Der Pfad im Schnee
vergeben sie einander ihre Fehler auf diesem wie auf allen anderen Gebieten.
Unsere vierte Nacht verbrachten wir in einem großen Ort bei einer wohlhabenden Familie. Trotz der allgemeinen Knappheit, die in der ganzen Region den Unwettern folgte, hatten diese Leute viele Vorräte und waren großzügige Gastgeber. Der Händler bot uns Frauen an, Dienstmädchen aus seinem Haushalt, und Akio und Kazuo akzeptierten. Ich entschuldigte mich unter einem Vorwand und wurde dafür ausgelacht und aufgezogen, aber dann auch wieder in Ruhe gelassen. Später, als die Mädchen ins Zimmer kamen und sich zu den anderen Männern legten, trug ich meine Matratze hinaus auf die Veranda und fröstelte unter den scharfen Eisspitzen der Sterne. Begehren, Sehnsucht nach Kaede oder, um ehrlich zu sein, in diesem Moment nach irgendeiner Frau, quälte mich. Die Tür glitt auf und ich nahm an, eines der Mädchen komme heraus. Als sie die Tür hinter sich schloss, fing ich ihren Duft auf und erkannte ihren Schritt.
Yuki kniete sich neben mich. Ich griff nach ihr und zog sie zu mir herunter. Ihr Gürtel war offen, ihr Gewand locker. Ich weiß noch, dass ich ihr unendlich dankbar war. Sie öffnete meine Kleidung und machte alles so einfach für mich - zu einfach: Ich war zu schnell. Sie tadelte mich wegen meiner Ungeduld und versprach, mich zu unterweisen. Und das tat sie.
Am nächsten Morgen schaute mich Akio forschend an. »Hast du es dir letzte Nacht anders überlegt?«
Ich fragte mich, woher er das wusste, ob er uns durch die dünnen Wände gehört hatte oder ob er es nur vermutete.
»Eines der Mädchen ist zu mir gekommen. Es wäre unhöflich gewesen, sie abzuweisen«, antwortete ich.
Er brummte etwas und verfolgte die Sache nicht weiter, aber er beobachtete Yuki und mich aufmerksam, obwohl wir nichts zueinander sagten, als ob er wüsste, dass sich zwischen uns etwas verändert hatte. Ich dachte ständig an sie und pendelte dabei zwischen Hochstimmung und Verzweiflung; Hochstimmung, weil der Liebesakt mit ihr unbeschreiblich schön war, Verzweiflung, weil sie nicht Kaede war und weil das, was wir zusammen machten, mich noch enger mit dem Stamm verband.
Ich musste an Kenjis Kommentar denken, als er weggegangen war: Es ist gut, dass Yuki dabei ist und ein Auge auf dich hat. Er hatte gewusst, dass es dazu kommen würde. Hatte er es mit ihr geplant, sie dazu angewiesen? Wusste es Akio selbstverständlich, weil man es ihm gesagt hatte? Ich war voller Befürchtungen und vertraute Yuki nicht, aber das hinderte mich nicht, bei jeder Gelegenheit zu ihr zu gehen. Sie, die so viel klüger in diesen Dingen war, sorgte dafür, dass sich die Gelegenheit häufig ergab. Und Akios Eifersucht wurde täglich offensichtlicher.
So kam unsere kleine Gruppe nach Matsue, äußerlich in Eintracht und Harmonie, doch tatsächlich durch tiefe Emotionen gespalten, die wir als echte Angehörige des Stamms vor Außenstehenden und voreinander verbargen.
Wir wohnten in einem Kikutahaus, das einem weiteren Händler gehörte und nach gärenden Sojabohnen, Paste und Sauce roch. Der Besitzer, Gosaburo, war Kotaros jüngster Bruder, ein Vetter ersten Grades von meinem Vater. Jetzt war Geheimhaltung kaum nötig. Wir befanden uns ein gutes Stück jenseits der Drei Länder, außerhalb von Arais Einflussbereich, und in Matsue hatte der örtliche Clan, die Yoshida, keinen Streit mit dem Stamm, der ihm beim Geldverleihen, Spionieren und Töten gleichermaßen nützlich war. Hier hörten wir Neuigkeiten von Arai; er unterdrückte das Östliche und das Mittlere Land, schmiedete Bündnisse, trug Grenzgefechte aus und baute seine Verwaltung auf. Wir hörten die ersten Gerüchte über seinen Feldzug gegen den Stamm und seine Absicht, die Stammesangehörigen aus seinen Ländereien zu vertreiben, Gerüchte, die zu viel Heiterkeit und Spott führten.
Auf die Einzelheiten meiner Ausbildung will ich nicht eingehen. Ihr Ziel war, mein Herz zu verhärten und mir Rücksichtslosigkeit beizubringen. Aber selbst jetzt, Jahre später, erschreckt mich die Erinnerung an ihre Strenge und Grausamkeit und lässt mich wünschen, ich könnte die Augen abwenden. Es waren grausige Zeiten: Vielleicht war der Himmel zornig, vielleicht waren Menschen von Teufeln besessen, vielleicht stürzen die brutalen Mächte mit ihrem Gespür für Fäulnis über uns herein, wenn die guten schwach werden. Der Stamm, die Grausamsten der Grausamen, blühte.
Ich war nicht der einzige Stammesangehörige, der ausgebildet
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