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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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werden sollten. Die mußten aber zu seinen Gunsten ausfallen, und jedenfalls zur Entlassung des Gefangenen Anlaß geben.
    Mehrere Tage vergingen, in denen Ladko seine sich fieberhaft kreuzenden Gedanken wiederholt prüfte. Szalka war ja nicht so weit von hier und es bedurfte nicht so langer Zeit, sich dort allseitig zu erkundigen. Erst eine Woche nach seiner Vernehmung wurde er wieder in das Bureau des Richters geführt.
    Dieser befand sich schon hier, schien aber sehr beschäftigt zu sein. Zehn Minuten ließ er den Piloten stehend warten, als ob er ihn gar nicht bemerkte.
    »Die Antwort von Szalka ist nun eingetroffen, begann er mit etwas stockender Stimme, ohne die Augen auf den Gefangnen zu erheben, den er jedoch durch die gesenkten Wimpern scharf beobachtete.
    – Ah… endlich! sagte Serge Ladko befriedigt.
    – Nun ja, ihr hattet recht, fuhr Rona in gleicher Weise fort, in Szalka gibt es einen gewissen Ilia Brusch, der in bestem Rufe steht.
    – Ah!« entfuhr es noch einmal dem Piloten, der die Tür seines Kerkers schon offen sah.
    Der Richter murmelte, noch zugeknöpfter und gleichgültiger, und ohne der Sache eine besondre Wichtigkeit zuteilen zu wollen:
    »Der mit der Untersuchung in Gran beauftragte Kommissar hat das Glück gehabt, mit ihm selbst zu sprechen.
    – Mit ihm selbst? wiederholte Serge Ladko, der das nicht verstand.
    – Ja ja, mit ihm selbst«, versicherte der Richter.
    Serge Ladko glaubte zu träumen. Wie konnte denn in Szalka noch ein andrer Ilia Brusch aufgefunden worden sein?
    »Das ist nicht möglich! stammelte er. Hier liegt ein Irrtum vor.
    – So urteilt darüber selbst, erwiderte Rona. Hier ist der Bericht des Polizeikommissars aus Gran. Daraus geht hervor, daß dieser sich zur Vornahme der ihm von mir übertragnen Untersuchung am vierzehnten September nach Szalka und dort nach einem an der Ecke des Leinpfades und der Budapester Straße gelegnen Hause begeben hat. Das ist doch die Adresse, die ihr angegeben hattet? fragte der Richter, sich unterbrechend.
    – Ja, Herr Richter, bestätigte Serge Ladko halb geistesabwesend.
    –… und der Budapester Straße gelegnen Hause begeben hat, knüpfte Rona an die vorigen Worte an. Darin ist er von Herrn Ilia Brusch persönlich empfangen worden, der ihm erklärt hat, eben erst nach ziemlich langer Abwesenheit zurückgekehrt zu sein. Der Kommissar fügt hinzu, daß alles, was er über den genannten Ilia Brusch erfahren habe, für dessen makellose Ehrbarkeit spreche, und daß kein andrer Bewohner Szalkas diesen Namen führe. Habt ihr etwas dagegen anzuführen? Bitte, frisch heraus mit der Sprache!
    – Nein, Herr Richter, stammelte Serge Ladko, der sich wie geistesgestört vorkam.
    – Nun, da wäre ja der erste Punkt aufgeklärt«, schloß Rona befriedigt, der seinen Gefangnen wie die Katze die Maus ansah.
Vierzehntes Kapitel.
Zwischen Himmel und Erde.
    Nach Beendigung seines zweiten Verhörs kam Serge Ladko in seine Zelle zurück, ohne sich von dem Vorgefallenen Rechenschaft zu geben. Die Frage des Richters hatte er nach dessen Mitteilung des Ergebnisses jener Nachforschungen in Szalka überhaupt nicht mehr richtig verstanden, und darauf nur ganz stumpfsinnig geantwortet. Was ihm hier geschehen war, ging über die Grenzen seines Verstandes. Was stand ihm denn noch bevor? Entführt, dann von unbekannten Feinden an Bord einer Schute eingesperrt, würde er seine Freiheit doch nur erlangen, um sie gleich wieder zu verlieren. Und jetzt hatte man obendrein in Szalka einen andern Ilia Brusch, d. h. sein zweites Selbst, in seinem eignen Hause gefunden! Das grenzte doch wahrlich an Hexerei!
    Verblüfft durch diese Reihe unerklärlicher Vorkommnisse, hatte er das Gefühl, das Spielzeug höherer feindlicher Mächte zu sein, wie eine träge, verteidigungslose Masse unwiderstehlich in das Räderwerk der furchtbaren Maschine, die sich »die Justiz« nennt, hineingezogen zu werden.
    Diese Niedergeschlagenheit und der Verlust aller Energie spiegelte sich in seinem Gesichte so deutlich wieder, daß es einem der ihn begleitenden Wärter recht nahe ging, obgleich er seinen Gefangnen für einen abscheulichen Verbrecher hielt.
    »Na, ‘s geht wohl nicht ganz nach Wunsch, Kamerad?« fragte mit einer Stimme, die etwas tröstend klingen sollte, der Gerichtsdiener, dessen Beruf ihn im übrigen gegen den Anblick menschlichen Elends abgehärtet hatte.
    Und wenn er einen Stocktauben angeredet hätte, wäre der Erfolg derselbe gewesen.
    »Nun, Kopf hoch! nahm der

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