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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nackt erscheinen, was zur Quelle spätrer großer Schwierigkeiten werden konnte, er hatte aber keine Wahl. Das Wichtigste war, sich von dem schwimmenden Gefängnis zu entfernen, worin er so qualvolle Tage zugebracht hatte. Erst ans Land gelangt, gedachte er einen weitern Beschluß zu fassen.
    Plötzlich tauchte in der Nacht vor ihm die dunkle Masse eines andern Fahrzeugs auf. Wie tief erregte es ihn da, als er darin seine eigne Jolle erkannte, die durch ein von der Strömung jetzt gespannt gehaltenes Tau mit der Schute verbunden war. Er packte instinktiv das Steuer und blieb einen Augenblick still daran hängen.
    Durch die friedliche Nacht drangen Stimmen bis zu ihm; jedenfalls wurden die Begleitumstände seiner Flucht besprochen. So wartete er, nur den Kopf über dem schwarzen Wasser haltend, das ihn im übrigen mit seinem undurchdringlichen Schleier bedeckte.
    Die Stimmen wurden erst lauter, dann schwiegen sie und es herrschte wieder Stille. Sich an den flachen Bordrand anklammernd, zog sich Serge Ladko langsam in die Jolle hinein und verschwand unter deren Aufbau. Mit gespanntem Ohre lauschte er noch einmal. Er hörte nichts. Ringsum war alles still.
    Unter dem Jollendache war es womöglich noch finstrer als draußen. Bei der Unmöglichkeit, etwas zu unterscheiden, tastete Ladko wie ein Blinder umher, um die ihm bekannten Gegenstände zu finden. Es schien, als wäre hier nichts angerührt worden. Hier lagen seine Angelgeräte, an dem Nagel dort hing noch die Otterfellmütze, die er selbst dahin gehängt hatte. Rechts befand sich seine Lagerstatt, links die, worauf Herr Jäger so lange Zeit geschlafen hatte.
     

    Das abgetrennte Tau schlug peitschend auf das Wasser auf. (S. 179.)
     
    Warum standen aber die Kasten offen, die unter den Lagern angebracht waren? Waren die etwa erbrochen worden? Wegen der Finsternis untersuchte er nur mit zögernden Händen den Bestand seiner bescheidenen Schätze… Nein, gestohlen hatte man ihm nichts. Leibwäsche und Kleidungsstücke schienen in guter Ordnung zu liegen, wie er sie zurückgelassen hatte. Auch sein Messer fand er an derselben Stelle, wohin er es gelegt hatte. Dieses Messer öffnete Serge Ladko und kroch dann, platt am Boden liegend, nach dem Vorderstevend des Fahrzeugs hin.
    Das war aber eine Aufgabe! Die Ohren gespitzt, die Augen bei der Finsternis vergeblich weit geöffnet, beim geringsten Geräusch des Wassers still liegend bleibend, brauchte er zehn Minuten, sein Ziel zu erreichen. Endlich konnte er das Tau erfassen, das er mit kräftigem Zuge durchschnitt.
    Das abgetrennte Tau schlug laut peitschend auf das Wasser auf. Mit hochklopfendem Herzen zog sich Ladko in die Jolle zurück. Es schien doch kaum glaublich, daß bei der tiefen Stille niemand den Fall des Taues gehört haben sollte…
    Nein… nichts regte sich. Der Pilot, der sich allmählich wieder aufgerichtet hatte, überzeugte sich, daß er schon fern von seinen Feinden war. Kaum frei, hatte die Jolle natürlich angefangen hinabzutreiben, und es bedurfte da keiner Minute, bis sich zwischen ihr und der Schute die unübersteigbare Mauer der Nacht erhob.
    Als er sich fern genug schätzte, nichts mehr zu fürchten zu haben, legte Serge Ladko ein Ruder ein, und einige Schläge damit genügten, die Entfernung noch mehr zu vergrößern. Jetzt erst bemerkte er, daß ihn fröstelte, und er ging daran, sich anzukleiden. Offenbar hatte niemand den Inhalt seiner Kasten angerührt, worin er ohne Mühe Leibwäsche und die nötigen Kleidungsstücke fand. Dann ergriff er die Riemen von neuem und begann wieder eifrigst zu rudern.
    Wo er sich befinde, davon hatte er keine Idee. Über die Fortbewegung der Schute, worin er gefangen gesessen hatte, konnte ihn damals ja nichts belehren. Selbst ob sein schwimmender Kerker stromauf-oder stromabwärts gefahren war, wußte er nicht.
    Er selbst mußte sich natürlich im Sinne der Strömung fortbewegen, denn in dieser Richtung lag Rustschuk und war Natscha. War er aber mit rückwärts befördert worden, so war es Zeit, den Wegverlust durch tüchtige Bewegung der Arme wieder einzubringen. Vorläufig wollte er die ganze Nacht weiter hinunterfahren, um sich von seinen unbekannten Feinden so weit wie möglich zu entfernen. Noch konnte er auf sieben Stunden Dunkelheit rechnen. In sieben Stunden ist schon ein Stück vorwärtszukommen. Bei Tage würde er dann in der ersten Stadt oder Ortschaft, der er begegnete, der nötigen Ruhe pflegen.
    Seit zwanzig Minuten ruderte Serge Ladko

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