweiflung sprach aus der Stimme des Jungen.
„Ich wollte ihn da nicht zurück lassen, aber ich hatte solche Angst und, und ...“
„Er war sowieso schon tot, du hast genau richtig gehandelt.“
Jorven legte ihm eine Hand auf die Schulter. Sälvor machte einen Schritt nach vorne:
„Alle zu den Waffen!“
Der Befehl war zwar kaum nötig, niemand hier verließ seine Hütte ohne Waffen. Aber immerhin machte er klar, dass sie immer noch das Kommando führte.
„Jeder, der in der Lage ist zu kämpfen, kommt mit mir, der Rest bleibt hier! Jorven, du nimmst einige Männer und bewachst mit ihnen das Lager!“
Er drehte sich zu ihr um.
„Vielleicht sollte ich besser nachschauen?“, sagte er mit leiser Stimme: „Sie sind doch so oder so alle tot bis wir ankommen. Wenn sie das Lager gefunden haben, könnten sie auch über dieses Bescheid wissen, vielleicht sind sie schon auf dem Weg hierher.“
Er hatte Recht. Aber sie hasste es einen Befehl zu widerrufen. Aber hier führte kein Weg daran vorbei. Wen er wohl mit „sie“ gemeint hatte?
„Alle Krieger halten sich bereit, verstärkt die Wachen ums Lager und ich möchte fünf weitere Krieger im westlichen Vorposten haben! Alle anderen fangen an das Lager abzubrechen.“
Besser sie waren auf eine schnelle Flucht vorbereitet. Eine Flucht, die sie noch tiefer in den Wald hinein führen würde. Allein der Gedanke daran ließ sie schaudern. Unruhig schaute sie dabei zu, wie ihre Befehle ausgeführt wurden und Jorven einige Krieger auswählte, die ihn begleiten sollten. Sie wollte ihn nicht gehen lassen. Aber sie konnte ihn kaum daran hindern. Wenige Augenblicke später waren er und seine fünf Gefährten aufgebrochen. Man brauchte etwa eine Viertelstunde bis zu Balins Vorposten, also würde sie frühestens in einer halben Stunde von Jorven hören. Besser sie nutzte die Zeit. Sie musste ohnehin irgendetwas tun, sonst würde sie in dieser halben Stunde wahnsinnig werden. Eiligen Schrittes lief sie durchs Lager.
Überall waren Frauen und Männer dabei Vorräte, Kochgeschirre und all die anderen Dinge auf Tragegestelle zu laden und alles für einen plötzlichen Aufbruch vorzubereiten, obwohl sie wohl kaum einem entschlossenen
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