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Der Pfad im Schnee

Der Pfad im Schnee

Titel: Der Pfad im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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mit leichtem Spott.
    Ich setzte mich, doch ich dachte nicht wirklich nach. Ich war immer noch darauf versessen hinauszukommen. Ich hörte den Kessel zischen, als sie auf die Glut blies, hörte das Klirren von Eisen und Tongefäßen. Sie kam mit dem Tee zurück, kniete nieder, um ihn einzugießen, und reichte mir eine Schale, die ich vorgebeugt entgegennahm. Die Lampe stand zwischen uns. Als ich nach der Schale griff, schaute ich in ihre Augen, sah die Belustigung und den Spott darin, sah, dass sie mir zuvor geschmeichelt hatte. Sie glaubte nicht wirklich an meine Talente. Dann zuckten ihre Lider und schlossen sich. Ich ließ die Schale fallen und fing die schwankende Frau auf. Sie schlief bereits tief und ich legte sie auf die Matte. Im Schein der Lampe dampfte der verschüttete Tee ein wenig.
    Ich hätte entsetzt sein sollen, doch das war ich nicht. Ich empfand nur die kalte Genugtuung, die erfolgreich angewandte Fähigkeiten des Stamms auslösen. Es tat mir Leid, dass ich nicht zuvor daran gedacht hatte, aber nie war mir in den Sinn gekommen, dass ich über die Frau des Mutomeisters irgendwelche Macht haben könnte. Vor allem war ich erleichtert, dass mich jetzt nichts mehr daran hinderte, das Haus zu verlassen.
    Als ich durch die Seitentür in den Hof schlüpfte, hörte ich, wie die Hunde sich regten. Ich pfiff nach ihnen in ein paar hohen, leisen Tönen, die nur sie und ich hören konnten. Ein Hund trottete mit wedelndem Schwanz herüber, um mich zu beschnüffeln. Wie alle Hunde mochte er mich. Ich streckte die Hand aus. Er legte seinen Kopf darauf. Der Mond stand tief am Himmel, doch sein Licht reichte aus, um die Hundeaugen gelb glänzen zu lassen. Wir starrten einander ein paar Sekunden lang an, dann gähnte das Tier, zeigte dabei seine großen weißen Zähne, legte sich zu meinen Füßen nieder und schlief ein.
    Kurz plagte mich der Gedanke, dass es ein großer Unterschied ist, ob man die Frau des Mutomeisters einschläfert oder einen Hund, aber ich verdrängte ihn. Ich kauerte nieder und streichelte dem Tier ein paarmal den Kopf, während ich die Mauer betrachtete.
    Natürlich hatte ich weder Waffen noch Werkzeug. Der Überhang des Mauerdachs war breit und so stark geneigt, dass man sich ohne einen Haken unmöglich festhalten konnte. Schließlich kletterte ich auf das Dach des Badehauses und sprang hinüber. Ich machte mich unsichtbar, kroch oben auf der Mauer weg vom Hintertor und den Wachen und sprang direkt vor der Ecke hinunter auf die Straße. Einige Augenblicke stand ich an der Mauer und horchte. Ich hörte das Gemurmel der Wachen. Die Hunde waren still und die ganze Stadt schien zu schlafen.
    Wie schon in der Nacht, in der ich ins Schloss Yamagata geklettert war, arbeitete ich mich von Straße zu Straße vor und ging auf einem Zickzackweg zum Fluss.
    Unter dem sinkenden Mond standen noch immer die Weiden. Die Zweige bewegten sich leicht im Herbstwind, die Blätter waren schon gelb, ein oder zwei schwebten hinunter ins Wasser.
    Ich kauerte mich in den Schutz der Bäume. Ich hatte keine Ahnung, wer diese Stadt jetzt beherrschte: Der Lord, den Shigeru besucht hatte, Iidas Verbündeter, war mit den Tohan gestürzt worden, als die Stadt bei der Nachricht von Shigerus Tod in Aufruhr geriet, aber vermutlich hatte Arai eine Art Übergangsregenten eingesetzt. Es war keine Patrouille zu hören. Ich betrachtete das Schloss und konnte nicht erkennen, ob die Köpfe der Verborgenen, die ich durch den Tod von ihren Qualen erlöst hatte, entfernt worden waren oder nicht. Ich konnte kaum meiner Erinnerung glauben: Es war, als hätte ich es geträumt oder die Erzählung über einen gehört, der es getan hatte.
    Ich dachte an jene Nacht, in der ich durch den Fluss getaucht war, da hörte ich Schritte, die sich am Ufer näherten. Wer immer es sein mochte, war recht nah; der Boden war weich und feucht und dämpfte die Schritte. Jetzt hätte ich weggehen sollen, doch ich wollte sehen, wer zu dieser Nachtstunde an den Fluss kam, und dass er mich nicht sehen würde, wusste ich.
    Der Mann war noch nicht einmal mittelgroß und sehr schmächtig; mehr konnte ich in der Dunkelheit nicht erkennen. Er schaute sich verstohlen um und kniete sich dann an den Rand des Wassers, als würde er beten. Der Wind brachte vom Fluss her den Geruch nach Wasser und Schlamm und den des Mannes.
    Er war irgendwie vertraut. Ich schnupperte in der Luft wie ein Hund und versuchte mir darüber klar zu werden. Gleich darauffiel es mir ein: Es war der

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