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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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Macht stemmte er sich dagegen. Noch wusste er nicht, was ihn erwartete, und auch nicht, warum er es tat.
    Am Boden lag eine verkrümmte Gestalt in einem schwarzen Umhang, die glänzende Maske ganz in der Nähe der reglosen Hand. Züngelnde Flammen verbreiteten ein unstetes Licht. Die lichterloh brennenden Gardinen bauschten sich. Kein Vogel sang mehr in dem Baum, dessen Äste den Marmorbalkon fast berührten.
    Dun kniete nieder und bedeckte das für immer erstarrte Gesicht mit seiner goldenen Maske.
    Von Groll überwältigt, hätte er beinahe den Saal verlassen. Fast wäre er Hals über Kopf geflohen. Doch er durfte das Schwert nicht in die Hände der Aufständischen gelangen lassen. Es bedeutete zu viel. Und so hatte er es mitgenommen, als er die Überbleibsel des brennenden Kaiserreichs hinter sich ließ. Eraëd hatte den Waffengurt des Kaisers verlassen und war zusammen mit Dun in der Hafenstadt gestrandet, nachdem sie gemeinsam die alten, nach und nach befriedeten Königreiche durchquert hatten. Bis sie Masalia erreichten.

    »Diese Statue gehört zu denen, die zu Ehren der Ausrufung der Republik aufgestellt wurden«, sagte Viola.
    Langsam öffnete er die Augen. Sanfter, orangeroter Abendschein lag auf dem Standbild, längst nicht so hart wie der des prasselnden Feuers.
    »Ja«, nickte er und fügte wie für sich selbst hinzu: »Eine ziemliche Ironie des Schicksals, wenn man so darüber nachdenkt.«
    Viola ging nicht sofort darauf ein. Sie sah ihm zu, wie er um den Sockel herumging und misstrauische Blicke auf die umstehenden Häuser warf. Sie runzelte die Stirn.
    »Was meint Ihr mit Ironie des Schicksals?«, fragte sie schließlich.
    Er blieb stehen. Als er in der Einbuchtung einer Fassade ein halb von Efeu verdecktes Eisengitter entdeckte, verhärtete sich sein Gesicht. »Dass ich es ausgerechnet dort versteckt habe«, brummte er und ging mit besorgter Miene auf das Gitter zu.
    »Wollt Ihr etwa sagen, dass …« Viola wagte kaum zu flüstern.
    Hastig sah sie sich nach dem Nâaga um. Doch Dun kümmerte sich nicht darum. Mit beiden Händen riss er an den Eisenstangen. Es brauchte einige Zeit und viele Anläufe, ehe sich das Gitter kreischend bewegte. Es war zehn Jahre her, dass er das Tor zum letzten Mal geöffnet hatte.
    »Hier habt Ihr es versteckt?«, fragte Viola verblüfft. »Hier in Masalia?«
    Darauf war sie am allerwenigsten vorbereitet gewesen. An dem Abend, als sie sich zum ersten Mal getroffen hatten, hatte er von den Gebieten im Osten gesprochen. Wenn er betrunken war und sich darin gefiel, über den Sturz des Kaiserreichs zu berichten, erwähnte er jedes Mal diese Himmelsrichtung. Alle, die ihm je zugehört hatten, waren felsenfest davon überzeugt, dass er Eraëd irgendwo im Osten versteckt hatte, nicht weit entfernt vom Vershan. Dun hielt ein spöttisches Lächeln zurück.
    »Ich rede viel, wenn ich betrunken bin, das wisst Ihr. Aber wenn Ihr wüsstet, wie viele Schatzsucher im Vershan unterwegs sind …«
    Er zog ein Streichholz aus der Jackentasche und begann, die abschüssige Treppe hinunterzusteigen. Widerlicher Gestank stieg empor, und Viola rümpfte angeekelt die Nase, ehe sie ihm folgte. Rogant blieb dicht hinter ihr.
    Im Gewölbe entzündete Dun eine Fackel, die er benutzte, um weitere an der Mauer angebrachte Fackeln anzustecken.
    Die Stufen glänzten feucht. Die Treppe wand sich steil hinunter. Schließlich erreichten sie einen unterirdischen Kanal, in dessen Mitte ein stinkendes Gewässer floss. Zwischen allerlei Unrat tummelten sich fast katzengroße Ratten.
    »Ganz köstlich«, seufzte Viola.
    Am Rand des Kanals wartete Dun. Die brennende Fackel tauchte sein Gesicht in flackerndes Licht. Große Nagetiere wuselten zwischen seinen Beinen hindurch, ohne dass es ihm etwas auszumachen schien – ganz im Gegensatz zu Viola, die ihre Füße mit Bedacht setzte und mit zitternden Händen ihren Kleidersaum anhob.
    »Ein geradezu erlesenes Gewimmel«, fügte sie hinzu.
    Doch sie wich nicht zurück. Zwar kam sie mit angewiderter Miene nur zögernd voran, doch sie war wild entschlossen, Dun nicht aus den Augen zu verlieren. Der alte General fühlte sich in gewisser Weise getröstet. Vielleicht war es ja wirklich richtig, was er tat, und nicht nur ein unüberlegter Entschluss. Was auch immer die Gründe für Logrids Anwesenheit in Masalia und den Mord an den beiden Ratsherrn sein mochten – alles schien auf Eraëd hinzuweisen. Und falls Logrid ahnte, dass Dun das Schwert versteckt hatte, so war er

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