Der Piratenlord
sich den Piraten an Deck an und hockte mit einem unangenehmen Gefühl in der Brust auf einem Fass, während er darauf wartete, dass der Captain zu sprechen begann. Gott helfe ihm, wie sollte er bloß die kleine Miss beschützen? Als er sich auf die Satyr geschlichen hatte, hatte er überhaupt keinen Plan gehabt. Ganz gewiss würde er es nicht riskieren, ohne Miss Willis nach England zurückzukehren. Das war weniger eine Frage der Pflicht, sondern eher die Angst vor dem, was der Earl ihm und seiner Familie antun würde, wenn er allein zurückkäme.
Nun, der Earl schien einigermaßen vernünftig zu sein, wenngleich er seiner Schwester einen Spion hinterhergeschickt und dafür ein Vermögen bezahlt hatte. Dennoch wagte Petey es nicht, den Zorn des Earl auf sich zu ziehen. Tom brauchte die Arbeit im Haushalt des Earl besonders jetzt, da der Vater den Metzgerladen verloren hatte. Doch Petey fühlte sich, als wäre er vom Regen in die Traufe geraten. Wenn der Earl schon zu fürchten war, dann versetzte ihn der Piratenlord in Angst und Schrecken...
Petey stöhnte. Ihm war ganz elend geworden, als Captain Horn gedroht hatte, ihn auszusetzen. Das war sicher eine übliche Methode bei Piraten, und der Gedanke hatte Petey schaudern lassen. Gott sei Dank hatte er seinen Vater erwähnt. Er wusste bei weitem nicht so viel, wie er vorgegeben hatte. Doch was konnte ein Pirat auch schon mit einem Metzger anfangen?
Er schirmte die Augen mit der Hand vor dem Licht der untergehenden Sonne ab und beobachtete den Piratenlord, der mit auf dem Rücken verschränkten Händen und wütender Miene über das Achterdeck marschierte. Er war schon schlecht gelaunt gewesen, als er anordnete, dass sich die Männer an Deck versammeln sollten, und dann nach den Frauen schickte.
Petey fragte sich, ob Miss Willis etwas damit zu tun hatte. Sie hatte schon eine scharfe Zunge, und es würde ihn nicht überraschen, wenn sie die dazu benutzt hatte, um den Captain zu tadeln. Um ihretwillen hoffte er, dass sie das nicht getan hatte. Jeder konnte sehen, dass der Piratenlord nicht mit sich spaßen ließ.
In diesem Moment traten die Frauen, angeführt von Miss Willis, aus der Luke hinter Petey heraus. Er fing ihren hilflosen Blick auf, als sie mit den Frauen an ihm vorbeikam.
„Was soll das denn alles?“ hörte er einen Mann neben sich murren. Es war Silas, der zuvor das Essen ausgeteilt hatte.
Der Erste Offizier erwiderte: „Ich weiß es nicht. Aber diese Lady Sara hat etwas damit zu tun. Da könnt ihr sicher sein.“
Petey schluckte. Gebe Gott, dass sie all die Frauen nicht mit ihrer Unruhestifterei zu einem schrecklichen Schicksal verdammt hatte, obwohl er zugeben musste, dass die Frauen bisher gut behandelt worden waren. Prüfend suchte er in der Menge nach der zierlichen Ann, doch er konnte sie nirgends entdecken.
Sobald sich die Frauen an Deck versammelt hatten, bedeutete der Piratenlord Miss Willis mit einem Wink, zu ihm auf das Achterdeck zu kommen. Und sie gehorchte, wenn auch äußerst widerwillig. Als sie schließlich neben dem Captain stand, dessen Furcht erregende Größe sie noch kleiner wirken ließ, begann er zu sprechen.
Anfangs konnte Petey den Worten des Mannes kaum glauben. Eine Kolonie? Die Piraten beabsichtigten, eine Kolonie zu gründen? Und sie wollten, dass die Frauen sich ihnen als Ehefrauen anschlossen? Als der Piratenlord das Schiff geentert und erklärt hatte, dass sie Ehefrauen wollten, hatte Petey das für einen ziemlich boshaften Scherz gehalten. Doch offensichtlich meinte der er das wirklich so.
Wurden Piraten sesshaft? Wer hätte das gedacht? Piraten liebten doch ihre Freiheit viel zu sehr, als dass sie sich irgendwo niederlassen würden. Aber die Männer verhielten sich so, als sei ihnen das alles vertraut. Ja, Petey bemerkte sogar, dass sie die Frauen interessiert musterten, als versuchten sie schon jetzt herauszufinden, welche ihnen gefielen.
Ihn schauderte. Seine kleine Ann sollte von einem dieser grobschlächtigen Männer ausgesucht werden. Nein, das durfte nicht sein! Wenn er jetzt zu den Piraten gehörte, war ihm doch auch eine Frau erlaubt, oder nicht? Und er würde mit jedem Mann um Ann kämpfen.
Danach hörte sich Petey nur noch mit halbem Ohr die Bedingungen an, die der Captain für die Zeit des Werbens festgelegt hatte. Petey dachte an Ann. Wie schön es wäre, sie zur Frau zu haben, sie zu küssen, zu streicheln . . .
Jäh wurde er aus seinen angenehmen Träumen gerissen, als der Erste Offizier
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