Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
lächelte.
»Oder ist es nur überbordende Männlichkeit?«, hakte sie nach. »Mir ist zwar bekannt, dass sich Männer gern prügeln, aber in aller Regel amüsieren sie sich dann doch lieber mindestens zu zweit.«
Laerte richtete sich auf.
»Wenn du reden willst – ich bin da«, schlug sie vor.
Er ließ das Schwert aus dem Handgelenk wirbeln. Die Klinge zerschnitt die Luft.
»Du warst den ganzen Tag fort, bist gleich bei Einbruch der Nacht zurückgekehrt und …«
Er betrachtete sie ohne ein Wort und ohne zu lächeln. Sein Gesicht blieb verschlossen. Viola stützte die Arme auf die Hüften.
»Gesprächig bist du nicht gerade«, seufzte sie.
»Geh ins Haus, Viola«, sagte er schließlich unfreundlich und mit rauer Stimme. »Es ist spät.«
»Ich weiß, ich bin noch ziemlich jung«, erwiderte sie. »Trotzdem lasse ich mich nicht herumkommandieren wie ein kleines Mädchen.«
»Geh hinein«, wiederholte er.
»Du hast wirklich einen miesen Charakter«, schimpfte sie und ballte die Fäuste, gehorchte aber und ging zurück ins Haus.
Rogant hatte es sich mit einem Krug Wein auf dem Sofa bequem gemacht und blickte kaum auf, als sie grummelnd an ihm vorüberging.
»Ich wollte doch bloß helfen«, zischte sie.
Auf der Treppe kam ihr Dun entgegen.
»Ihr beide habt wirklich den gleichen schlechten Charakter«, keifte sie ihn an.
Der alte General blieb stehen und ließ sie an sich vorbei. Sie würdigte ihn keines Blickes. Verblüfft sah er ihr nach. So wütend hatte er sie noch nie gesehen.
Das Knirschen der Kiesel auf dem Hof hatte Dun aus seiner Lethargie geweckt. Neugierig wollte er nachsehen, was sich da draußen abspielte.
Unten im Salon fiel sein erster Blick auf Rogants Weinkrug. Seit zwei Tagen hatte er keinen Tropfen mehr angerührt, doch jetzt war die Versuchung einfach zu groß. Er ging auf den Nâaga zu und nahm ihm den Krug aus der Hand, ehe Rogant reagieren konnte.
»Was soll das, Alter?«, schimpfte er und sprang auf. Aber Dun hatte sich bereits gierig fast den gesamten Krug einverleibt. Mit einer Hand wischte er sich zufrieden den Mund ab, mit der anderen hielt er sich den aufgebrachten Nâaga vom Leib.
»Weißt du, inzwischen finde ich dich sogar ganz nett«, sagte er mit halb erstickter Stimme.
Rogant erstarrte. Dun nickte und lächelte den Nâaga entspannt an. Rogant lachte laut auf.
»Ganz ehrlich«, bestätigte Dun erneut, »du bist mir schon viel sympathischer.«
»Schon gut«, lachte der Nâaga. »Ich gönne dir den Wein.« Er strich dem General über die Schulter. »Du warst einmal ein großer Krieger, alter Mann«, sagte er mit spitzbübischem Lächeln. »Aber der Wein wird dich müde machen. Natürlich darfst du dich betrinken. Allerdings weiß ich nicht, ob Laerte es gern sieht. Tja, ich bin gespannt auf eure kleine Abrechnung, das kannst du mir glauben.«
Durch die geöffnete Tür sah Dun Laertes Schatten. Das also war der Lärm gewesen! Wie ein Echo aus längst vergangener Zeit. Nein, kein Echo – eher ein verzerrter Abglanz. Dieser junge Mann ähnelte in nichts mehr dem Grenouille, den er einst gekannt hatte.
Der General trank noch einen Schluck Wein und genoss den fruchtigen Geschmack, der seine Kehle hinunterrann. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich Rogant mit verschränkten Armen grinsend auf die Armlehne des Sofas setzte. Vermutlich hoffte er, dass Laerte seinen früheren Meister zum Kampf auffordern würde. Doch in diesem Fall stand ihm wohl eine Enttäuschung bevor. Dun hatte nicht die geringste Lust, sich zu verteidigen. Er war viel zu müde.
»Ich habe zwar keine Ahnung, was mit dir los ist, aber es sieht nicht besonders gut aus«, stellte er mit einem prüfenden Blick auf Laerte fest, der immer noch mit dem Schwert in der Luft herumfuchtelte.
Laerte hielt inne. Er war ein wenig außer Atem. Bleiches Mondlicht schimmerte auf seinem Schwert. Er wandte sich Dun zu und senkte den Kopf.
»Es ist dein Zorn«, seufzte der alte General und setzte sich auf die Türschwelle. »Du hattest ihn immer schon in dir, aber jetzt verstehe ich auch, warum.«
Laerte antwortet nicht, sondern musterte seinen früheren Lehrer nur mit einem schrägen Blick.
Dun trank einen Schluck aus dem Krug. »So sehr hasst du mich also«, fuhr er fort. »Ist es einfach nur Ironie des Schicksals? Oder war es etwa der Wille der Götter, einem Mann zu gestatten, seinen eigenen Feind großzuziehen? Es ist entwürdigend, dass ich nicht …«
»Du hattest recht«, unterbrach ihn Laerte und steckte mit
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