Der Pfeil der Rache
sagte: »Es war David, der neulich Barak und mich ins Visier nahm, nicht? Ich glaube, er folgte mir schon in der ersten Nacht, als ich hier eintraf.«
Er antwortete: »Das mag wohl sein.«
»Und wer hat seine Mutter getötet?«
Hobbey schlug die Augen nieder. Dyrick hob warnend die Hand. »Nicholas –«
Hobbey blickte wieder auf. »Ich hatte es von Anfang an befürchtet. David – er betrachtete mittlerweile jeden als seinen Feind; bis auf mich und Emma, die er – die er liebte. Er sagte mehr als einmal zu mir, er werde jeden töten, der danach trachte, uns zu verraten.« Er fügte finster hinzu: »Er wollte Euch erschießen, doch der Pfeil ging daneben. Er ist nicht so treffsicher wie Emma.«
»Großer Gott!«, sagte Barak.
»Aus diesem Grund ließ ich mich von Fulstowe und Vincent überreden, die Schuld dem Bauern Ettis zuzuweisen. Davids Gemüt –« Er schüttelte den Kopf. »Doch jetzt ist alles vorbei.« Er blickte mit traurigem Lächeln auf das Stundenglas, ein gebrochener Mann. »Die Zeit ist abgelaufen, wie ich es seit langem befürchtet habe.«
»Sollte Emma die Identität ihres Bruders annehmen, weil ein Mädchen dem Gesetz nach viel eher in den Genuss ihres Eigentums kommt als ein Knabe?«
»Vor sechs Jahren, als ich dieses Haus kaufte, war ich ein wohlhabender Kaufmann, ein Emporgekommener.« Er sagte es mit Verbitterung. »Doch dann belegten Franzosen und Spanier den englischen Handel mit einem Embargo. Ich hatte zu viel Geld zur falschen Zeit investiert und stand vor dem Ruin. Als Hughs und Emmas Eltern verstarben, sah ich die Gelegenheit, aus Hughs Waldbesitz Gewinn zu schlagen. Achtzig Pfund Gewinn jährlich, für die Dauer von acht Jahren, dies war genau die Summe, die ich benötigte, um meine Schulden an die Gläubiger zu begleichen. Die Vormundschaft für Hugh und Emma war mein einziger Ausweg. Ich erhielt von Freunden den Rat, Vincent zu konsultieren.«
Ich wandte mich an Dyrick. »Ihr wart also von Anfang an in den Plan eingeweiht, die Kinder um ihren Gewinn zu bringen.«
»Dergleichen ist doch an der Tagesordnung«, sagte Dyrick unwirsch. »Nur so ließen sich Master Hobbey und die Seinen vor dem Bettelstab bewahren. Und die Kinder, die keinen Menschen mehr hatten, erhielten ein Zuhause.«
»Und David eine potentielle Gemahlin. Ob Emma ihn wollte oder nicht.«
Hobbey sagte: »Wir hegten die Hoffnung, Emma werde David am Ende doch liebgewinnen. Abigail meinte, das Mädchen könne ihm die zuverlässige, besonnene Gefährtin sein, deren er so dringend bedurfte. Ich gab ihr recht.«
»Und Emmas Bedürfnisse?«, fragte ich in jähem Zorn. »Die Bedürfnisse einer Waisen?«
»Nun lasst einmal Euer Moralisieren sein«, sagte Dyrick. »Betrachten wir es nüchtern: Was soll jetzt werden?«
»Ja, was soll werden aus Emma und aus David?«, pflichtete Hobbey ihm bei.
»Zunächst einmal muss ich alles wissen«, antwortete ich. »Alles. Was geschehen ist und wer Anteil daran hatte. Dyrick beschaffte Euch also die Vormundschaft für die Kinder, und Ihr habt versucht, Emma mit David zu vermählen. Ich könnte mir denken, dass sowohl Hugh wie auch Michael Calfhill ihr von der Verbindung abrieten.«
»So ist es.«
»Doch dann ging etwas gründlich schief, nicht wahr? Hugh verstarb. Sein Besitz ging an Emma über, die ihr Erbe schon mit vierzehn, nicht erst mit einundzwanzig Jahren beantragen durfte, es sei denn, sie vermählte sich mit David.«
Hobbey sagte: »Wir gerieten in Panik, standen vor dem Ruin. Nachdem Hugh verstorben war, beknieten wir Emma, sie möge David heiraten, aber sie weigerte sich beharrlich. Sie wolle Klage erheben, sagte sie, beim Vormundschaftsgericht angeben, dass David aufgrund seiner Fallsucht kein standesgemäßer Ehemann für sie sei. Wir wussten natürlich, dass sie dazu kaum allein imstande wäre.« Hobbey senkte den Blick. »Und dann – dann hatte meine Frau den rettenden Einfall, Emma für Hugh auszugeben.«
»Und Emma war einverstanden?«
»Sie tat es gern, vielleicht allzu gern. Ich begreife noch immer nicht, warum sie meinen Sohn so sehr verabscheut, aber – so ist es nun einmal. Es war David, den Abigail und ich von unseren Plänen überzeugen mussten.«
»Und dann habt Ihr Euch Michael Calfhills entledigt und seid hierher in den Süden gezogen. Wo kein Mensch die Kinder von früher kannte.«
»So ist es. Erst hier dämmerte uns, dass wir allesamt in der Falle saßen. Ich, David, Abigail und Emma. Falls die Wahrheit ans Licht käme, säßen wir
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