Der Pfad im Schnee
Händler hatte einige Bücher, und wie Shigeru es mich gelehrt hatte, las ich, wann immer es möglich war, doch ich hatte meinen Tuschstein und die Pinsel in Inuyama verloren und seither kaum etwas geschrieben.
Ich kopierte eifrig die Dokumente, Unterlagen aus dem Laden, Rechnungen über Sojabohnen und Reis, die von örtlichen Bauern gekauft worden waren, doch es juckte mich in den Fingern zu malen. Ich erinnerte mich an meinen ersten Besuch in Terayama, den strahlenden Sommertag, die schönen Bilder, den kleinen Bergvogel, den ich gezeichnet und Kaede geschenkt hatte.
Wie immer, wenn ich an die Vergangenheit dachte und mein Herz nicht gewappnet hatte, kam Kaede zu mir und nahm mich erneut in Besitz. Ich spürte ihre Gegenwart, roch den Duft ihres Haars, hörte ihre Stimme. So intensiv empfand ich ihre Anwesenheit, dass ich einen Augenblick Angst bekam, als wäre ihr Geist ins Zimmer geschlüpft. Ihr Geist würde wütend auf mich sein, voller Groll und Zorn, weil ich sie verlassen hatte. Ihre Worte klangen mir in den Ohren: Ich habe Angst vor mir selbst. Ich bin nur bei dir sicher.
Es war kalt im Zimmer und wurde schon dunkel, der kommende Winter drohte bereits. Ich fröstelte voller Reue und Bedauern. Meine Hände waren taub vor Kälte.
Ich hörte, wie sich Yukis Schritte aus dem hinteren Teil des Hauses näherten. Ich fing wieder an zu schreiben. Sie überquerte den Hof, schlüpfte aus den Sandalen und betrat die Veranda des Büros. Ich roch brennende Holzkohle. Sie hatte eine kleine Kohlenpfanne mitgebracht, die sie neben mir auf den Boden stellte.
»Du siehst durchfroren aus«, sagte sie. »Soll ich dir Tee bringen?«
»Später vielleicht.« Ich legte den Pinsel weg und streckte die Hände zur Wärme aus. Sie nahm sie und rieb sie zwischen den eigenen.
»Ich schließe die Läden«, sagte sie.
»Dann musst du eine Lampe bringen. Sonst sehe ich nichts beim Schreiben.«
Sie lachte leise. Ein Holzladen nach dem anderen glitt an seinen Platz. Der Raum wurde dämmrig, nur der schwache Schein der Holzkohle beleuchtete ihn. Als Yuki zu mir zurückkam, hatte sie bereits ihr Gewand gelockert. Bald waren wir beide warm. Doch nach dem Liebesakt, der so wunderbar wie immer war, kehrte mein Unbehagen zurück. Kaedes Geist war bei mir gewesen. Quälte ich sie, weckte ich ihre Eifersucht und Wut?
Yuki schmiegte sich an mich und strahlte Hitze aus, als sie sagte: »Von deiner Kusine ist eine Botschaft gekommen.«
»Von welcher Kusine?« Ich hatte jetzt Dutzende.
»Muto Shizuka.«
Ich rückte von Yuki weg, damit sie nicht meinen beschleunigten Herzschlag hörte. »Was hat sie gesagt?«
»Lady Shirakawa stirbt. Shizuka sagte, sie fürchte, das Ende sei sehr nah.« Mit träger, zufriedener Stimme fügte Yuki hinzu: »Armes Ding.«
Sie glühte vor Lebenslust und Vergnügen. Doch für mich war nur Kaede im Zimmer, ihre Zartheit, ihre Intensität, ihre übernatürliche Schönheit. Meine Seele rief ihr zu: Du kannst nicht sterben. Ich muss dich wiedersehen. Ich komme zu dir. Stirb nicht, bevor ich dich wiedersehe!
Ihr Geist schaute mich an, die vorwurfsvollen Augen dunkel vor Kummer.
Yuki drehte sich um und schaute mich an, verblüfft über mein Schweigen. »Shizuka fand, du solltest das wissen - war etwas zwischen euch? Mein Vater deutete das an, aber er sagte, es sei nur eine jugendliche Verliebtheit gewesen. Er sagte, jeder, der sie sah, sei von ihr betört worden.«
Ich gab keine Antwort. Yuki setzte sich auf und zog ihr Gewand um sich. »Es war mehr als das, nicht wahr? Du hast sie geliebt.« Sie packte meine Hände und drehte mich um, so dass ich sie anschauen musste. »Du hast sie geliebt«, wiederholte sie und die Eifersucht war ihr anzuhören. »Ist es vorbei?«
»Es wird nie vorbei sein«, sagte ich. »Selbst wenn sie stirbt, kann ich nie aufhören, sie zu lieben.« Jetzt, wo es zu spät war, um es Kaede zu sagen, wusste ich, dass es stimmte.
»Der Teil deines Lebens ist abgeschlossen«, sagte Yuki leise, aber heftig. »Ganz und gar. Vergiss sie! Du wirst sie nie mehr sehen.« Ich hörte den Zorn und die Enttäuschung in ihrer Stimme.
»Ich hätte es dir nie erzählt, wenn du sie nicht erwähnt hättest.« Ich befreite meine Hände und zog mich wieder an. Die Wärme war so schnell von mir gewichen, wie sie gekommen war. Die Kohlenpfanne erkaltete bereits.
»Bring mehr Kohle«, sagte ich zu Yuki. »Und Lampen. Ich muss mit der Arbeit fertig werden.«
»Takeo«, begann sie und stockte abrupt. »Ich schicke
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