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Der Pfad des Kriegers (German Edition)

Der Pfad des Kriegers (German Edition)

Titel: Der Pfad des Kriegers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Ebert
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sie zurückgewichen. Immer war sie lachend aus allem herausgekommen. Nicht mit dem Lachen Hafgrimrs, dem irren Lachen eines Menschen, der nur noch Krieg kannte, sondern mit dem Lachen eines Menschen, der noch Hoffnung hatte auf eine andere Welt und auf ein besseres Leben.
    Er spürte Arvids Hand auf seiner Schulter. Erst wollte er sie wegschieben, doch dann ließ er sie, wo sie war. Er fing wieder an zu weinen. Leise schluchzte er, während er an all die glücklichen Momente dachte, die sie zusammen gehabt hatten. Wie sie sich kennengelernt hatten nach der Belagerung von Staunwyn. Wie sie ihn gepflegt hatte nach der Schlacht von Gissing. Nie war sie verletzt gewesen. Immer war sie es gewesen, die ihn gerettet hatte. Er hatte stets Witze gemacht, dass sie sich bald einen neuen Mann suchen müsste und jetzt war sie es, die tot vor ihm lag. Fassungslos starrte er in ihr lebloses Gesicht. Arvid hatte sich neben ihn gesetzt, seinen Arm um seine Schulter gelegt. Die Berührung beruhigte ihn, aber sie nahm ihm nicht den Schmerz. Wofür war Alva gestorben? Weil die Taisin nur Tod und Zerstörung kannten? Weil Llaevin und Maegrin zu stolz gewesen waren, um Frieden zu schließen? Weil sie auf das Wort eines Städters vertraut hatten? Wofür?
    Es war alles so sinnlos. Erst jetzt merkte er, wie sehr er sich an den Traum von einem Leben in Frieden geklammert hatte. Jetzt war er ihm geraubt worden. Alles wofür er noch gelebt hatte, war mit einem Mal verschwunden, ausgelöscht. Er hatte nie verstanden, warum die anderen Krieger am Lagerfeuer Geschichten über glorreiche Schlachten erzählten. Er hatte keine glorreiche Schlacht gesehen in seinem Leben. Nur Hauen und Stechen, sinnlose Morde und tote Freunde. Der Krieg gegen die Taisin war anderes gewesen, weil sie für die Freiheit ihres Volkes kämpften, vielleicht. Aber gefallen hatte ihm Krieg nie. Außer als er noch ein junger Krieger war und Kämpfe nur aus Erzählungen kannte, in denen es nur Heldentum und reiche Beute gab, keine Morde und keine Pfeile im Rücken von Menschen, die man liebte. Er strich Alva die schwarzen Haare aus dem Gesicht. Wie glücklich war er gewesen, als sie „Ja“ gesagt hatte. Ihn akzeptiert hatte. Den größten Rüpel in ganz Enain. Auch wenn er Schlachten nie mochte, Bier und lautem Grölen war er nie abgeneigt gewesen. Bis Alva gekommen war. Inzwischen verstand er auch, was sein Bruder in ihm sah. Sein Bruder, der sein Leben gerettet hatte. Und das Alvas. Zumindest für einige Minuten. Langsam löste er seinen rechten Arm von Alva und legte ihn um Arvids Schulter. Er war das einzige was ihm jetzt noch blieb. Falls Arvid ihn überhaupt in seiner Nähe haben wollte.
    „Chef?“
    „Chef?“
    „Hm?“, er drehte sich nicht um.
    „Welcher Kurs?“
    „Welcher Kurs?“, gab Ulf die Frage zurück. Er verstand sie nicht.
    „Wir haben es aufs Meer geschafft, wir sind in Sicherheit!“
    In Sicherheit. Alva würde das wohl kaum so sehen.
    „Nach Norden, nach Hause, wohin sonst“, sagte er leise, seine Stimme noch heiser.
    Drei oder vier Tage würde die Reise an der Westküste entlang dauern, dann waren sie wieder daheim. Dort wo er mit Alva …
    Er schob den Gedanken fort. Sie war tot und nichts würde das mehr ändern. Langsam ließ er ihren Körper aufs Deck gleiten und stand auf. Seine Beine schmerzten vom langen Sitzen.
    Nach Hause. Wie bitter diese Worte jetzt für ihn klangen. Aber er hatte immer noch Verantwortung. Für seinen Bruder. Für seine Mannschaft. Für sich nicht mehr. Der einzige Mensch, dem er in den letzten zwei Jahren wirklich etwas bedeutet hatte, war tot.

XXXI
     
    Sälvor stand in der Mitte der Lichtung. Um sie herum versammelt sich langsam die Überlebenden der letzten Wochen, weniger als hundert waren sie noch. Der Winter hatte seinen Tribut gefordert. Genauso wie die Patrouillen der Taisin und der Wald. Sven und Eina waren nie von der Jagd zurückgekehrt. Drei Männer waren in der letzten Nacht einfach aus ihrer Hütte verschwunden. Niemand wusste, ob sie freiwillig gegangen waren oder … oder was? War doch etwas dran an den alten Geschichten? Über düstere Wesen, die … Sie schob den Gedanken fort. Dafür hatte sie jetzt keine Zeit.
    Vertraute und fast unbekannte Gesichter blickten sie an. Sie drehte sich um und schaute in Jorvens Gesicht, der versuchte ihr mit einem Lächeln Mut zu machen. Jorven, mit seiner immer guten Launen, seinen braun gelockten Haaren, seinem schiefen Grinsen, das er immer zu tragen schien, war

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