Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake
damit anstellen. Vielleicht können wir herausfinden, wer sie ist.«
»Und wie sollen wir das anstellen?«
»Immer der Reihe nach, Lar. Lass sie uns erst mit nach Hause nehmen, dann überlegen wir weiter.«
»Warum nehmen wir sie nicht einfach nicht mit nach Hause, solange wir weiter überlegen?«
»Hey, jetzt sind wir schon mal hier. Wann kriegen wir nochmal so eine Chance? Komm schon, Mann, wir waren uns doch einig. Du kannst doch jetzt keinen Rückzieher machen.«
»Ich mache keinen Rückzieher. Ich weiß nur nicht, was wir davon haben. Es genügt nicht für unser Buch, wenn zwei Idioten eine Leiche mit nach Hause nehmen und ihre Frauen in den Wahnsinn treiben. Auch eine wahre Geschichte braucht eine Handlung, Dramatik und einen Höhepunkt. Vor allem einen Höhepunkt. Wir haben nichts davon.«
»Also, eines Tages ziehen wir den Pfahl heraus.«
»Und das verdammte Ding liegt immer noch einfach da.«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht.«
»Ach komm, du hast doch selbst gesagt, dass sie kein Vampir ist.«
»Aber wir wissen es nicht mit Sicherheit. Offenbar glaubt irgendjemand , dass sie doch einer ist.«
»Okay, dann nehmen wir mal an, wir ziehen den Pfahl heraus und sie ist wirklich eine Vampirin.«
»Das wäre was, oder? Dann schreiben wir auf jeden Fall einen Bestseller.«
»Wenn sie uns nicht in die Hälse beißt.«
»Wir werden entsprechende Vorkehrungen treffen, wenn es so weit ist. Ich habe einige Kreuze und Knoblauchzwiebeln griffbereit. Vielleicht kaufen wir noch Handschellen oder fesseln sie mit einem Seil.«
»Und wenn wir den Pfahl herausziehen und nichts passiert? Denn genau so wird es sein. Was ist dann?«
Pete fuhr los.
»Dann war das Ganze ein totaler Reinfall«, gab Larry selbst die Antwort.
Pete steuerte den Lieferwagen vorsichtig auf die Straße zurück. Langsam fuhren sie Richtung Sagebrush Flat Hotel.
»Lass uns einfach nach Hause fahren und die Sache vergessen.«
»Du hast gesagt, wir entscheiden spontan, was wir tun.«
»Dann sage ich spontan: Lass uns die Angelegenheit vergessen.«
»Ich habe eine bessere Idee.« Pete wandte sich Larry zu. Im trüben Mondlicht schienen seine Zähne zu glühen, als er ihn angrinste. »Du meintest, wenn wir den Pfahl rausziehen und sie immer noch ruhig daliegt, war das Ganze ein Reinfall. Dann finden wir doch einfach heute Nacht heraus, ob sie ein Vampir ist.« Er lenkte den Wagen auf die andere Straßenseite und hielt vor dem Hotel an. »Lass uns reingehen und den Pfahl rausziehen.«
16
Larry stand fröstelnd vor dem Lieferwagen und richtete die Taschenlampe auf die Türen des Hotels. Sie waren geschlossen. Das Vorhängeschloss hing in der Öse, aber der Schaden, den Pete angerichtet hatte, war nicht repariert worden. Der Beschlag an der rechten Tür war noch immer herausgerissen.
Pete kam an Larrys Seite. Er hielt das Montiereisen in der Hand.
»Das brauchst du nicht, um hier einzubrechen«, flüsterte Larry.
Pete nickte und schob die Stange in seinen Gürtel. Er blickte sich zu beiden Seiten der Straße um. Dann hob er den Fotoapparat und schoss ein Bild von den Türen.
Als er auf den Bürgersteig trat, griff Larry nach seiner Schulter. »Warte mal.«
»Ich gehe da rein. Wenn du Angst hast …«
»Hast du keine Angst?«
»Doch, klar. Aber das kann mich nicht aufhalten. Du kannst ja draußen warten, wenn du willst.«
Larry ließ seine Hand fallen. Er folgte Pete über den Bürgersteig zur Tür. Die Muskeln in seinen Beinen gaben nach, seine Knie zitterten. Seine Eingeweide rebellierten. Das Herz pochte wild, und er rang um Atem.
Wer wird Petes Buch schreiben, dachte er, wenn ich einen Herzinfarkt bekomme und tot umkippe?
Pete öffnete die Tür. Larry leuchtete in die Lobby. Der Lichtkegel strich zitternd über die Treppe zu ihrer Linken, glitt über das Geländer, dann weiter nach unten und durch den leeren Raum zur Rechten.
Sie gingen hinein. Pete schloss die Tür.
Ich bin drin, dachte Larry. Allmächtiger.
Er hörte den Wind draußen gegen das Gebäude blasen. Im windstillen Inneren war es warm, wenn auch nicht so warm wie im Auto. Er konnte nicht aufhören zu zittern. Seine Haut spannte sich, und er spürte, dass er von Kopf bis Fuß eine Gänsehaut hatte. Eine eisige Hand schien sich um seine Genitalien zu schließen.
Er leuchtete durch den Raum. Über den sandigen Dielenboden. An den Wänden entlang. Über die Rezeption. Langsam drehte er sich im Kreis und strahlte die zugenagelten Fenster an der Vorderseite an. Die
Weitere Kostenlose Bücher