Der Pfad im Schnee
meine Überlegenheit ihm gegenüber erkannte, und beide Male zögerte ich nicht, den Hieb auszuführen.
Als wir fertig waren, glühte selbst Matsuda ein wenig, vielleicht lag es am Frühlingswetter. Wir wischten uns den Schweiß vom Gesicht mit Handtüchern, die Norio brachte, und der Abt sagte: »Ich habe nicht geglaubt, dass aus Ihnen je ein Schwertkämpfer wird, aber Sie waren besser, als ich erwartet hatte. Wenn Sie sich konzentrieren, sind Sie nicht schlecht, gar nicht schlecht.«
So großes Lob machte mich sprachlos. Er lachte. »Lassen Sie sich das nicht zu Kopf steigen. Später am Nachmittag sehen wir uns wieder. Ich hoffe, Sie haben Ihre Lektion über Strategie vorbereitet.«
»Ja, aber da ist noch etwas, worüber ich mit Ihnen reden muss.«
»Hat es mit Lady Shirakawa zu tun?«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich hatte schon gehört, dass sie auf dem Weg zum Tempel ist. Vorbereitungen wurden getroffen, damit sie im Gästehaus der Frauen bleiben kann. Es ist eine große Ehre für uns. Ich werde sie im Lauf des Tages aufsuchen.«
Es klang alles wie beiläufiges Geplauder über einen ganz normalen Gast, aber inzwischen kannte ich Matsuda gut genug: Er machte nichts beiläufig. Ich fürchtete, er könnte die gleichen Bedenken gegen meine Heirat haben wie Makoto, doch früher oder später musste ich ihm von meinen Absichten erzählen. Das alles schoss mir in einem Augenblick durch den Kopf und dann fiel mir noch ein: Wenn ich jemanden um Erlaubnis bitten musste, dann auf jeden Fall ihn.
Ich sank auf die Knie und sagte: »Ich möchte Lady Shirakawa heiraten. Darf ich Ihre Erlaubnis haben und kann die Zeremonie hier durchgeführt werden?«
»Deshalb ist Lady Shirakawa also hergekommen? Hat sie die Einwilligung ihrer Familie und ihres Clans?«
»Nein, sie kam aus einem anderen Grund - um sich für die Genesung von ihrer Krankheit zu bedanken. Aber Lord Shigeru hat befohlen, dass ich sie heiraten soll, und jetzt scheint das Schicksal sie mir hierher gebracht zu haben…« Ich hörte einen flehenden Ton in meiner Stimme.
Der Abt hörte ihn auch. Lächelnd sagte er: »Das Problem liegt nicht bei Ihnen, Takeo. Für Sie ist es das Richtige. Aber dass sie heiratet, ohne die Zustimmung von ihrem Clan, von Lord Arai… Seien Sie geduldig, bitten Sie um seine Einwilligung. Im vergangenen Jahr hat er die Heirat befürwortet. Alle Gründe sprechen dafür, dass er das immer noch tut.«
Ich rief: »Ich kann jeden Moment ermordet werden! Ich habe keine Zeit, geduldig zu sein! Und es gibt noch einen anderen, der sie heiraten will.«
»Sind sie verlobt?«
»Nicht offiziell. Aber offenbar erwartet er, dass es dazu kommt. Er ist ein Edelmann, sein Besitz liegt neben ihrem.«
»Fujiwara«, sagte Matsuda.
»Sie kennen ihn?«
»Ich weiß, wer er ist. Wie jeder, abgesehen von Halbgebildeten wie Ihnen. Es ist eine sehr passende Verbindung. Die Ländereien werden zusammengelegt, Fujiwaras Sohn wird beide erben und, was wichtiger ist, weil Fujiwara mit größter Wahrscheinlichkeit bald in die Hauptstadt zurückkehrt, wird Arai einen Freund am Hof haben.«
»Darauf muss Arai verzichten, weil sie Fujiwara nicht heiraten wird. Sie heiratet mich, bevor die Woche zu Ende ist!«
»Zwischen den beiden werden Sie zermalmt.« Er schaute mich fest an.
»Nicht wenn Arai glaubt, dass ich ihm bei der Vernichtung des Stammes helfen kann. Und wenn wir heiraten, werden wir danach sofort nach Maruyama aufbrechen. Lady Shirakawa ist die gesetzliche Erbin dieser Domäne und der ihres Vaters. Beide werden mir die Mittel verschaffen, die ich brauche, um die Otori herauszufordern.«
»Als Strategie ist das nicht schlecht«, sagte er. »Aber es gibt große Risiken. Sie könnten Arai völlig gegen sich aufbringen. Ich fände es besser für Sie, eine Zeit lang unter ihm zu dienen und die Kriegskunst zu lernen. Und einen Mann wie Fujiwara wollen Sie sich doch nicht zum Feind machen. Dieser Schritt, so kühn er ist, könnte alle Ihre Hoffnungen zerstören. Ich möchte das nicht erleben. Ich möchte sehen, wie alle Wünsche Shigerus erfüllt werden. Ist es das Spiel wert?«
»Nichts wird mich davon abhalten, sie zu heiraten«, sagte ich leise.
»Sie sind in sie verliebt. Lassen Sie Ihr Urteilsvermögen davon nicht beeinflussen.«
»Es ist mehr als Verliebtheit. Sie ist mein Leben und ich bin ihres.«
Er seufzte. »Das glauben wir alle in einem gewissen Alter von der einen oder anderen Frau. Verlassen Sie sich auf mich, es hält nicht
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