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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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fast in Aufruhr. Man sprach gar nicht mehr von etwas anderm, und auf dem Kai drängten sich die Menschen den ganzen Tag vor der Jolle des berüchtigten Verbrechers.
    Diese Ansammlungen konnten nicht verfehlen, auf einer Schute, die Nachmittag um drei an Semlin vorbeikam, Aufmerksamkeit zu erregen. Die Schute, die friedlich den Strom hinunterschwamm, war die Strigas.
    »Was gibt es denn dort in Semlin? fragte er den getreuen Titscha, als er die Menschenmenge auf dem Kai bemerkte. Das sieht ja wie ein Aufruhr aus.«
    Er nahm ein Fernrohr vor das Auge, das er aber bald wieder absetzte.
    »Der Teufel soll mich holen, Titscha, rief er, wenn das nicht das Boot unsres Kabineninsassen ist!
    – Das glaubst du? stieß Titscha, das Fernrohr zur Hand nehmend, hervor.
    – Darüber muß ich Gewißheit haben, erklärte Striga, der höchst erregt zu sein schien. Ich werde sogleich ans Land gehen.
    – Wohl um dich festnehmen zu lassen?… Dieser Spitzbube! Wenn das Dragochs Boot ist, befindet sich Dragoch doch in Semlin. Du willst wohl dem Wolfe in den Rachen laufen?
    – Ja, du hast recht, gab Striga zu, während er sich schon dem Volkslogis zuwendete. Wir werden aber unsre Vorsichtsmaßregeln treffen.«
    Eine Viertelstunde später erschien er wieder, aber meisterhaft verändert.
     

    Später erschien er wieder, aber meisterhaft verändert. (S. 184.)
     
    Der Vollbart war abgeschnitten und durch einen falschen Backenbart ersetzt, die Haare lagen unter einer Perücke versteckt, eine breite Binde bedeckte das eine Auge, er stützte sich mühsam auf einen Stock und glich im ganzen einem Manne, der eben eine schwere Krankheit überstanden hat.
    »Na… jetzt? fragte er, nicht ohne eine gewisse Eitelkeit.
    Vortrefflich! rief Titscha verwundert.
    – Nun paß auf, fuhr Striga fort. Während ich in Semlin bin, fahrt ihr ruhig weiter. Fünf bis sechs Kilometer unterhalb Belgrads werdet ihr ankern und meine Rückkehr abwarten.
    – Wie willst du aber wieder zu uns kommen?
    – Darum sorge dich nicht und sage nur Semo, daß er mich mit dem kleinen Fährboote übersetzt.«
    Während das geschah, hatte die Schute Semlin schon hinter sich gebracht. Striga, der ziemlich weit von der Stadt ans Land gestiegen war, näherte sich den Häusern mit schnellen Schritten. Als er die erreicht hatte, mäßigte er seine Gangart, mischte sich unter die auf dem Kai stehenden Gruppen und lauschte gespannt auf die Worte, die rings um ihn gewechselt wurden.
    Was er hier hörte, hatte er freilich nicht erwartet. Kein Mensch sprach auch nur ein Wort von Dragoch, alle unterhielten sich auch nicht von Ilia Brusch. Von Ladko war allein die Rede. Von welchem Ladko? Nicht von dem Piloten aus Rustschuk, dessen Name sich, wie der Leser weiß, Striga angeeignet hatte sondern eigens von dem imaginären Ladko, von Ladko dem Verbrecher, Ladko dem Flußpiraten, kurz, von ihm, Striga, selbst. Seine eigne Verhaftung bildete den Gegenstand des allgemeinen Gesprächs.
    Das konnte er denn doch nicht begreifen. Daß die Polizei einen Irrtum begangen und einen Unschuldigen an Stelle des Schuldigen verhaftet hatte, das war ja nicht besonders zu verwundern. Doch in welcher Verbindung stand dieser Irrtum, den er ja am besten als solchen erkennen mußte, mit dem hier liegenden Boote, das seine Schute noch gestern am Schlepptau gehabt hatte?
    Es dürfte wohl nicht gerade als scharfsinnig betrachtet werden, daß er dieser Seite der Frage so viel Gewicht beilegte. Das Wichtigste war es doch, daß an seiner Stelle ein andrer verfolgt wurde, und während man den im Verdacht hatte, würde sich ja niemand um ihn bekümmern. Das Übrige war doch Nebensache.
    Das wäre völlig zutreffend gewesen, wenn er keine besondern Gründe gehabt hätte, in dieser Beziehung klar zu sehen. Allem Anschein nach mußten doch der Verhaftete und der jetzige Inhaber der Jolle dieselbe Person sein. Wer dieser Unbekannte aber war, der nach achttägiger Gefangenschaft auf der Schute deren Eigentümer so zuvorkommend in den Augen der Polizei vertrat, davon hatte er keine Ahnung. Striga wollte aber von Semlin nicht weggehen, ohne das ausgekundschaftet zu haben.
    Er mußte sich jedoch mit Geduld wappnen. Der mit der Angelegenheit betraute Richter, Izar Rona mit Namen, schien damit nicht die geringste Eile zu haben. Drei Tage verstrichen ohne ein Lebenszeichen von ihm. Dieses Verzögern gehörte zu seiner Methode. Er hielt es für höchst angebracht, einen Angeschuldigten erst ein paar Tage ganz allein zu lassen Die

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