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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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zwanzig Dorfleute versammelt, allesamt feindselig und erbost, er aber schritt geradewegs auf mich zu. »Master Shardlake, jener Bote hat einen Stoß Briefe für Euch. Er wartet in der Küche.« Er wandte sich an die Dorfleute. »Und ihr schert euch fort! Sonst lasse ich euch ergreifen!«
    Einige Männer funkelten ihn wütend an. Einer rief: »Seid Ihr sicher, dass nicht der Geisteskranke seine Mutter ermordet hat?«
    »Genau!«, setzte ein anderer hinzu. »Der Bursche ist doch vom Teufel besessen!«
    »Nein!«, meldete Mistress Ettis sich zu Wort. »Er ist noch ein Knabe, lasst ihn in Ruhe!« Dann sagte sie laut zu Fulstowe: »Nicht der Junge hat meinen Mann in den Kerker gebracht, sondern Ihr.« Sie deutete auf Dyrick. »Und diese schwarze Krähe dort.«
    Wieder wurden Stimmen laut. Ein Mann bückte sich nach einem Stein und warf ihn auf Dyrick. Der sprang beiseite, machte kehrt und verschwand eilig im Haus. Die Leute lachten.
    Ich hob die Hände. »Geht jetzt! Macht kein Aufhebens! Und lasst die Geschworenen in Ruhe. Sendet eure Klage an meine Kanzlei am Lincoln’s Inn!« Ich wandte mich an Fulstowe. »Und nun, Master Steward, will ich den Boten sehen. Komm, Barak.«
    * * *
    Der Bote saß am Küchentisch, wo Ursula ihm Bier, dazu Brot und Käse vorgesetzt hatte. Er stand auf und verneigte sich, als wir eintraten, und überreichte mir alsdann ein Päckchen. Es enthielt drei Briefe, einen von Warner, einen zweiten von Guy, und einen dritten für Barak, den ich ihm aushändigte. »Danke, mein Freund«, sagte ich zu dem Boten. »Wie weit seid Ihr heute geritten?«
    »Von Portchester Castle bis hierher. Der königliche Tross ist gestern dort eingetroffen. Master Warner meinte, ich solle mich sofort auf den Weg machen, es habe bei privaten Briefen Verzögerungen gegeben. Sendungen aus London sind schon mehrere Tage alt.«
    Ich bedankte mich erneut. »Gehen wir in deine Stube«, sagte ich zu Barak. »Dort sind wir ungestört.«
    Als wir um die Ecke gebogen waren, sagte er: »Der Aufruhr eben hätte ein schlimmes Ende nehmen können.«
    »Ich weiß.«
    Er lachte verächtlich. »Habt Ihr gesehen, wie Dyrick sich aus dem Staub machte, als der Stein geflogen kam? Er gehört zu denen, die gern das Maul spazieren führen und dann beim Geringsten davonlaufen wie die Hasen. Ich wünschte, der junge Feaveryear hätte dies sehen können.«
    »Ich begreife noch immer nicht, warum Feaveryear so plötzlich verschwand. Die Sache hatte gewiss etwas mit Hugh und David zu tun.«
    Barak sah mich mit ernster Miene an. »Ihr seid vorhin hart ins Gericht gegangen mit der Familie.«
    »Ich musste Ettis beistehen. Wenn ans Licht käme, dass niemand Abigail mochte, wäre er vielleicht aus dem Schneider, dachte ich. Priddis machte mir einen Strich durch die Rechnung. Hast du gehört, was er anschließend zu mir sagte?«
    »Ja. Er ist gefährlich.«
    »Ich weiß. Ich frage mich, ob Mistress Ettis den Mut hat, die Sache mit dem Gemeindeland voranzutreiben? Ich befürchte, die Dorfleute verlassen sich auf sie.«
    »Sie schien mir eine beherzte Frau zu sein. Erinnerte mich ein wenig an Tamasin, freilich in älterer Ausgabe. Jetzt kommt, öffnen wir diese Briefe.«
    In seinem Zimmer riss Barak Tamasins Brief auf und las ihn gierig, während ich jenen von Guy öffnete. Er datierte vom 12. Juli, war demnach vier Tage alt:
    Lieber Matthew,
    ich habe Deinen Brief erhalten. Es wird dich freuen zu hören, dass Tamasin sich gut entwickelt, obschon sie jetzt, da die Geburt näher rückt, schnell müde wird. Coldiron ist grämlicher Laune, seit ich ihn ermahnt habe, aber nicht unverschämt. Josephine scheint ein wenig Selbstvertrauen gewonnen zu haben – ich hörte, wie sie zu dem jungen Simon sagte, als dieser seinem Wunsche Ausdruck verlieh, in die Schlacht zu ziehen, dass der Krieg etwas Schlechtes sei und sie von Herzen wünsche, Gott möge allenthalben auf der Welt seine Völker zum Frieden bewegen. Ich war darüber sehr froh, wiewohl es mich an den Moment erinnerte, da sie auf Französisch fluchte.
    Ich war erneut bei Ellen. Rein äußerlich ist sie wieder ganz die Alte, ist fröhlich und umsorgt die Kranken, als wäre nichts geschehen. Sie sagte mir, sie sei wohlauf, ich brauche nicht mehr nach ihr zu sehen. Dich aber erwähnte sie mit keiner Silbe, und ich spürte die Emotionen, die unter der glatten Oberfläche tobten.
    Als ich mich schon zum Gehen wandte, kam Hob Gebons mir nach und erzählte, dass Shawms vor zwei Tagen Besuch erhalten habe von

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