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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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da entdecken könnte. Fand er dort auch nicht ganz, was er suchte, so ließ ihm, was er sah, doch das Herz schneller schlagen. In dieser Richtung sah er die Donau, deren gelbe Fluten zahllose Fahrzeuge jeder Größe durchfurchten. Die einen zogen mit oder gegen die Strömung dahin, andre spannten ihr Ankertau oder das, womit sie am Lande befestigt waren, straff an. Unter den zweiten erkannte der Pilot auf den ersten Blick seine Jolle. Nichts unterschied sie von den danebenliegenden Booten, und es schien nicht so, als ob sie besonders überwacht würde. Welch ein Glück, wenn er sich diese wieder aneignen konnte! Mit ihr würde er in kaum einer Stunde über die Reichsgrenze hinausgekommen sein, und einmal auf serbischem Gebiete, würde er die österreichisch-ungarische Justiz einfach verlachen können.
    Serge Ladko wendete die Augen nun nach rechts, und auch auf dieser Seite entdeckte er etwas, was seine Aufmerksamkeit fesselte. Je nicht weit voneinander von festen, in die Mauer versenkten Krampen gehalten, lief vom Dache aus eine flache Eisenstange – jedenfalls der Blitzableiter – unsern an seinem Fenster vorüber, und in die Erde hinein. Wenn man diese erreichen konnte, mußte der Abstieg ganz leicht sein.
    Das war vielleicht möglich zu machen. In der Höhe des Steinfußbodens seiner Zelle zog sich als dürftige Ausschmückung des Gebäudes eine Art Sims hin, der um zwanzig bis fünfundzwanzig Zentimeter hervorsprang. Mit kaltem Blute und festem Willen konnte es nicht unmöglich sein, sich darauf zu halten und so den Blitzableiter zu erreichen.
    Doch wenn man auch diesen tollkühnen Versuch wagte, blieb die Außenmauer noch ebenso unübersteiglich wie vorher. In der Zelle oder in dem erwähnten Rundgange blieb ein Gefangner noch immer ein Gefangner.
    Serge Ladko betrachtete jetzt die Umfassungsmauer aufmerksamer als vorher, und fand da, daß deren oberer Teil, nicht weit von der Kappe, innen und außen durch eine Reihe Vorsprünge verziert war, die von viereckigen, halb im Mauerwerk steckenden Bruchsteinen gebildet wurden. Kurze Zeit besah sich Serge Ladko den architektonischen Schmuck, dann ließ er sich wieder auf die Fensterbank hinabgleiten, sprang von hier in seine Zelle und beeilte sich, alle Verdacht erweckenden Spuren zu beseitigen.
    Sein Entschluß stand nun fest; er hatte das Mittel frei zu kommen trotz aller Hindernisse gefunden. Wie lebensgefährlich es auch war, konnte… nein, mußte dieses Mittel ihn doch zum Ziele führen. Übrigens war der Tod der Fortdauer eines so qualvollen Lebens vorzuziehen.
    Geduldig wartete er die zweite Ronde ab, und versichert, daß er nachher wieder eine Zeitlang keine Störung zu fürchten hätte, ging er gleich an die Ausführung seiner Vorbereitungen. Aus dem Laken schnitt er sich mit dem Reste seines Messers gegen fünfzig einige Zentimeter breite Streifen. Um die Aufmerksamkeit der Wärter nicht zu erregen, ließ er dabei genug Leinwand zurück, daß seine Lagerstätte noch den gewohnten Anblick gewährte. Übrigens würde es kaum jemand eingefallen sein, deren obere Decke aufzuheben.
    Von den ausgeschnittenen Streifen verflocht er je vier zu einer Art dicker Schnur, worin die einzelnen Streifenenden immer mit denen sich unten anschließenden Streifen verknüpft wurden. Diese Arbeit nahm einen ganzen Tag in Anspruch. Am 1. Oktober kurz vor Mittag sah sich Serge Ladko endlich im Besitz eines festen, vierzehn bis fünfzehn Meter langen Seiles, das er sorgfältig unter seiner Schlafdecke verbarg.
    Da nun alles bereit war, sollte seine Entweichung noch an diesem Tage am Abend um neun Uhr erfolgen.
    An diesem letzten Tage beschäftigte sich Serge Ladko mit der Prüfung der Einzelheiten seines Unterfangens und berechnete dessen Aussichten und Gefahren. Ob es zur Freiheit oder zum Tode führte, das würde die nächste Zukunft lehren. Jedenfalls müßte das Wagestück versucht werden.
    Ehe aber noch die Stunde zum Handeln schlug, sollte ihm noch eine letzte Prüfung vorbehalten sein. Nachmittag gegen drei Uhr wurden die Riegel seiner Zelle geräuschvoll zurückgeschoben. Was stand ihm bevor? Handelte es sich nochmals um ein Verhör durch Izar Rona? Die gewöhnliche Stunde, wo er sich den Gefangnen vorführen ließ, war heute schon vorüber.
    Nein, von einer Berufung vor den Richter war keine Rede. Durch die geöffnete Tür bemerkte Serge Ladko außer einem seiner gewöhnlichen Wärter eine Gruppe von drei ihm unbekannten Personen. Eine davon war eine Frau, eine junge

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