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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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auf den abgetretenen Pflastersteinen der einstigen Klosterkirche hallten. Abgesehen von Ursula waren fast ausnahmslos junge Männer im Haushalt beschäftigt. Ich fragte mich, wie viele Bedienstete die Hobbeys wohl insgesamt unterhielten; vielleicht ein Dutzend.
    Da vernahm ich ein keuchendes Schnüffeln neben mir, blickte nieder und bemerkte etwas auf Abigails Schoß, das einem Fellbündel glich. Daraus starrten zwei kleine Knopfaugen mit freundlicher Neugier zu mir auf. Es war ein kleiner Spaniel, dem Hund der Königin ähnlich, nur entsetzlich fett. Abigail betrachtete das Tier mit einem unerwartet zärtlichen Lächeln. »Vater«, sagte David angeekelt, »Mutter hat schon wieder Lamkin auf dem Schoß.«
    »Abigail«, mahnte Hobbey mit seiner ruhigen, gleichmäßigen Stimme. »Bitte Ambrose, ihn hinauszutragen. Wir möchten doch nicht, dass er wieder auf den Tisch springt, nicht wahr?«
    Abigail überließ Fulstowe den Hund und blickte ihm nach, als er aus dem Saal getragen wurde. Sie warf mir einen Blick zu, und ich sah etwas wie Hass in ihren Augen aufflackern. Fulstowe kam zurück und stellte sich wieder hinter seinen Herrn. Ursula trug eine Schüssel mit duftender Ingwersauce auf. Dyrick betrachtete die Speisen mit einem Lächeln der Vorfreude. Hugh dagegen starrte ausdruckslos vor sich hin.
    »Wir wollen das Tischgebet sprechen«, sagte Hobbey.
    * * *
    Es war ein herrliches Mahl, kalter Gänsebraten mit üppigen Saucen und erstklassigem Rotwein in silbernen Krügen. Dyrick und ich, beide hungrig, langten tüchtig zu.
    »Wie stehen die Dinge in London?«, fragte Hobbey. »Wie ich höre, ist die Währung erneut abgewertet worden.«
    »So ist es. Es verursacht viel Verwirrung und Verdruss.«
    »Ich bin froh, auf dem Lande zu leben. Wie war der Ritt hierher? Wir hatten Unwetter hier, aber in London sollen sie ja weitaus schlimmer gewütet haben. Ich fürchtete schon, die Wege könnten schlammig sein und von den Soldaten des Königs überfüllt, die nach Portsmouth ziehen.«
    »So war es auch«, stimmte Dyrick zu. »Doch wir hatten Glück, dank Bruder Shardlake. Wir trafen zufällig einen seiner früheren Mandanten, Kommandant einer Kompanie Bogenschützen, der uns erlaubte, mit dem Regiment zu reiten. Ein Trompetenstoß genügte, und alles sprang beiseite, um uns passieren zu lassen.«
    Hugh drehte sich zu mir um und betrachtete mich eingehend. »Ein dankbarer Mandant?«, fragte Hobbey lächelnd. »Was habt Ihr für ihn gewonnen?«
    »Das Eigentumsrecht für ein Stück Land.«
    Er nickte, als hätte er ebendies erwartet. »Und sie waren auf dem Wege nach Portsmouth?«
    »Ja. Bauernburschen aus Middlesex. Einer von ihnen möchte sich später in London niederlassen und Theaterstücke schreiben.«
    »Ein Soldat vom Lande, der Stücke schreibt?« Hobbey stieß ein höhnisches Lachen aus. »Dergleichen habe ich noch nie gehört.«
    »Ich glaube, er hatte auch die unflätigen Liedchen verfasst, die die Soldaten auf der Straße sangen«, sagte Dyrick. »Mit Verlaub, Mistress Abigail.« Abigail lächelte dünn.
    »Bauernburschen sollten dem Pfluge die Treue halten«, sagte Hobbey mit Nachdruck.
    »Nur dann nicht, wenn sie uns alle verteidigen sollen?«, fragte Hugh mit ruhiger Stimme.
    »So ist es. Vorausgesetzt, sie sind großjährig.« Hobbeys Blick auf sein Mündel war mit einem Male streng.
    Dyrick sagte: »Immer mehr Männer marschieren gen Süden. Und König und Königin kommen nach Portsmouth, um die Schiffe zu besichtigen, wie ich höre.«
    Hugh wandte sich mir zu. »Die Soldaten waren Bogenschützen, Sir?«
    »Ja, Master Curteys. Ihre Geschicklichkeit im Umgang mit Pfeil und Bogen muss man gesehen haben, sonst glaubt man es nicht.«
    »Ihr solltet Hugh und mich sehen, wenn wir Zielübungen machen«, sagte David und beugte sich zu seiner Mutter hinüber. »Ich bin der Stärkere«, setzte er stolz hinzu.
    »Und ich bin derjenige, der ins Schwarze trifft«, entgegnete Hugh leise.
    »Auch ich war ein trefflicher Schütze in meiner Jugend«, sagte Dyrick selbstgefällig. »Jetzt unterrichte ich meinen Sohn. Obwohl er – Gott sei es gedankt – erst zehn Jahre alt ist und damit zu jung, um in den Krieg zu ziehen.«
    »Master Shardlake wird gewiss nicht dabei zusehen wollen, wie ihr Knaben euch diesem gefährlichen Zeitvertreib widmet«, sagte Abigail. »Wenn das so weitergeht, endet noch einer der Diener mit einem Pfeil im Leibe.«
    Hugh maß sie kalt. »Sie laufen nur Gefahr, von einem Pfeil getötet zu werden, wenn

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