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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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Er hat meinen Sohn um den Verstand gebracht.« Er schlug die Hände vors Gesicht und begann hemmungslos zu weinen. Dyrick rückte unbehaglich auf dem Stuhl hin und her. Fulstowe warf seinem Brotherrn einen verächtlichen Blick zu.
    Nach einer Minute wischte Hobbey die Tränen fort und blickte mich müde an. »Was gedenkt Ihr nun zu tun, Sir, wegen David? Wollt Ihr offenlegen, dass er seine Mutter getötet hat?«
    »Sollte er das nicht?«, warf Barak ungerührt ein.
    »Der Verstand meines Sohnes hat gelitten«, sagte Hobbey verzweifelt. »Es war doch meine Schuld.« Er blickte mich an, und plötzlich war Leben in seinem Gesicht. »Wenn ich könnte, würde ich Hoyland verkaufen, die Dorfleute in Ruhe lassen und irgendwohin gehen, wo ich mich ein Leben lang um meinen Sohn kümmern und versuchen könnte – ihn zu heilen. Obwohl er im Augenblick wohl lieber sterben würde.«
    »Nicholas«, sagte Dyrick, »Hoyland war aber doch Euer Leben –«
    »Das ist vorbei, Vincent.« Hobbey blickte auf seinen Diener. »Und Ihr, Fulstowe, habt unser Vertrauen missbraucht, um Macht über diese Familie zu erlangen. Ihr habt uns benutzt, Ihr hegt keinerlei Sympathie für uns. Ich weiß das längst. Ihr könnt gehen, auf der Stelle.«
    Fulstowe sah ihn ungläubig an. »Ihr könnt mich nicht entlassen. Wäre ich nicht gewesen –«
    »Ich kann es wohl«, fiel Hobbey ihm ins Wort, eine Spur der früheren Autorität in der Stimme. »Hinaus mit Euch, sofort!«
    Fulstowe wandte sich an Dyrick. Doch sein Spießgeselle in dem Plan, das Dorf zu zerstören, wies mit dem Kopf auf die Tür und sagte: »Über die Sache mit Emma schweigt, hört Ihr? Ihr seid ebenso darin verwickelt wie Euer Herr.«
    »Nach allem, was ich für Euch getan habe –« Fulstowe blickte wieder auf Hobbey und Dyrick und verließ den Raum.
    Nachdem die Tür krachend ins Schloss gefallen war, wandte ich mich an Dyrick. »Ettis muss freigelassen werden«, sagte ich. »Ihr und Fulstowe, ihr hättet ihn krepieren lassen, um eure finsteren Pläne voranzutreiben.«
    »Seid nicht töricht«, versetzte Dyrick. »Er wäre niemals für schuldig befunden worden. Doch solange er hinter Schloss und Riegel saß, waren die Dorfleute einfacher zu handhaben.«
    »Master Shardlake«, sagte Hobbey, »ich will Emma nicht anzeigen. Wenn sie nur zurückkäme –«
    »Sie will gewiss nach Portsmouth und sich rekrutieren lassen. Vielleicht sucht sie dort nach der Kompanie meines Freundes. Seine Soldaten haben gesehen, was für ein trefflicher Schütze sie ist.«
    »Könntet Ihr – würdet Ihr sie suchen?«
    Ich setzte mich nachdenklich zurück. David und Emma. Jetzt lag das Schicksal der beiden in meiner Hand.
    »Sie hat uns beinahe getötet«, protestierte Barak. »Die beiden sollen die Suppe gefälligst auslöffeln, die sie sich eingebrockt haben.«
    Ich wandte mich an Hobbey: »Ich habe noch zwei Fragen an Euch. Zum ersten: Sir Quintin Priddis wusste, dass Hugh in Wahrheit Emma war, nicht?«
    »Nicholas«, warnte Dyrick, »antworte nicht! Möglicherweise brauchen wir Priddis noch –«
    Hobbey ignorierte ihn. »Ja, er wusste Bescheid.«
    »Von Anfang an?«
    »Nein, aber er hat uns einmal besucht, um seinen Anteil auszuhandeln, als ich Emmas Holz zu schlagen begann. Sir Quintin ist ein sehr scharfer Beobachter, und als er sie sah, bemerkte er die Täuschung. Als Einziger, abgesehen von Euch und Feaveryear. Er wollte Stillschweigen bewahren – als Gegenleistung für einen größeren Anteil am Gewinn, versteht sich.«
    »Und sein Sohn?«
    »Der wohl nicht. Sir Quintin genießt seine Macht, auch jetzt noch, und Geheimnisse bedeuten Macht. Jene der anderen, freilich. Die eigenen sind ein Fluch.«
    Ich holte tief Luft und fragte: »Und Sir Richard Rich? Was hat er mit dieser ganzen Angelegenheit zu tun?«
    Ein Ausdruck aufrichtiger Verwirrung kam in Hobbeys Gesicht. »Rich? Der königliche Berater? Ich bin ihm nie begegnet. Ich habe ihn zum ersten Mal gesehen, als er Euch vor der Guildhall ansprach.«
    »Seid Ihr sicher, Master Hobbey?«
    Er breitete die Arme aus. »Wozu sollte ich jetzt noch lügen?«
    Auch Dyrick starrte mich überrascht an. Ich erkannte, dass keiner von beiden wusste, wovon die Rede war. Worüber hatte Rich sich dann so ereifert in Portsmouth? Warum hatte er mir jene Straßenjungen in London auf den Hals gehetzt und den Schreiber Mylling umgebracht, wie ich mehr und mehr glaubte? Ich dachte scharf nach, und mit einem Male dämmerte es mir. Wieder einmal hatte ich den

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