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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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nachdenklich drein. Als er mich kommen sah, stand er auf. »Pfarrer Broughton wird gleich kommen, meint der Küster«, sagte er und setzte hinzu: »Habt Ihr Neuigkeiten?«
    Ich erzählte ihm von meiner Begegnung mit Goodryke. Der Kiefer klappte ihm herunter, als er erkannte, dass die Angelegenheit noch nicht im Reinen war. »Tammy wird mich in der Luft zerreißen.«
    »Ratsherr Carver bemüht sich nach Kräften. Er steht auf unserer Seite. Der Stadtrat hat das endlose Geschrei des Königs nach mehr Soldaten satt. Allerdings hat man dort nicht vergessen, was mit Ratsherr Read geschehen ist.«
    Barak stieß ein bitteres Lachen aus. »Das kann ich mir denken.«
    Reads Trotz war im Januar Stadtgespräch gewesen. Der König hatte die Bürger, des Krieges wegen, zur Zahlung der sogenannten
Benevolence
-Steuer aufgefordert, einer Abgabe auf »freiwilliger« Basis. Read als Einziger hatte sich verweigert; zum Dank dafür war er prompt rekrutiert worden und durfte unter dem Kommando Lord Hertfords an der schottischen Grenze dienen. Kurz darauf war er in schottische Gefangenschaft geraten.
    »Hat der Stadtrat keine Macht mehr?«, fragte Barak und trat mit dem Fuß gegen einen Stein. »Früher fürchteten die Londoner sich vor den Ratsherren.«
    Ich setzte mich neben ihn auf die Mauer und blinzelte in die Sonne. »Und sie haben Angst vor dem König. Und dieser Goodryke handelt in seinem Namen. Doch Carver wird sich an ein höheres Glied in der Befehlskette wenden.«
    Barak schwieg eine Weile, ehe er ausstieß: »Herrjesus, wie konnte es nur so weit kommen? Zwanzig Jahre lang herrschte Frieden mit Frankreich, und nun dieser Irrsinn!«
    »Vielleicht sieht der König in der Belagerung der Stadt Boulogne seine letzte Gelegenheit, Ruhm zu erlangen. Und er hat voriges Jahr ein Bündnis mit Kaiser Karl geschlossen«, fügte ich sarkastisch hinzu.
    »Welches sich als ziemlich wertlos erwies. Der Kaiser hat eigenmächtig Frieden geschlossen, nun stehen wir allein gegen Frankreich.«
    Ich sah ihn an. »Sie sind gewiss nicht zimperlich, wenn sie bei uns einfallen. So wenig wie ihre schottischen Verbündeten.«
    »Ich lasse Tamasin auf keinen Fall im Stich.« Er ballte die Fäuste. »Sie müssen schon kommen und mich von ihr fortzerren.«
    Ich erhob mich eilig, als ein Mann in weißer Kutte sich näherte. Betagt, gebeugt, mit einem langen, grauen Bart. Ich stieß Barak an. »Schnell, steh auf.« Wir verneigten uns vor dem Geistlichen. Seine Miene war ernst, seine braunen Augen aber blickten freundlich. »Master Shardlake?«
    »Ja, Sir. Master Broughton? Dies hier ist mein Gehilfe Barak.«
    »Geht es um die Familie Curteys?«
    »So ist es.«
    »Gut«, sagte er. »Endlich kommt jemand.«
    * * *
    Er führte uns in die Kirche. Das Innere war kahl, die Nischen, die einst Heiligenstatuen geborgen hatten, leer. Auf den Stühlen für die Gemeinde lagen Abschriften des obligatorischen neuen Leitfadens des Königs. Broughton bat uns Platz zu nehmen und setzte sich selbst auf einen Stuhl uns gegenüber. »Wie ich sehe, seid Ihr rechtskundig, Sir. Ist Hugh Curteys Euer Mandant? Er ist als Einziger noch übrig von jener armen Familie.«
    »Nein. Hugh lebt noch immer bei Master Hobbey, unten in Hampshire. Ich kenne ihn noch nicht. Doch sein früherer Hauslehrer, Michael Calfhill, hat gegen die Art und Weise Klage erhoben, wie Master Hobbey seiner Vormundschaft gerecht wird.«
    Broughton lächelte. »Ich erinnere mich gut an Michael. Ein rechtschaffener junger Gentleman.«
    »Hat er Euch unlängst besucht?«, fragte ich.
    Broughton schüttelte den Kopf. »Ich habe Michael seit sechs Jahren nicht mehr gesehen.« Das war ein Schlag. Ich hatte gehofft, Michael wäre vor kurzem hier gewesen. »Wie geht es ihm?«, fragte der Geistliche.
    Ich holte tief Luft. »Michael Calfhill ist vor drei Wochen gestorben. Leider.«
    Der Pfarrer schloss einen Augenblick die Augen. »Der Herr sei seiner Seele gnädig und nehme sie in den Himmel auf.«
    »Kurz vor seinem Ableben hatte Michael beim Court of Wards eine Beschwerde eingereicht, in welcher er andeutete, dass Hugh Curteys auf infame Weise Unrecht geschah. Seiner Mutter zufolge war Michael erst vor kurzem in Hampshire gewesen und hatte den Jungen besucht.«
    »Gott steh uns bei«, sagte Broughton. »Was hat er dort entdeckt?«
    »Die Klageschrift sagt nichts darüber aus. Doch am Montag findet eine Anhörung statt. Ich werde seine Mutter vertreten. Ich brauche Zeugen, die über diese Vormundschaft im Bilde sind, Sir.

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